Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

haben wir in alle Wege Recht, und dies ist das
Opfer und der einzige Trost, an dem ich wie an
einer Drahtschnur weiter gehe; gegen uns selbst
haben wir Unrecht, und die Welt mit ihrer schwer
zu fügenden Ordnung trägt die Schuld. Sie sehen,
ich bin so sehr ein Opfer, wie Sie, ich habe mir
ein größeres, eben so trauriges Gefängniß bereitet,
aber mit mir gedeiht der Staat, mit Jhnen ver-
dirbt er. Könnte man mir diesen Glauben nehmen,
so gäbe man mir den Tod. Das Gefängniß, groß
und klein, ist für die Menschenerfindung, den Staat
nothwendig."

"Das Nächste, was mir zu entgegnen, wäre
vielleicht dies: Sie haben Jhren Wechsel in Staats-
ansichten gewaltsam übereilt, Sie haben mit einem
Male den geistigen Blutumlauf Jhres Herzens ge-
wendet und dadurch den Keim des Todes in Jhr
Herz gelegt. Wohl, es interessirt mich in meiner
Blasirtheit einen Augenblick zu wissen, ob es bloß
die Manier gewesen ist, die mich gestört hat; ich
habe zu dem Ende Jhre Verhaftung bewirkt, und
diese in die strengsten Grenzen eingedrängt, jetzt
will ich sehn, was aus Jhren Meinungen geworden

haben wir in alle Wege Recht, und dies iſt das
Opfer und der einzige Troſt, an dem ich wie an
einer Drahtſchnur weiter gehe; gegen uns ſelbſt
haben wir Unrecht, und die Welt mit ihrer ſchwer
zu fügenden Ordnung trägt die Schuld. Sie ſehen,
ich bin ſo ſehr ein Opfer, wie Sie, ich habe mir
ein größeres, eben ſo trauriges Gefängniß bereitet,
aber mit mir gedeiht der Staat, mit Jhnen ver-
dirbt er. Könnte man mir dieſen Glauben nehmen,
ſo gäbe man mir den Tod. Das Gefängniß, groß
und klein, iſt für die Menſchenerfindung, den Staat
nothwendig.“

„Das Nächſte, was mir zu entgegnen, wäre
vielleicht dies: Sie haben Jhren Wechſel in Staats-
anſichten gewaltſam übereilt, Sie haben mit einem
Male den geiſtigen Blutumlauf Jhres Herzens ge-
wendet und dadurch den Keim des Todes in Jhr
Herz gelegt. Wohl, es intereſſirt mich in meiner
Blaſirtheit einen Augenblick zu wiſſen, ob es bloß
die Manier geweſen iſt, die mich geſtört hat; ich
habe zu dem Ende Jhre Verhaftung bewirkt, und
dieſe in die ſtrengſten Grenzen eingedrängt, jetzt
will ich ſehn, was aus Jhren Meinungen geworden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0170" n="162"/>
haben wir in alle Wege Recht, und dies i&#x017F;t das<lb/>
Opfer und der einzige Tro&#x017F;t, an dem ich wie an<lb/>
einer Draht&#x017F;chnur weiter gehe; gegen uns &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
haben wir Unrecht, und die Welt mit ihrer &#x017F;chwer<lb/>
zu fügenden Ordnung trägt die Schuld. Sie &#x017F;ehen,<lb/>
ich bin &#x017F;o &#x017F;ehr ein Opfer, wie Sie, ich habe mir<lb/>
ein größeres, eben &#x017F;o trauriges Gefängniß bereitet,<lb/>
aber mit mir gedeiht der Staat, mit Jhnen ver-<lb/>
dirbt er. Könnte man mir die&#x017F;en Glauben nehmen,<lb/>
&#x017F;o gäbe man mir den Tod. Das Gefängniß, groß<lb/>
und klein, i&#x017F;t für die Men&#x017F;chenerfindung, den Staat<lb/>
nothwendig.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Das Näch&#x017F;te, was mir zu entgegnen, wäre<lb/>
vielleicht dies: Sie haben Jhren Wech&#x017F;el in Staats-<lb/>
an&#x017F;ichten gewalt&#x017F;am übereilt, Sie haben mit einem<lb/>
Male den gei&#x017F;tigen Blutumlauf Jhres Herzens ge-<lb/>
wendet und dadurch den Keim des Todes in Jhr<lb/>
Herz gelegt. Wohl, es intere&#x017F;&#x017F;irt mich in meiner<lb/>
Bla&#x017F;irtheit einen Augenblick zu wi&#x017F;&#x017F;en, ob es bloß<lb/>
die Manier gewe&#x017F;en i&#x017F;t, die mich ge&#x017F;tört hat; ich<lb/>
habe zu dem Ende Jhre Verhaftung bewirkt, und<lb/>
die&#x017F;e in die &#x017F;treng&#x017F;ten Grenzen eingedrängt, jetzt<lb/>
will ich &#x017F;ehn, was aus Jhren Meinungen geworden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0170] haben wir in alle Wege Recht, und dies iſt das Opfer und der einzige Troſt, an dem ich wie an einer Drahtſchnur weiter gehe; gegen uns ſelbſt haben wir Unrecht, und die Welt mit ihrer ſchwer zu fügenden Ordnung trägt die Schuld. Sie ſehen, ich bin ſo ſehr ein Opfer, wie Sie, ich habe mir ein größeres, eben ſo trauriges Gefängniß bereitet, aber mit mir gedeiht der Staat, mit Jhnen ver- dirbt er. Könnte man mir dieſen Glauben nehmen, ſo gäbe man mir den Tod. Das Gefängniß, groß und klein, iſt für die Menſchenerfindung, den Staat nothwendig.“ „Das Nächſte, was mir zu entgegnen, wäre vielleicht dies: Sie haben Jhren Wechſel in Staats- anſichten gewaltſam übereilt, Sie haben mit einem Male den geiſtigen Blutumlauf Jhres Herzens ge- wendet und dadurch den Keim des Todes in Jhr Herz gelegt. Wohl, es intereſſirt mich in meiner Blaſirtheit einen Augenblick zu wiſſen, ob es bloß die Manier geweſen iſt, die mich geſtört hat; ich habe zu dem Ende Jhre Verhaftung bewirkt, und dieſe in die ſtrengſten Grenzen eingedrängt, jetzt will ich ſehn, was aus Jhren Meinungen geworden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/170
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/170>, abgerufen am 26.11.2024.