Unterschrift, er kann knirschen, sonst kann er nichte -- und morgen geh' ich nach Paris.
Raupachs hohenstaufischen Philipp, eine Silhouetts des Herrn von Raumer, hab' ich gesehn. Die drei ersten Akte sind erträglich. Poesie verlange ich von Raupach nicht mehr, aber wenigstens dramatischen Ver¬ stand. Doch auch von diesem ist in den letzten zwei Akten keine Spur. Eine Liebesgeschichte kommt darin vor, die blos dazu da ist, damit 1) der Kaiser seinen Consens giebt, 2) schlechte Vergleiche zwischen dieser und seiner Heirath macht, 3) eine feierliche Hochzeit ver¬ anstaltet, zu der 4) das ganze Hofgesinde in die Kir¬ che geht, so daß 5) der kranke Kaiser mutterseelenallein in seinem Pallast bleibt, und 6) in aller Ruhe und Bequemlichkeit ungestört vom Wittelsbach todtgeschlagen wird. Kinderscenen, alle Sorten von Kindereien, Trom¬ petenmärsche, Jammer aller Art, unwürdiger, nichts¬ würdiger Schluß -- wär' ich Recensent, wie wollt' ich Dich, o Philippus Raupach -- --
Und unsre Kritik "ach glücklich sind Widersacher, die einander prügeln können." Diesmal war ich in der Loge, und Rosa saß demüthig im Parterre, und sah sehr blaß, ich aber sehr roth aus. Ja, mein Kind,
Unterſchrift, er kann knirſchen, ſonſt kann er nichte — und morgen geh' ich nach Paris.
Raupachs hohenſtaufiſchen Philipp, eine Silhouetts des Herrn von Raumer, hab' ich geſehn. Die drei erſten Akte ſind erträglich. Poeſie verlange ich von Raupach nicht mehr, aber wenigſtens dramatiſchen Ver¬ ſtand. Doch auch von dieſem iſt in den letzten zwei Akten keine Spur. Eine Liebesgeſchichte kommt darin vor, die blos dazu da iſt, damit 1) der Kaiſer ſeinen Conſens giebt, 2) ſchlechte Vergleiche zwiſchen dieſer und ſeiner Heirath macht, 3) eine feierliche Hochzeit ver¬ anſtaltet, zu der 4) das ganze Hofgeſinde in die Kir¬ che geht, ſo daß 5) der kranke Kaiſer mutterſeelenallein in ſeinem Pallaſt bleibt, und 6) in aller Ruhe und Bequemlichkeit ungeſtört vom Wittelsbach todtgeſchlagen wird. Kinderſcenen, alle Sorten von Kindereien, Trom¬ petenmärſche, Jammer aller Art, unwürdiger, nichts¬ würdiger Schluß — wär' ich Recenſent, wie wollt' ich Dich, o Philippus Raupach — —
Und unſre Kritik „ach glücklich ſind Widerſacher, die einander prügeln können.“ Diesmal war ich in der Loge, und Roſa ſaß demüthig im Parterre, und ſah ſehr blaß, ich aber ſehr roth aus. Ja, mein Kind,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0171"n="161"/>
Unterſchrift, er kann knirſchen, ſonſt kann er nichte —<lb/>
und morgen geh' ich nach Paris.</p><lb/><p>Raupachs hohenſtaufiſchen Philipp, eine Silhouetts<lb/>
des Herrn von Raumer, hab' ich geſehn. Die drei<lb/>
erſten Akte ſind erträglich. Poeſie verlange ich von<lb/>
Raupach nicht mehr, aber wenigſtens dramatiſchen Ver¬<lb/>ſtand. Doch auch von dieſem iſt in den letzten zwei<lb/>
Akten keine Spur. Eine Liebesgeſchichte kommt darin<lb/>
vor, die blos dazu da iſt, damit 1) der Kaiſer ſeinen<lb/>
Conſens giebt, 2) ſchlechte Vergleiche zwiſchen dieſer<lb/>
und ſeiner Heirath macht, 3) eine feierliche Hochzeit ver¬<lb/>
anſtaltet, zu der 4) das ganze Hofgeſinde in die Kir¬<lb/>
che geht, ſo daß 5) der kranke Kaiſer mutterſeelenallein<lb/>
in ſeinem Pallaſt bleibt, und 6) in aller Ruhe und<lb/>
Bequemlichkeit ungeſtört vom Wittelsbach todtgeſchlagen<lb/>
wird. Kinderſcenen, alle Sorten von Kindereien, Trom¬<lb/>
petenmärſche, Jammer aller Art, unwürdiger, nichts¬<lb/>
würdiger Schluß — wär' ich Recenſent, wie wollt' ich<lb/>
Dich, o <hirendition="#aq">Philippus Raupach</hi>——</p><lb/><p>Und unſre Kritik „ach glücklich ſind Widerſacher,<lb/>
die einander prügeln können.“ Diesmal war ich in<lb/>
der Loge, und Roſa ſaß demüthig im Parterre, und<lb/>ſah ſehr blaß, ich aber ſehr roth aus. Ja, mein Kind,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[161/0171]
Unterſchrift, er kann knirſchen, ſonſt kann er nichte —
und morgen geh' ich nach Paris.
Raupachs hohenſtaufiſchen Philipp, eine Silhouetts
des Herrn von Raumer, hab' ich geſehn. Die drei
erſten Akte ſind erträglich. Poeſie verlange ich von
Raupach nicht mehr, aber wenigſtens dramatiſchen Ver¬
ſtand. Doch auch von dieſem iſt in den letzten zwei
Akten keine Spur. Eine Liebesgeſchichte kommt darin
vor, die blos dazu da iſt, damit 1) der Kaiſer ſeinen
Conſens giebt, 2) ſchlechte Vergleiche zwiſchen dieſer
und ſeiner Heirath macht, 3) eine feierliche Hochzeit ver¬
anſtaltet, zu der 4) das ganze Hofgeſinde in die Kir¬
che geht, ſo daß 5) der kranke Kaiſer mutterſeelenallein
in ſeinem Pallaſt bleibt, und 6) in aller Ruhe und
Bequemlichkeit ungeſtört vom Wittelsbach todtgeſchlagen
wird. Kinderſcenen, alle Sorten von Kindereien, Trom¬
petenmärſche, Jammer aller Art, unwürdiger, nichts¬
würdiger Schluß — wär' ich Recenſent, wie wollt' ich
Dich, o Philippus Raupach — —
Und unſre Kritik „ach glücklich ſind Widerſacher,
die einander prügeln können.“ Diesmal war ich in
der Loge, und Roſa ſaß demüthig im Parterre, und
ſah ſehr blaß, ich aber ſehr roth aus. Ja, mein Kind,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/171>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.