er die Rede an mich richtet über die wichtigsten Dinge. Wenn man ihn erst ein wenig kennt, sieht man, wie äußerst einfach er redet, wie alles so schwer golden ist, was er bringt, wie er es dem Zuhörer so gutmüthig zu¬ schneidet und anpaßt. Ich antworte gewiß oft sehr ein¬ fältig darauf, aber wenn er meine Antwort in seiner Sprache wiedergiebt, wenn er mit leisen Fingern die Wurzeln der Gedanken aufdeckt, so erscheint alles so eng verzweigt mit großen allgemeinen Ansichten, daß ich mich oft kindisch freue über meine Gelehrsamkeit, in die Hände klatsche und --ja, denken Sie, neulich hab' ich den klugen lieben Mann wegen einer so schönen Auslegung meiner Worte beim Kopf genommen und ihm rasch einen Kuß gegeben. Ich schämte mich hin¬ terdrein und Alle lachten, aber Valer sah mich so freund¬ lich lächelnd an, daß es mir nicht leid that. Ach, nicht wahr, ich schwatz' recht dummes Zeug -- Adieu -- Adieu!
er die Rede an mich richtet über die wichtigſten Dinge. Wenn man ihn erſt ein wenig kennt, ſieht man, wie äußerſt einfach er redet, wie alles ſo ſchwer golden iſt, was er bringt, wie er es dem Zuhörer ſo gutmüthig zu¬ ſchneidet und anpaßt. Ich antworte gewiß oft ſehr ein¬ fältig darauf, aber wenn er meine Antwort in ſeiner Sprache wiedergiebt, wenn er mit leiſen Fingern die Wurzeln der Gedanken aufdeckt, ſo erſcheint alles ſo eng verzweigt mit großen allgemeinen Anſichten, daß ich mich oft kindiſch freue über meine Gelehrſamkeit, in die Hände klatſche und —ja, denken Sie, neulich hab' ich den klugen lieben Mann wegen einer ſo ſchönen Auslegung meiner Worte beim Kopf genommen und ihm raſch einen Kuß gegeben. Ich ſchämte mich hin¬ terdrein und Alle lachten, aber Valer ſah mich ſo freund¬ lich lächelnd an, daß es mir nicht leid that. Ach, nicht wahr, ich ſchwatz' recht dummes Zeug — Adieu — Adieu!
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er die Rede an mich richtet über die wichtigſten Dinge.
Wenn man ihn erſt ein wenig kennt, ſieht man, wie
äußerſt einfach er redet, wie alles ſo ſchwer golden iſt,
was er bringt, wie er es dem Zuhörer ſo gutmüthig zu¬
ſchneidet und anpaßt. Ich antworte gewiß oft ſehr ein¬
fältig darauf, aber wenn er meine Antwort in ſeiner
Sprache wiedergiebt, wenn er mit leiſen Fingern die
Wurzeln der Gedanken aufdeckt, ſo erſcheint alles ſo
eng verzweigt mit großen allgemeinen Anſichten, daß
ich mich oft kindiſch freue über meine Gelehrſamkeit, in
die Hände klatſche und —ja, denken Sie, neulich hab'
ich den klugen lieben Mann wegen einer ſo ſchönen
Auslegung meiner Worte beim Kopf genommen und
ihm raſch einen Kuß gegeben. Ich ſchämte mich hin¬
terdrein und Alle lachten, aber Valer ſah mich ſo freund¬
lich lächelnd an, daß es mir nicht leid that. Ach,
nicht wahr, ich ſchwatz' recht dummes Zeug — Adieu
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/168>, abgerufen am 16.02.2025.
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