schlage mir die Finger blutig, aber es ist doch eine Arbeit nach einem nächsten Ziele, ich habe doch große Fortschritte gemacht im Kerkerleben, und weiß doch jetzt, daß ich für eine Stunde des Tags existire, für die Freistunde.
Jch habe heut gefragt, welcher Monat in der Welt ist, die Zeit ist lange von mir gewichen, und ein anderer Mensch kritzelt Dir diese Worte. Der plötzliche Eindruck frischer Luft nämlich war ver- heerend auf meinen Leib gestürzt, ich brach zusammen, als ich aus der zweiten Freistunde wieder in mein Gefängniß kam, die Besinnung entwich lange Zeit, der Wärter sagt, viele Wochen hab' ich im hitzigen Fieber gelegen. So theuer ist sonst die Zeit für ein Jugendleben, wie es das meinige noch sein könnte, mir entweicht sie finster und unbeachtet. Jch finde da in meiner Tasche auf kleinem schmutzi- gen Blatte folgende Verse, die sich darauf beziehn, sie lauten also:
ſchlage mir die Finger blutig, aber es iſt doch eine Arbeit nach einem nächſten Ziele, ich habe doch große Fortſchritte gemacht im Kerkerleben, und weiß doch jetzt, daß ich für eine Stunde des Tags exiſtire, für die Freiſtunde.
Jch habe heut gefragt, welcher Monat in der Welt iſt, die Zeit iſt lange von mir gewichen, und ein anderer Menſch kritzelt Dir dieſe Worte. Der plötzliche Eindruck friſcher Luft nämlich war ver- heerend auf meinen Leib geſtürzt, ich brach zuſammen, als ich aus der zweiten Freiſtunde wieder in mein Gefängniß kam, die Beſinnung entwich lange Zeit, der Wärter ſagt, viele Wochen hab’ ich im hitzigen Fieber gelegen. So theuer iſt ſonſt die Zeit für ein Jugendleben, wie es das meinige noch ſein könnte, mir entweicht ſie finſter und unbeachtet. Jch finde da in meiner Taſche auf kleinem ſchmutzi- gen Blatte folgende Verſe, die ſich darauf beziehn, ſie lauten alſo:
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ſchlage mir die Finger blutig, aber es iſt doch eine
Arbeit nach einem nächſten Ziele, ich habe doch
große Fortſchritte gemacht im Kerkerleben, und weiß
doch jetzt, daß ich für eine Stunde des Tags exiſtire,
für die Freiſtunde.
Jch habe heut gefragt, welcher Monat in der
Welt iſt, die Zeit iſt lange von mir gewichen, und
ein anderer Menſch kritzelt Dir dieſe Worte. Der
plötzliche Eindruck friſcher Luft nämlich war ver-
heerend auf meinen Leib geſtürzt, ich brach zuſammen,
als ich aus der zweiten Freiſtunde wieder in mein
Gefängniß kam, die Beſinnung entwich lange Zeit,
der Wärter ſagt, viele Wochen hab’ ich im hitzigen
Fieber gelegen. So theuer iſt ſonſt die Zeit für
ein Jugendleben, wie es das meinige noch ſein
könnte, mir entweicht ſie finſter und unbeachtet.
Jch finde da in meiner Taſche auf kleinem ſchmutzi-
gen Blatte folgende Verſe, die ſich darauf beziehn,
ſie lauten alſo:
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/174>, abgerufen am 26.11.2024.
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