Hälfte des Weges entgegen: oft tragen sie sich gar selbst an. Ich will von dieser Behauptung keine Belege anbringen: meine schönen Landsmänninnen möchten mir sonst, wenn ich einige von ihnen na- mentlich nennte und ihren Kommersch beschriebe, ei- nen Injurienprozeß an den Hals werfen, oder mir, wenn mich ja das Schicksal, wie ich doch weder glau- be noch wünsche, wieder nach der Pfalz bringen soll- te, die Augen auskrazzen: denn Pfälzer Mädchen haben Muth wie die Bären: das macht der Wein.
Doch wieder ins Geleis! Ich hatte eine Men- ge Frauenzimmer-Bekanntschaften gemacht, und wo ich hin kam, fand ich so was zum Zeitvertreib. Das waren nun freilich Liebschaften nach der Pfälzer Mo- de, wobei bloße Sinnlichkeit, oft bloße Langeweile ins Spiel kamen; woran aber das Herz wenig An- theil hatte. Bei dergleichen Affären bleibt man so kalt wie Eis: man lügt da was her von Liebe, von Treue, und schwört unveränderliche Anhänglichkeit; aber in einer Stunde kommt man wo sonst hin, und alles wird vergessen! Ich wenigstens kann mich nicht erinnern, daß meine Lorchen, Malchen, Ca- rolinchen, Luischen und andre mich auch nur um eine Viertelstunde Schlaf gebracht hätten. Es galt mir wirklich sehr gleich, ob das Mädchen, mit dem ich umging, konvenabel war, oder nicht. Ein- mal beschäftigte ich gar eine Apothekers Tochter von
Haͤlfte des Weges entgegen: oft tragen ſie ſich gar ſelbſt an. Ich will von dieſer Behauptung keine Belege anbringen: meine ſchoͤnen Landsmaͤnninnen moͤchten mir ſonſt, wenn ich einige von ihnen na- mentlich nennte und ihren Kommerſch beſchriebe, ei- nen Injurienprozeß an den Hals werfen, oder mir, wenn mich ja das Schickſal, wie ich doch weder glau- be noch wuͤnſche, wieder nach der Pfalz bringen ſoll- te, die Augen auskrazzen: denn Pfaͤlzer Maͤdchen haben Muth wie die Baͤren: das macht der Wein.
Doch wieder ins Geleis! Ich hatte eine Men- ge Frauenzimmer-Bekanntſchaften gemacht, und wo ich hin kam, fand ich ſo was zum Zeitvertreib. Das waren nun freilich Liebſchaften nach der Pfaͤlzer Mo- de, wobei bloße Sinnlichkeit, oft bloße Langeweile ins Spiel kamen; woran aber das Herz wenig An- theil hatte. Bei dergleichen Affaͤren bleibt man ſo kalt wie Eis: man luͤgt da was her von Liebe, von Treue, und ſchwoͤrt unveraͤnderliche Anhaͤnglichkeit; aber in einer Stunde kommt man wo ſonſt hin, und alles wird vergeſſen! Ich wenigſtens kann mich nicht erinnern, daß meine Lorchen, Malchen, Ca- rolinchen, Luischen und andre mich auch nur um eine Viertelſtunde Schlaf gebracht haͤtten. Es galt mir wirklich ſehr gleich, ob das Maͤdchen, mit dem ich umging, konvenabel war, oder nicht. Ein- mal beſchaͤftigte ich gar eine Apothekers Tochter von
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Haͤlfte des Weges entgegen: oft tragen ſie ſich gar
ſelbſt an. Ich will von dieſer Behauptung keine
Belege anbringen: meine ſchoͤnen Landsmaͤnninnen
moͤchten mir ſonſt, wenn ich einige von ihnen na-
mentlich nennte und ihren Kommerſch beſchriebe, ei-
nen Injurienprozeß an den Hals werfen, oder mir,
wenn mich ja das Schickſal, wie ich doch weder glau-
be noch wuͤnſche, wieder nach der Pfalz bringen ſoll-
te, die Augen auskrazzen: denn Pfaͤlzer Maͤdchen
haben Muth wie die Baͤren: das macht der Wein.
Doch wieder ins Geleis! Ich hatte eine Men-
ge Frauenzimmer-Bekanntſchaften gemacht, und wo
ich hin kam, fand ich ſo was zum Zeitvertreib. Das
waren nun freilich Liebſchaften nach der Pfaͤlzer Mo-
de, wobei bloße Sinnlichkeit, oft bloße Langeweile
ins Spiel kamen; woran aber das Herz wenig An-
theil hatte. Bei dergleichen Affaͤren bleibt man ſo
kalt wie Eis: man luͤgt da was her von Liebe, von
Treue, und ſchwoͤrt unveraͤnderliche Anhaͤnglichkeit;
aber in einer Stunde kommt man wo ſonſt hin, und
alles wird vergeſſen! Ich wenigſtens kann mich nicht
erinnern, daß meine Lorchen, Malchen, Ca-
rolinchen, Luischen und andre mich auch nur
um eine Viertelſtunde Schlaf gebracht haͤtten. Es
galt mir wirklich ſehr gleich, ob das Maͤdchen, mit
dem ich umging, konvenabel war, oder nicht. Ein-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/16>, abgerufen am 23.11.2024.
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