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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

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wenn Ihr ihn nicht gebrauchen dürfet. "Was man
nicht nützt, ist eine schwere Last."

"Gerade das ist die Spitze von geistiger Freiheit,
das Ende seines Daseins in Händen zu haben, das ist
der deutlichste Beweis, den uns die Gottheit gegeben,
daß sie uns nicht zum Jammer hergesetzt -- Prüfung
und Prüfung ist ein gottloser Gedanke, wenn er auch
nicht unlogisch ist, -- denn was soll denn geprüft wer¬
den? -- Die Kräfte, die uns Gott gegeben? -- Kennt
er die nicht? Oder, wie wir sie verbraucht? Ja wohl!
Aber so verbraucht sie denn auch, nehmt sie nicht ge¬
fangen. Errichtet ein Tribunal in Eurem Herzen, das
ist das gerechteste; denkt und lernt so viel Ihr könnt,
damit das Tribunal möglichst weise werde. Tann lauscht
seinem Urtheile und folgt ihm. Ihr werdet einst sicher
damit bestehen, denn es ist auf den sichersten Rechts¬
grund basirt. Ihr werdet nach Gesetzen gerichtet, die
Ihr gekannt, die Ihr für die besten gehalten, denen Ihr
Euch gefügt habt."

"Ihr kommt nicht zu Stande mit Eurer despo¬
tischen Objektivität; jede einzelne Subjektivität appellirt
nach der menschlichen Konstruktion zuerst an ihr eignes
Objekt und akkommodirt sich nur, soweit es geht, Eu¬

wenn Ihr ihn nicht gebrauchen dürfet. „Was man
nicht nützt, iſt eine ſchwere Laſt.“

„Gerade das iſt die Spitze von geiſtiger Freiheit,
das Ende ſeines Daſeins in Händen zu haben, das iſt
der deutlichſte Beweis, den uns die Gottheit gegeben,
daß ſie uns nicht zum Jammer hergeſetzt — Prüfung
und Prüfung iſt ein gottloſer Gedanke, wenn er auch
nicht unlogiſch iſt, — denn was ſoll denn geprüft wer¬
den? — Die Kräfte, die uns Gott gegeben? — Kennt
er die nicht? Oder, wie wir ſie verbraucht? Ja wohl!
Aber ſo verbraucht ſie denn auch, nehmt ſie nicht ge¬
fangen. Errichtet ein Tribunal in Eurem Herzen, das
iſt das gerechteſte; denkt und lernt ſo viel Ihr könnt,
damit das Tribunal möglichſt weiſe werde. Tann lauſcht
ſeinem Urtheile und folgt ihm. Ihr werdet einſt ſicher
damit beſtehen, denn es iſt auf den ſicherſten Rechts¬
grund baſirt. Ihr werdet nach Geſetzen gerichtet, die
Ihr gekannt, die Ihr für die beſten gehalten, denen Ihr
Euch gefügt habt.“

„Ihr kommt nicht zu Stande mit Eurer despo¬
tiſchen Objektivität; jede einzelne Subjektivität appellirt
nach der menſchlichen Konſtruktion zuerſt an ihr eignes
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[127/0139] wenn Ihr ihn nicht gebrauchen dürfet. „Was man nicht nützt, iſt eine ſchwere Laſt.“ „Gerade das iſt die Spitze von geiſtiger Freiheit, das Ende ſeines Daſeins in Händen zu haben, das iſt der deutlichſte Beweis, den uns die Gottheit gegeben, daß ſie uns nicht zum Jammer hergeſetzt — Prüfung und Prüfung iſt ein gottloſer Gedanke, wenn er auch nicht unlogiſch iſt, — denn was ſoll denn geprüft wer¬ den? — Die Kräfte, die uns Gott gegeben? — Kennt er die nicht? Oder, wie wir ſie verbraucht? Ja wohl! Aber ſo verbraucht ſie denn auch, nehmt ſie nicht ge¬ fangen. Errichtet ein Tribunal in Eurem Herzen, das iſt das gerechteſte; denkt und lernt ſo viel Ihr könnt, damit das Tribunal möglichſt weiſe werde. Tann lauſcht ſeinem Urtheile und folgt ihm. Ihr werdet einſt ſicher damit beſtehen, denn es iſt auf den ſicherſten Rechts¬ grund baſirt. Ihr werdet nach Geſetzen gerichtet, die Ihr gekannt, die Ihr für die beſten gehalten, denen Ihr Euch gefügt habt.“ „Ihr kommt nicht zu Stande mit Eurer despo¬ tiſchen Objektivität; jede einzelne Subjektivität appellirt nach der menſchlichen Konſtruktion zuerſt an ihr eignes Objekt und akkommodirt ſich nur, ſoweit es geht, Eu¬

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/139>, abgerufen am 17.05.2024.