Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.Ach, Dein Brief duftete wieder so kräftig nach Sekt, Ach, Dein Brief duftete wieder ſo kräftig nach Sekt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="6"/> Ach, Dein Brief duftete wieder ſo kräftig nach Sekt,<lb/> daß ich auch ohne die Handſchrift zu kennen, und ohne<lb/> Unterſchrift den Autor ſogleich würde errathen haben.<lb/> Sage mir, lieber Junge, kommt es wohl noch vor,<lb/> daß Du Dich in einer ganz nüchternen Stimmung be¬<lb/> findeſt? O pfui! und Du hatteſt doch ſo ſchöne Vor¬<lb/> bilder: ich ſah Dich früher oft in Geſellſchaft eines wohl¬<lb/> beleibten Mannes mit einem heitern Blick und ſittigen<lb/> Betragen, hat der all ſeinen Einfluß auf Dich verloren?<lb/> Ich will es nicht hoffen, mein Fähndrich! Der heitere<lb/> Mann hat ein kleines Fläſchlein zarten Ausbrnchs vor<lb/> ſich ſtehen, er trinkt Dir ein mäßiges Gläschen zu, thu'<lb/> ihm Beſcheid und befolg' ſeine Lehren. In Deiner<lb/> wilden Unbändigkeit rennſt Du alſo jetzt nach einem<lb/> Epos? Wunderlich, als ſtiege die epiſche Luſt aus glei¬<lb/> chem Stoff — ich ſuche eben auch. Ich ſehe Dich<lb/> des Vormittags bei verhangenen Fenſtern wirthſchaften,<lb/> die Helden abſchlachten, und dein wildes Haupt ſtolz<lb/> in den Nacken werfen. Ich hoffe wenigſtens, daß Du<lb/> aus Dankbarkeit teutſch ſchreibſt; denn wahrlich, die ge¬<lb/> ringe Civiliſation welche Du beſitzeſt, haſt Du doch le¬<lb/> diglich uns zu danken, nicht viel anders als der ſchwarze<lb/> Falke vom Lorenzſtrome kamſt Du in unſere erlauchte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0016]
Ach, Dein Brief duftete wieder ſo kräftig nach Sekt,
daß ich auch ohne die Handſchrift zu kennen, und ohne
Unterſchrift den Autor ſogleich würde errathen haben.
Sage mir, lieber Junge, kommt es wohl noch vor,
daß Du Dich in einer ganz nüchternen Stimmung be¬
findeſt? O pfui! und Du hatteſt doch ſo ſchöne Vor¬
bilder: ich ſah Dich früher oft in Geſellſchaft eines wohl¬
beleibten Mannes mit einem heitern Blick und ſittigen
Betragen, hat der all ſeinen Einfluß auf Dich verloren?
Ich will es nicht hoffen, mein Fähndrich! Der heitere
Mann hat ein kleines Fläſchlein zarten Ausbrnchs vor
ſich ſtehen, er trinkt Dir ein mäßiges Gläschen zu, thu'
ihm Beſcheid und befolg' ſeine Lehren. In Deiner
wilden Unbändigkeit rennſt Du alſo jetzt nach einem
Epos? Wunderlich, als ſtiege die epiſche Luſt aus glei¬
chem Stoff — ich ſuche eben auch. Ich ſehe Dich
des Vormittags bei verhangenen Fenſtern wirthſchaften,
die Helden abſchlachten, und dein wildes Haupt ſtolz
in den Nacken werfen. Ich hoffe wenigſtens, daß Du
aus Dankbarkeit teutſch ſchreibſt; denn wahrlich, die ge¬
ringe Civiliſation welche Du beſitzeſt, haſt Du doch le¬
diglich uns zu danken, nicht viel anders als der ſchwarze
Falke vom Lorenzſtrome kamſt Du in unſere erlauchte
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