Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

lebt im Grunde meines Herzens, so lange ein Tro-
pfen Bluts darin rollt. Und soll ich nicht mehr
athmen, wenn es nicht Deine Luft ist? -- ohne
Weiber ist das Leben arm, arm, sehr arm."

"Du zürnst mir nicht, aber unglücklich wirst
Du doch, wenn Du's erfährst. Und würdest Du
einen Andern küssen? Hab ich mehr Recht? -- wahr-
haftig, ich habe mehr Recht, und das ist kein thö-
richter Männerstolz, ich werde Dir's erklären, aber
ein andermal. Jetzt hab ich genug regiert, genug
gearbeitet an der Einrichtung der Welt, ich muß
Weiber sehen!"

So hatte er sich endlich in eine humoristische
Laune hineingesprochen. Es war selten, daß sie ihn
von seinen Gedanken erlös'te, aber er nahm sie im-
mer fröhlich auf, wenn sie kam, und tröstete sich
dann, wenn die Fragen ungelöst blieben mit Ham-
let oder richtiger gegen Hamlet: Die Welt ist zwar
aus den Fugen, und ich soll sie einrenken, aber 's
muß ja nicht heute sein, Rom ward nicht an einem
Tage erbaut, und der Herrgott müsse auch das
seine thun.

lebt im Grunde meines Herzens, ſo lange ein Tro-
pfen Bluts darin rollt. Und ſoll ich nicht mehr
athmen, wenn es nicht Deine Luft iſt? — ohne
Weiber iſt das Leben arm, arm, ſehr arm.“

„Du zürnſt mir nicht, aber unglücklich wirſt
Du doch, wenn Du’s erfährſt. Und würdeſt Du
einen Andern küſſen? Hab ich mehr Recht? — wahr-
haftig, ich habe mehr Recht, und das iſt kein thö-
richter Männerſtolz, ich werde Dir’s erklären, aber
ein andermal. Jetzt hab ich genug regiert, genug
gearbeitet an der Einrichtung der Welt, ich muß
Weiber ſehen!“

So hatte er ſich endlich in eine humoriſtiſche
Laune hineingeſprochen. Es war ſelten, daß ſie ihn
von ſeinen Gedanken erlöſ’te, aber er nahm ſie im-
mer fröhlich auf, wenn ſie kam, und tröſtete ſich
dann, wenn die Fragen ungelöst blieben mit Ham-
let oder richtiger gegen Hamlet: Die Welt iſt zwar
aus den Fugen, und ich ſoll ſie einrenken, aber ’s
muß ja nicht heute ſein, Rom ward nicht an einem
Tage erbaut, und der Herrgott müſſe auch das
ſeine thun.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0209" n="199"/>
lebt im Grunde meines Herzens, &#x017F;o lange ein Tro-<lb/>
pfen Bluts darin rollt. Und &#x017F;oll ich nicht mehr<lb/>
athmen, wenn es nicht Deine Luft i&#x017F;t? &#x2014; ohne<lb/>
Weiber i&#x017F;t das Leben arm, arm, &#x017F;ehr arm.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Du zürn&#x017F;t mir nicht, aber unglücklich wir&#x017F;t<lb/>
Du doch, wenn Du&#x2019;s erfähr&#x017F;t. Und würde&#x017F;t Du<lb/>
einen Andern kü&#x017F;&#x017F;en? Hab ich mehr Recht? &#x2014; wahr-<lb/>
haftig, ich habe mehr Recht, und das i&#x017F;t kein thö-<lb/>
richter Männer&#x017F;tolz, ich werde Dir&#x2019;s erklären, aber<lb/>
ein andermal. Jetzt hab ich genug regiert, genug<lb/>
gearbeitet an der Einrichtung der Welt, ich muß<lb/>
Weiber &#x017F;ehen!&#x201C;</p><lb/>
          <p>So hatte er &#x017F;ich endlich in eine humori&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
Laune hineinge&#x017F;prochen. Es war &#x017F;elten, daß &#x017F;ie ihn<lb/>
von &#x017F;einen Gedanken erlö&#x017F;&#x2019;te, aber er nahm &#x017F;ie im-<lb/>
mer fröhlich auf, wenn &#x017F;ie kam, und trö&#x017F;tete &#x017F;ich<lb/>
dann, wenn die Fragen ungelöst blieben mit Ham-<lb/>
let oder richtiger gegen Hamlet: Die Welt i&#x017F;t zwar<lb/>
aus den Fugen, und ich &#x017F;oll &#x017F;ie einrenken, aber &#x2019;s<lb/>
muß ja nicht heute &#x017F;ein, Rom ward nicht an einem<lb/>
Tage erbaut, und der Herrgott mü&#x017F;&#x017F;e auch das<lb/>
&#x017F;eine thun.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0209] lebt im Grunde meines Herzens, ſo lange ein Tro- pfen Bluts darin rollt. Und ſoll ich nicht mehr athmen, wenn es nicht Deine Luft iſt? — ohne Weiber iſt das Leben arm, arm, ſehr arm.“ „Du zürnſt mir nicht, aber unglücklich wirſt Du doch, wenn Du’s erfährſt. Und würdeſt Du einen Andern küſſen? Hab ich mehr Recht? — wahr- haftig, ich habe mehr Recht, und das iſt kein thö- richter Männerſtolz, ich werde Dir’s erklären, aber ein andermal. Jetzt hab ich genug regiert, genug gearbeitet an der Einrichtung der Welt, ich muß Weiber ſehen!“ So hatte er ſich endlich in eine humoriſtiſche Laune hineingeſprochen. Es war ſelten, daß ſie ihn von ſeinen Gedanken erlöſ’te, aber er nahm ſie im- mer fröhlich auf, wenn ſie kam, und tröſtete ſich dann, wenn die Fragen ungelöst blieben mit Ham- let oder richtiger gegen Hamlet: Die Welt iſt zwar aus den Fugen, und ich ſoll ſie einrenken, aber ’s muß ja nicht heute ſein, Rom ward nicht an einem Tage erbaut, und der Herrgott müſſe auch das ſeine thun.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/209
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 2, 1. Mannheim, 1837, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0201_1837/209>, abgerufen am 04.12.2024.