Meine Wenigkeit von ohngefähr im Bordell ertappt. Semlers Strafpredigt. Mein Bruder. Liebelei.
Herr Semler, dem mein bisheriges Betragen ge- fallen hatte, rieth mir, vom Waisenhause in die Stadt, und zwar in sein Haus zu ziehen. Es war nämlich ein gewisser Schmitz von Mont-Joie aus dem Herzogthum Jülich von Erlangen nach Halle ge- kommen. Mit diesem Herrn Schmitz war ich bekannt und Freund geworden. Er miethete sich ein Zim- mer in Semlers Hause, und bath mich, zu ihm zu ziehen: er wolle die Miethe für mich mit bezahlen. Der Vorschlag gefiel mir: ich sprach mit Semlern darüber, und erhielt den Rath, nicht zu säumen: ich könnte sodann seine Bibliothek besser benutzen, und besser studiren.
Also zog ich zu Anfange des Oktobers vom Waisenhause zum Leide meiner guten Kameraden Poehler und Molweide, mit welchen ich sehr brüderlich gelebt hatte, und bezog Num. 20 im Sem- lerischen Hause.
Ich war auf dem Examen Lehrer der ersten he- bräischen und der zweiten griechischen Classe gewor-
Dreizehntes Kapitel.
Meine Wenigkeit von ohngefaͤhr im Bordell ertappt. Semlers Strafpredigt. Mein Bruder. Liebelei.
Herr Semler, dem mein bisheriges Betragen ge- fallen hatte, rieth mir, vom Waiſenhauſe in die Stadt, und zwar in ſein Haus zu ziehen. Es war naͤmlich ein gewiſſer Schmitz von Mont-Joie aus dem Herzogthum Juͤlich von Erlangen nach Halle ge- kommen. Mit dieſem Herrn Schmitz war ich bekannt und Freund geworden. Er miethete ſich ein Zim- mer in Semlers Hauſe, und bath mich, zu ihm zu ziehen: er wolle die Miethe fuͤr mich mit bezahlen. Der Vorſchlag gefiel mir: ich ſprach mit Semlern daruͤber, und erhielt den Rath, nicht zu ſaͤumen: ich koͤnnte ſodann ſeine Bibliothek beſſer benutzen, und beſſer ſtudiren.
Alſo zog ich zu Anfange des Oktobers vom Waiſenhauſe zum Leide meiner guten Kameraden Poehler und Molweide, mit welchen ich ſehr bruͤderlich gelebt hatte, und bezog Num. 20 im Sem- leriſchen Hauſe.
Ich war auf dem Examen Lehrer der erſten he- braͤiſchen und der zweiten griechiſchen Claſſe gewor-
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Dreizehntes Kapitel.
Meine Wenigkeit von ohngefaͤhr im Bordell ertappt.
Semlers Strafpredigt. Mein Bruder.
Liebelei.
Herr Semler, dem mein bisheriges Betragen ge-
fallen hatte, rieth mir, vom Waiſenhauſe in die
Stadt, und zwar in ſein Haus zu ziehen. Es war
naͤmlich ein gewiſſer Schmitz von Mont-Joie aus
dem Herzogthum Juͤlich von Erlangen nach Halle ge-
kommen. Mit dieſem Herrn Schmitz war ich bekannt
und Freund geworden. Er miethete ſich ein Zim-
mer in Semlers Hauſe, und bath mich, zu ihm zu
ziehen: er wolle die Miethe fuͤr mich mit bezahlen.
Der Vorſchlag gefiel mir: ich ſprach mit Semlern
daruͤber, und erhielt den Rath, nicht zu ſaͤumen:
ich koͤnnte ſodann ſeine Bibliothek beſſer benutzen,
und beſſer ſtudiren.
Alſo zog ich zu Anfange des Oktobers vom
Waiſenhauſe zum Leide meiner guten Kameraden
Poehler und Molweide, mit welchen ich ſehr
bruͤderlich gelebt hatte, und bezog Num. 20 im Sem-
leriſchen Hauſe.
Ich war auf dem Examen Lehrer der erſten he-
braͤiſchen und der zweiten griechiſchen Claſſe gewor-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/154>, abgerufen am 21.11.2024.
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