Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.21. Valerius an Constantin. Warum schreibst Du keine Zeile, Mensch? Lebst 21. Valerius an Constantin. Warum ſchreibſt Du keine Zeile, Menſch? Lebſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0053" n="41"/> </div> <div n="1"> <head>21.<lb/><hi rendition="#b #g">Valerius an Constantin.</hi><lb/></head> <div n="2"> <p>Warum ſchreibſt Du keine Zeile, Menſch? Lebſt<lb/> Du nicht mehr? Ich muß alle Stärke des Gemüths<lb/> zuſammennehmen, um in dieſem Drange der Dinge feſt<lb/> zu ſtehen. Sollte Dir ein Unglück begegnet ſein, laß<lb/> es uns bald wiſſen; ich will zu Dir kommen, Du haſt<lb/> ja für die Freiheit gefochten, für das einzige Unwan¬<lb/> delbare im Leben. Hier iſt viel Unheil. Camilla weicht<lb/> mir aus, ſteht mir nicht Rede. Das thut mir unend¬<lb/> lich weh. Alberta liegt krank, Hyppolit hat ihr das<lb/> Herz gebrochen, der Südländer iſt raſſelnd in ihm<lb/> aufgeſprungen, er raſ't in Liebe für die ſchöne Julia.<lb/> Dieſe flieht ihn wie ein Reh den Wolf, und hält ſich<lb/> mehrere Tage in ihren Zimmern verſchloſſen. Heut kam<lb/> ſie zu Tiſch; im Augenblick als wir uns ſetzten, fuhr<lb/> die Fürſtin Conſtantie vor. Nun iſt die Verwirrung<lb/> vollſtändig. Hyppolit ſchäumt wie ein Eber, ich habe<lb/> meine Noth, ihn in civiliſirten Schranken zu halten.<lb/> Wäre dieſer Menſch ohne Bildung, man ſähe die Tha¬<lb/> ten eines blutigen Barbaren. Der Graf iſt äußerſt nie¬<lb/> dergeſchlagen und ſprach heute wehmüthige rührende<lb/> Worte mit mir. „Ich bin alt geworden — ſagte er<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0053]
21.
Valerius an Constantin.
Warum ſchreibſt Du keine Zeile, Menſch? Lebſt
Du nicht mehr? Ich muß alle Stärke des Gemüths
zuſammennehmen, um in dieſem Drange der Dinge feſt
zu ſtehen. Sollte Dir ein Unglück begegnet ſein, laß
es uns bald wiſſen; ich will zu Dir kommen, Du haſt
ja für die Freiheit gefochten, für das einzige Unwan¬
delbare im Leben. Hier iſt viel Unheil. Camilla weicht
mir aus, ſteht mir nicht Rede. Das thut mir unend¬
lich weh. Alberta liegt krank, Hyppolit hat ihr das
Herz gebrochen, der Südländer iſt raſſelnd in ihm
aufgeſprungen, er raſ't in Liebe für die ſchöne Julia.
Dieſe flieht ihn wie ein Reh den Wolf, und hält ſich
mehrere Tage in ihren Zimmern verſchloſſen. Heut kam
ſie zu Tiſch; im Augenblick als wir uns ſetzten, fuhr
die Fürſtin Conſtantie vor. Nun iſt die Verwirrung
vollſtändig. Hyppolit ſchäumt wie ein Eber, ich habe
meine Noth, ihn in civiliſirten Schranken zu halten.
Wäre dieſer Menſch ohne Bildung, man ſähe die Tha¬
ten eines blutigen Barbaren. Der Graf iſt äußerſt nie¬
dergeſchlagen und ſprach heute wehmüthige rührende
Worte mit mir. „Ich bin alt geworden — ſagte er
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