sie war einmal ans Trinken gewöhnt d); daß sie aber auch mich, -- mich einen Knaben von sechs Jahren zum Weintrinken anführte, war im höchsten Grade unrecht: ich würde sagen, daß es schändlich war, weil sie dadurch den Grund zu vielen meiner folgenden Unfälle gelegt hat. Aber ihre Affenliebe zu mir, ließ sie blos auf Mittel sinnen, wie sie mir Vergnügen machen könnte. An nachtheilige Folgen dachte sie nicht.
Auf diese Art wurde ich also in der zartesten Jugend ein -- Säuffer. Oft war ich durch den Trunk meiner Sinnen beraubt; und dann entschul- digte mich meine Tante, wenn ja die Eltern nach mir fragten, durch Vorgeben: daß mir der Kopf wehe thäte, daß ich schon schliefe u. s. w. Mein Vater erfuhr demnach von meinen Saufereien nichts.
Ich führe diese Umstände deswegen an, damit ich einen Erfahrungs-Grund zu der Vorschrift gebe: "daß Eltern ihre Kinder auch ihren nächsten Ver- "wandten nicht anvertrauen sollen, so lange sie an
d) Zur Schande des Frauenzimmers in der Pfalz muß ich anmerken, daß sehr viele unter ihnen sich dem Saufen recht unziemlich ergeben. Alle Frauenzimmer trinken Wein, und viele dergestalt, daß sie die Manns- personen darin übertreffen. -- Meine schöne Lands- männinnen werden freilich über mich zürnen: denn bei solchen Nachrichten möchten Ausländer eben nicht son- derliche Lust spüren, ein Pfälzer-Mädel zu heurathen; aber ich kann leider nicht gegen die Wahrheit.
ſie war einmal ans Trinken gewoͤhnt d); daß ſie aber auch mich, — mich einen Knaben von ſechs Jahren zum Weintrinken anfuͤhrte, war im hoͤchſten Grade unrecht: ich wuͤrde ſagen, daß es ſchaͤndlich war, weil ſie dadurch den Grund zu vielen meiner folgenden Unfaͤlle gelegt hat. Aber ihre Affenliebe zu mir, ließ ſie blos auf Mittel ſinnen, wie ſie mir Vergnuͤgen machen koͤnnte. An nachtheilige Folgen dachte ſie nicht.
Auf dieſe Art wurde ich alſo in der zarteſten Jugend ein — Saͤuffer. Oft war ich durch den Trunk meiner Sinnen beraubt; und dann entſchul- digte mich meine Tante, wenn ja die Eltern nach mir fragten, durch Vorgeben: daß mir der Kopf wehe thaͤte, daß ich ſchon ſchliefe u. ſ. w. Mein Vater erfuhr demnach von meinen Saufereien nichts.
Ich fuͤhre dieſe Umſtaͤnde deswegen an, damit ich einen Erfahrungs-Grund zu der Vorſchrift gebe: „daß Eltern ihre Kinder auch ihren naͤchſten Ver- „wandten nicht anvertrauen ſollen, ſo lange ſie an
d) Zur Schande des Frauenzimmers in der Pfalz muß ich anmerken, daß ſehr viele unter ihnen ſich dem Saufen recht unziemlich ergeben. Alle Frauenzimmer trinken Wein, und viele dergeſtalt, daß ſie die Manns- perſonen darin uͤbertreffen. — Meine ſchoͤne Lands- maͤnninnen werden freilich uͤber mich zuͤrnen: denn bei ſolchen Nachrichten moͤchten Auslaͤnder eben nicht ſon- derliche Luſt ſpuͤren, ein Pfaͤlzer-Maͤdel zu heurathen; aber ich kann leider nicht gegen die Wahrheit.
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ſie war einmal ans Trinken gewoͤhnt d); daß ſie aber
auch mich, — mich einen Knaben von ſechs Jahren
zum Weintrinken anfuͤhrte, war im hoͤchſten Grade
unrecht: ich wuͤrde ſagen, daß es ſchaͤndlich war, weil
ſie dadurch den Grund zu vielen meiner folgenden
Unfaͤlle gelegt hat. Aber ihre Affenliebe zu mir, ließ
ſie blos auf Mittel ſinnen, wie ſie mir Vergnuͤgen
machen koͤnnte. An nachtheilige Folgen dachte ſie
nicht.
Auf dieſe Art wurde ich alſo in der zarteſten
Jugend ein — Saͤuffer. Oft war ich durch den
Trunk meiner Sinnen beraubt; und dann entſchul-
digte mich meine Tante, wenn ja die Eltern nach mir
fragten, durch Vorgeben: daß mir der Kopf wehe
thaͤte, daß ich ſchon ſchliefe u. ſ. w. Mein Vater
erfuhr demnach von meinen Saufereien nichts.
Ich fuͤhre dieſe Umſtaͤnde deswegen an, damit
ich einen Erfahrungs-Grund zu der Vorſchrift gebe:
„daß Eltern ihre Kinder auch ihren naͤchſten Ver-
„wandten nicht anvertrauen ſollen, ſo lange ſie an
d) Zur Schande des Frauenzimmers in der Pfalz muß
ich anmerken, daß ſehr viele unter ihnen ſich dem
Saufen recht unziemlich ergeben. Alle Frauenzimmer
trinken Wein, und viele dergeſtalt, daß ſie die Manns-
perſonen darin uͤbertreffen. — Meine ſchoͤne Lands-
maͤnninnen werden freilich uͤber mich zuͤrnen: denn bei
ſolchen Nachrichten moͤchten Auslaͤnder eben nicht ſon-
derliche Luſt ſpuͤren, ein Pfaͤlzer-Maͤdel zu heurathen;
aber ich kann leider nicht gegen die Wahrheit.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/26>, abgerufen am 16.07.2024.
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