Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.Arme hatte er die Lanze eingeklemmt, die linke Hand Es war nur noch ein Schritt zwischen beiden Da fühlte Valerius den Zügel seines Pfer- Arme hatte er die Lanze eingeklemmt, die linke Hand Es war nur noch ein Schritt zwiſchen beiden Da fühlte Valerius den Zügel ſeines Pfer- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0111" n="101"/> Arme hatte er die Lanze eingeklemmt, die linke Hand<lb/> hielt den Zügel. Ein langer ſchneeweißer Bart fiel<lb/> bis auf die Bruſt herab, ein kleines ſchwarzes Kreuz<lb/> drängte ſich darunter hervor; wahrſcheinlich hatte er<lb/> noch kurz vorher ſeine Andacht verrichtet, nicht<lb/> ahnend, wie Noth es ihm ſein dürfte, um ſeinem<lb/> Glauben nach glücklicher zu ſterben. Der Schlaf<lb/> hatte ihn übereilt und ihm nicht geſtattet, das<lb/> Kreuzchen wieder auf die behaarte Bruſt zurück-<lb/> zuſchieben.</p><lb/> <p>Es war nur noch ein Schritt zwiſchen beiden<lb/> Reitern, das Koſackenpferd zog langſam die trägen<lb/> Augenlieder in die Höye und rückte den Kopf ein<lb/> wenig aufwärts. Der Koſack, der die nachlaſ-<lb/> ſende Straffheit des Zügels empfinden, wohl auch<lb/> das Nahen eines Gegenſtandes bemerken mochte,<lb/> machte eine Bewegung mit der Hand, öffnete die<lb/> Augen, verſtorbene, lebensmüde Augen, öffnete<lb/> den Mund —</p><lb/> <p>Da fühlte Valerius den Zügel ſeines Pfer-<lb/> des von einer raſchen Hand gehalten, der Koſack<lb/> verſchwand plötzlich von ſeinem Gaule, es er-<lb/> ſchien ein anderer Reiter darauf, und ehe er ſich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0111]
Arme hatte er die Lanze eingeklemmt, die linke Hand
hielt den Zügel. Ein langer ſchneeweißer Bart fiel
bis auf die Bruſt herab, ein kleines ſchwarzes Kreuz
drängte ſich darunter hervor; wahrſcheinlich hatte er
noch kurz vorher ſeine Andacht verrichtet, nicht
ahnend, wie Noth es ihm ſein dürfte, um ſeinem
Glauben nach glücklicher zu ſterben. Der Schlaf
hatte ihn übereilt und ihm nicht geſtattet, das
Kreuzchen wieder auf die behaarte Bruſt zurück-
zuſchieben.
Es war nur noch ein Schritt zwiſchen beiden
Reitern, das Koſackenpferd zog langſam die trägen
Augenlieder in die Höye und rückte den Kopf ein
wenig aufwärts. Der Koſack, der die nachlaſ-
ſende Straffheit des Zügels empfinden, wohl auch
das Nahen eines Gegenſtandes bemerken mochte,
machte eine Bewegung mit der Hand, öffnete die
Augen, verſtorbene, lebensmüde Augen, öffnete
den Mund —
Da fühlte Valerius den Zügel ſeines Pfer-
des von einer raſchen Hand gehalten, der Koſack
verſchwand plötzlich von ſeinem Gaule, es er-
ſchien ein anderer Reiter darauf, und ehe er ſich
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