Knechte und die Menscher, so sehr sie sich auch be- mühten, kräftig zu sprechen. Endlich kettete sich eine Dirne, welche schon ein Kind von einem Mühl- burschen gehabt hatte, an mich, ließ mich neben sich liegen, fragte sodann nach diesem und jenem, wor- aus ich ihre Absicht leicht merken konnte, und führte mich hinter eine Hecke von Bandweiden, wo wir uns hinlagerten und --
Ich bin nicht im Stande, die Angst zu be- schreiben, worin ich mich nach dieser Ausschweifung befunden habe: ich zündete meine Pfeife an, trank Wein; aber nichts wollte mir schmecken: ich wollte Spaß machen; aber es hatte keine Art: endlich lief ich nach Hause; konnte aber auch nicht schlafen.
Den folgenden Tag sah ich die nämliche Dirne: ich schämte mich; aber sie wußte so gut zu schäkern, daß ich alle Schaam hintansetzte, und sie selbst er- suchte, mir Gelegenheit zur Fortsetzung unsers Um- gangs zu verschaffen. Dies geschah, und zwar so, daß meine Eltern nicht das geringste davon erfuh- ren. -- Alle Begierden waren nun in mir rege und geschärft; und von dem Augenblick des ersten Ge- nusses an, betrachtete ich die Frauenzimmer mit ganz andern Augen, als vorher. Jede reitzte meine Sin- nen; aber sehr wenige, oder, wenn ich eine einzige ausnehme, gar keine, machte ferner bleibenden Ein- druck auf mich. Die Anmerkungen, welche sich hier
Knechte und die Menſcher, ſo ſehr ſie ſich auch be- muͤhten, kraͤftig zu ſprechen. Endlich kettete ſich eine Dirne, welche ſchon ein Kind von einem Muͤhl- burſchen gehabt hatte, an mich, ließ mich neben ſich liegen, fragte ſodann nach dieſem und jenem, wor- aus ich ihre Abſicht leicht merken konnte, und fuͤhrte mich hinter eine Hecke von Bandweiden, wo wir uns hinlagerten und —
Ich bin nicht im Stande, die Angſt zu be- ſchreiben, worin ich mich nach dieſer Ausſchweifung befunden habe: ich zuͤndete meine Pfeife an, trank Wein; aber nichts wollte mir ſchmecken: ich wollte Spaß machen; aber es hatte keine Art: endlich lief ich nach Hauſe; konnte aber auch nicht ſchlafen.
Den folgenden Tag ſah ich die naͤmliche Dirne: ich ſchaͤmte mich; aber ſie wußte ſo gut zu ſchaͤkern, daß ich alle Schaam hintanſetzte, und ſie ſelbſt er- ſuchte, mir Gelegenheit zur Fortſetzung unſers Um- gangs zu verſchaffen. Dies geſchah, und zwar ſo, daß meine Eltern nicht das geringſte davon erfuh- ren. — Alle Begierden waren nun in mir rege und geſchaͤrft; und von dem Augenblick des erſten Ge- nuſſes an, betrachtete ich die Frauenzimmer mit ganz andern Augen, als vorher. Jede reitzte meine Sin- nen; aber ſehr wenige, oder, wenn ich eine einzige ausnehme, gar keine, machte ferner bleibenden Ein- druck auf mich. Die Anmerkungen, welche ſich hier
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Knechte und die Menſcher, ſo ſehr ſie ſich auch be-
muͤhten, kraͤftig zu ſprechen. Endlich kettete ſich
eine Dirne, welche ſchon ein Kind von einem Muͤhl-
burſchen gehabt hatte, an mich, ließ mich neben ſich
liegen, fragte ſodann nach dieſem und jenem, wor-
aus ich ihre Abſicht leicht merken konnte, und fuͤhrte
mich hinter eine Hecke von Bandweiden, wo wir
uns hinlagerten und —
Ich bin nicht im Stande, die Angſt zu be-
ſchreiben, worin ich mich nach dieſer Ausſchweifung
befunden habe: ich zuͤndete meine Pfeife an, trank
Wein; aber nichts wollte mir ſchmecken: ich wollte
Spaß machen; aber es hatte keine Art: endlich lief
ich nach Hauſe; konnte aber auch nicht ſchlafen.
Den folgenden Tag ſah ich die naͤmliche Dirne:
ich ſchaͤmte mich; aber ſie wußte ſo gut zu ſchaͤkern,
daß ich alle Schaam hintanſetzte, und ſie ſelbſt er-
ſuchte, mir Gelegenheit zur Fortſetzung unſers Um-
gangs zu verſchaffen. Dies geſchah, und zwar ſo,
daß meine Eltern nicht das geringſte davon erfuh-
ren. — Alle Begierden waren nun in mir rege und
geſchaͤrft; und von dem Augenblick des erſten Ge-
nuſſes an, betrachtete ich die Frauenzimmer mit ganz
andern Augen, als vorher. Jede reitzte meine Sin-
nen; aber ſehr wenige, oder, wenn ich eine einzige
ausnehme, gar keine, machte ferner bleibenden Ein-
druck auf mich. Die Anmerkungen, welche ſich hier
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/60>, abgerufen am 18.10.2024.
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