Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.Die Bernsteinhexe. etwas in der Sonne glitzern. Jch trat hinzu und befühltees mit einem Stöcklein, das ich in der Hand trug, und fand, daß es hart war, und hart fortging links und rechts unter dem Sande, wo ihn der Wind nicht weggeweht hatte. Jch wollt' es nicht gleich glauben, aber es war wirklich so, wie es mir beim ersten Anblicke in den Sinn schoß: es war eine schwarze Bernsteinader, und sie war lang und tief und ein wirklich großer Schatz, wie ich gleich einsah, denn unter den ersten Stücken, die ich hastig in der Schürze dem Vater heim brachte, war eins fast so groß wie ein Mannskopf. Jch hatte Alles vorsichtig ge- macht, die Ader wieder mit Sande bestreut, daß sie nicht Jedermann finden könne, und ein Tannenreis darauf ge- steckt zum Wiederfinden für uns, und war erst in der Dunkelstunde heimgekommen, damit mich Niemand fragen möchte, was ich denn so Schweres in der Schürze trüge, und so gelang denn Alles, und dies, Herr Richter, ist die Quelle unsers Wohlstandes. (Pause.) Schweidler. Ja, es war Alles so, wie sie sagt. Jch bin mit ihr hingegangen, und die Bernsteinader war sehr mächtig, und konnten wir in Wolgast, wohin wir gleich in den nächsten Tagen fuhren, den holländischen Kaufleuten um eine ansehnliche Summe Geldes die selten großen Bern- steinstücke verkaufen, und daher schreibt sich unser Wohl- stand, Herr Richter. Gott hat ihn mir auf unschuldige Die Bernſteinhexe. etwas in der Sonne glitzern. Jch trat hinzu und befuͤhltees mit einem Stoͤcklein, das ich in der Hand trug, und fand, daß es hart war, und hart fortging links und rechts unter dem Sande, wo ihn der Wind nicht weggeweht hatte. Jch wollt’ es nicht gleich glauben, aber es war wirklich ſo, wie es mir beim erſten Anblicke in den Sinn ſchoß: es war eine ſchwarze Bernſteinader, und ſie war lang und tief und ein wirklich großer Schatz, wie ich gleich einſah, denn unter den erſten Stuͤcken, die ich haſtig in der Schuͤrze dem Vater heim brachte, war eins faſt ſo groß wie ein Mannskopf. Jch hatte Alles vorſichtig ge- macht, die Ader wieder mit Sande beſtreut, daß ſie nicht Jedermann finden koͤnne, und ein Tannenreis darauf ge- ſteckt zum Wiederfinden fuͤr uns, und war erſt in der Dunkelſtunde heimgekommen, damit mich Niemand fragen moͤchte, was ich denn ſo Schweres in der Schuͤrze truͤge, und ſo gelang denn Alles, und dies, Herr Richter, iſt die Quelle unſers Wohlſtandes. (Pauſe.) Schweidler. Ja, es war Alles ſo, wie ſie ſagt. Jch bin mit ihr hingegangen, und die Bernſteinader war ſehr maͤchtig, und konnten wir in Wolgaſt, wohin wir gleich in den naͤchſten Tagen fuhren, den hollaͤndiſchen Kaufleuten um eine anſehnliche Summe Geldes die ſelten großen Bern- ſteinſtuͤcke verkaufen, und daher ſchreibt ſich unſer Wohl- ſtand, Herr Richter. Gott hat ihn mir auf unſchuldige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#MAR"> <p><pb facs="#f0174" n="168"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bernſteinhexe</hi>.</fw><lb/> etwas in der Sonne glitzern. Jch trat hinzu und befuͤhlte<lb/> es mit einem Stoͤcklein, das ich in der Hand trug, und<lb/> fand, daß es hart war, und hart fortging links und rechts<lb/> unter dem Sande, wo ihn der Wind nicht weggeweht<lb/> hatte. Jch wollt’ es nicht gleich glauben, aber es war<lb/> wirklich ſo, wie es mir beim erſten Anblicke in den Sinn<lb/> ſchoß: es war eine ſchwarze Bernſteinader, und ſie war<lb/> lang und tief und ein wirklich großer Schatz, wie ich gleich<lb/> einſah, denn unter den erſten Stuͤcken, die ich haſtig in<lb/> der Schuͤrze dem Vater heim brachte, war eins faſt ſo<lb/> groß wie ein Mannskopf. Jch hatte Alles vorſichtig ge-<lb/> macht, die Ader wieder mit Sande beſtreut, daß ſie nicht<lb/> Jedermann finden koͤnne, und ein Tannenreis darauf ge-<lb/> ſteckt zum Wiederfinden fuͤr uns, und war erſt in der<lb/> Dunkelſtunde heimgekommen, damit mich Niemand fragen<lb/> moͤchte, was ich denn ſo Schweres in der Schuͤrze truͤge,<lb/> und ſo gelang denn Alles, und dies, Herr Richter, iſt die<lb/> Quelle unſers Wohlſtandes.</p> <stage>(Pauſe.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker> <hi rendition="#b">Schweidler.</hi> </speaker><lb/> <p>Ja, es war Alles ſo, wie ſie ſagt. Jch bin mit ihr<lb/> hingegangen, und die Bernſteinader war ſehr maͤchtig,<lb/> und konnten wir in Wolgaſt, wohin wir gleich in den<lb/> naͤchſten Tagen fuhren, den hollaͤndiſchen Kaufleuten um<lb/> eine anſehnliche Summe Geldes die ſelten großen Bern-<lb/> ſteinſtuͤcke verkaufen, und daher ſchreibt ſich unſer Wohl-<lb/> ſtand, Herr Richter. Gott hat ihn mir auf unſchuldige<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0174]
Die Bernſteinhexe.
etwas in der Sonne glitzern. Jch trat hinzu und befuͤhlte
es mit einem Stoͤcklein, das ich in der Hand trug, und
fand, daß es hart war, und hart fortging links und rechts
unter dem Sande, wo ihn der Wind nicht weggeweht
hatte. Jch wollt’ es nicht gleich glauben, aber es war
wirklich ſo, wie es mir beim erſten Anblicke in den Sinn
ſchoß: es war eine ſchwarze Bernſteinader, und ſie war
lang und tief und ein wirklich großer Schatz, wie ich gleich
einſah, denn unter den erſten Stuͤcken, die ich haſtig in
der Schuͤrze dem Vater heim brachte, war eins faſt ſo
groß wie ein Mannskopf. Jch hatte Alles vorſichtig ge-
macht, die Ader wieder mit Sande beſtreut, daß ſie nicht
Jedermann finden koͤnne, und ein Tannenreis darauf ge-
ſteckt zum Wiederfinden fuͤr uns, und war erſt in der
Dunkelſtunde heimgekommen, damit mich Niemand fragen
moͤchte, was ich denn ſo Schweres in der Schuͤrze truͤge,
und ſo gelang denn Alles, und dies, Herr Richter, iſt die
Quelle unſers Wohlſtandes. (Pauſe.)
Schweidler.
Ja, es war Alles ſo, wie ſie ſagt. Jch bin mit ihr
hingegangen, und die Bernſteinader war ſehr maͤchtig,
und konnten wir in Wolgaſt, wohin wir gleich in den
naͤchſten Tagen fuhren, den hollaͤndiſchen Kaufleuten um
eine anſehnliche Summe Geldes die ſelten großen Bern-
ſteinſtuͤcke verkaufen, und daher ſchreibt ſich unſer Wohl-
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