Augenblick ihr Pferd an. Nur einen Augenblick, dann hieb sie's mit der Gerte über den Kopf, daß es wild davon braus'te. -- Um diese Zeit traf mich die Einla¬ dung hier her nach Grünschloß; Du kannst denken, daß ich wenig Lust dazu hatte. Ich ging noch einmal in die Gesellschaft zum Fürsten; durch unbefangnes Fragen bracht' ich heraus, daß der Schwager des Fürsten mit dem Pferde gestürzt sei, und krank darnieder liege, daß in einer stürmischen Nacht Diebe versucht hätten in den Pallast einzudringen etc. -- Die Fürstin war nicht da, man meinte, sie sei schon seit einigen Tagen unwohl und werde wohl schwerlich in der Gesellschaft erscheinen. Doch kam sie noch später. Sie sah wirklich krank und angegriffen aus. Mich behandelte sie natürlich sehr vor¬ nehm, doch entging es mir nicht, daß ihr Auge oft schwermüthig auf mir ruhte, oft hastig blitzend mich suchte. Ich trat in ihre Nähe, sie war sehr zerstreut. Ich war sehr munter und aufgeräumt, und tändelte mit einem kleinen flinken Dämchen, was sich gar nicht zu gut ge¬ ben konnte über das pretentiöse Wesen unserer jungen Gelehrten und Schriftsteller, die in die Gesellschaften kä¬ men um auszuruhen, nicht um die Damen zu unter¬ halten. Als ich sie fragte, womit sie sich den Tag über
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Augenblick ihr Pferd an. Nur einen Augenblick, dann hieb ſie's mit der Gerte über den Kopf, daß es wild davon brauſ'te. — Um dieſe Zeit traf mich die Einla¬ dung hier her nach Grünſchloß; Du kannſt denken, daß ich wenig Luſt dazu hatte. Ich ging noch einmal in die Geſellſchaft zum Fürſten; durch unbefangnes Fragen bracht' ich heraus, daß der Schwager des Fürſten mit dem Pferde geſtürzt ſei, und krank darnieder liege, daß in einer ſtürmiſchen Nacht Diebe verſucht hätten in den Pallaſt einzudringen ꝛc. — Die Fürſtin war nicht da, man meinte, ſie ſei ſchon ſeit einigen Tagen unwohl und werde wohl ſchwerlich in der Geſellſchaft erſcheinen. Doch kam ſie noch ſpäter. Sie ſah wirklich krank und angegriffen aus. Mich behandelte ſie natürlich ſehr vor¬ nehm, doch entging es mir nicht, daß ihr Auge oft ſchwermüthig auf mir ruhte, oft haſtig blitzend mich ſuchte. Ich trat in ihre Nähe, ſie war ſehr zerſtreut. Ich war ſehr munter und aufgeräumt, und tändelte mit einem kleinen flinken Dämchen, was ſich gar nicht zu gut ge¬ ben konnte über das pretentiöſe Weſen unſerer jungen Gelehrten und Schriftſteller, die in die Geſellſchaften kä¬ men um auszuruhen, nicht um die Damen zu unter¬ halten. Als ich ſie fragte, womit ſie ſich den Tag über
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Augenblick ihr Pferd an. Nur einen Augenblick, dann
hieb ſie's mit der Gerte über den Kopf, daß es wild
davon brauſ'te. — Um dieſe Zeit traf mich die Einla¬
dung hier her nach Grünſchloß; Du kannſt denken, daß ich
wenig Luſt dazu hatte. Ich ging noch einmal in die
Geſellſchaft zum Fürſten; durch unbefangnes Fragen
bracht' ich heraus, daß der Schwager des Fürſten mit
dem Pferde geſtürzt ſei, und krank darnieder liege, daß
in einer ſtürmiſchen Nacht Diebe verſucht hätten in den
Pallaſt einzudringen ꝛc. — Die Fürſtin war nicht da,
man meinte, ſie ſei ſchon ſeit einigen Tagen unwohl
und werde wohl ſchwerlich in der Geſellſchaft erſcheinen.
Doch kam ſie noch ſpäter. Sie ſah wirklich krank und
angegriffen aus. Mich behandelte ſie natürlich ſehr vor¬
nehm, doch entging es mir nicht, daß ihr Auge oft
ſchwermüthig auf mir ruhte, oft haſtig blitzend mich ſuchte.
Ich trat in ihre Nähe, ſie war ſehr zerſtreut. Ich war
ſehr munter und aufgeräumt, und tändelte mit einem
kleinen flinken Dämchen, was ſich gar nicht zu gut ge¬
ben konnte über das pretentiöſe Weſen unſerer jungen
Gelehrten und Schriftſteller, die in die Geſellſchaften kä¬
men um auszuruhen, nicht um die Damen zu unter¬
halten. Als ich ſie fragte, womit ſie ſich den Tag über
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/157>, abgerufen am 16.02.2025.
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