cerknecht? ich dachte mir hier den Gießer Carcer- knecht, den Cordanus. -- Man antwortete mir nicht: wo ist der verdammte Carcerknecht? schrie ich nochmals: der Kerl soll herkommen, oder der Teu- fel soll ihm in den Magen fahren! Klappenbach kam, und fragte, was ich haben wollte. So, sagte ich, er ist also der Carcerknecht? das nahm Klap- penbach, ein sonst braver Mann, übel, einmal we- gen des Titels und dann, daß ich Er und nicht Sie gesagt hatte. Er machte also seine Remonstranz; doch versprach er zu holen, was wir verlangten: "wir wä- ren ja alle so hübsche Herren: es thue ihm leid, daß wir so ein Malheur gehabt hätten, und was ihm die Stockmeisterische Höflichkeit noch sonst eingab. Ich forderte Schreibzeug, und schrieb dem D. Semler: daß Schmitz und ich aus dem Korbe wären geschleppt worden: daß der Korb ein Hurenhaus wäre, daß wir aber dieses nicht gewußt, sondern ihn für eine ordinä- re Kneipe (caupona) gehalten hätten: daß er auf unsre Befreiung bedacht seyn möchte, u. dgl. -- Eine halbe Stunde nachher kam Herrn Semlers Aufwärter, Feyge, und sagte, daß der Doctor gleich mein Billet nebst einem von seiner Hand an den Prorector abge- schickt hätte. -- Feyge mußte uns allen nun Pro- viant holen, -- Wein, Schnapps und Chokolade: dann fingen wir an, Tarok und lustig zu spielen, und verbrachten die Nacht ohne weitere Grillen.
cerknecht? ich dachte mir hier den Gießer Carcer- knecht, den Cordanus. — Man antwortete mir nicht: wo iſt der verdammte Carcerknecht? ſchrie ich nochmals: der Kerl ſoll herkommen, oder der Teu- fel ſoll ihm in den Magen fahren! Klappenbach kam, und fragte, was ich haben wollte. So, ſagte ich, er iſt alſo der Carcerknecht? das nahm Klap- penbach, ein ſonſt braver Mann, uͤbel, einmal we- gen des Titels und dann, daß ich Er und nicht Sie geſagt hatte. Er machte alſo ſeine Remonſtranz; doch verſprach er zu holen, was wir verlangten: „wir waͤ- ren ja alle ſo huͤbſche Herren: es thue ihm leid, daß wir ſo ein Malheur gehabt haͤtten, und was ihm die Stockmeiſteriſche Hoͤflichkeit noch ſonſt eingab. Ich forderte Schreibzeug, und ſchrieb dem D. Semler: daß Schmitz und ich aus dem Korbe waͤren geſchleppt worden: daß der Korb ein Hurenhaus waͤre, daß wir aber dieſes nicht gewußt, ſondern ihn fuͤr eine ordinaͤ- re Kneipe (caupona) gehalten haͤtten: daß er auf unſre Befreiung bedacht ſeyn moͤchte, u. dgl. — Eine halbe Stunde nachher kam Herrn Semlers Aufwaͤrter, Feyge, und ſagte, daß der Doctor gleich mein Billet nebſt einem von ſeiner Hand an den Prorector abge- ſchickt haͤtte. — Feyge mußte uns allen nun Pro- viant holen, — Wein, Schnapps und Chokolade: dann fingen wir an, Tarok und luſtig zu ſpielen, und verbrachten die Nacht ohne weitere Grillen.
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cerknecht? ich dachte mir hier den Gießer Carcer-
knecht, den Cordanus. — Man antwortete mir
nicht: wo iſt der verdammte Carcerknecht? ſchrie ich
nochmals: der Kerl ſoll herkommen, oder der Teu-
fel ſoll ihm in den Magen fahren! Klappenbach
kam, und fragte, was ich haben wollte. So, ſagte
ich, er iſt alſo der Carcerknecht? das nahm Klap-
penbach, ein ſonſt braver Mann, uͤbel, einmal we-
gen des Titels und dann, daß ich Er und nicht Sie
geſagt hatte. Er machte alſo ſeine Remonſtranz; doch
verſprach er zu holen, was wir verlangten: „wir waͤ-
ren ja alle ſo huͤbſche Herren: es thue ihm leid, daß
wir ſo ein Malheur gehabt haͤtten, und was ihm die
Stockmeiſteriſche Hoͤflichkeit noch ſonſt eingab. Ich
forderte Schreibzeug, und ſchrieb dem D. Semler:
daß Schmitz und ich aus dem Korbe waͤren geſchleppt
worden: daß der Korb ein Hurenhaus waͤre, daß wir
aber dieſes nicht gewußt, ſondern ihn fuͤr eine ordinaͤ-
re Kneipe (caupona) gehalten haͤtten: daß er auf
unſre Befreiung bedacht ſeyn moͤchte, u. dgl. — Eine
halbe Stunde nachher kam Herrn Semlers Aufwaͤrter,
Feyge, und ſagte, daß der Doctor gleich mein Billet
nebſt einem von ſeiner Hand an den Prorector abge-
ſchickt haͤtte. — Feyge mußte uns allen nun Pro-
viant holen, — Wein, Schnapps und Chokolade:
dann fingen wir an, Tarok und luſtig zu ſpielen, und
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/159>, abgerufen am 24.11.2024.
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