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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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absichtlich ließ er mich bald darauf mit seiner
Tochter allein.

Einige Minuten war unser Gespräch allgemein:
dann fing das gute Mädchen bittere Klagen über
mich an, und rückte mir meine Vergehungen und
Versündigungen recht eindringlich vor. Ich räumte
alles ein, klagte mich selbst an, und schilderte ihr
meine Lage, die ich freilich selbst verschuldet, ja
schon um sie allein verdient hatte, mit recht grellen
Farben. Mädchen von Theresens Art sind gute Kin-
der! Sie ward jezt weich und fing an zu weinen:
ich -- weinte bald mit, erhielt Vergebung und
hieß wieder lieber Junge, lieber Friz, ward
geduzt und geküßt, und schwam von neuem in lau-
ter -- unverdienter Seligkeit. -- Daß ich verspre-
chen muste, Mittel und Wege aufzufinden, um unse-
re Verbindung bald möglich zu machen, versteht sich
von selbst. Ich muste auch schwören, wenn man
mir ein Mittel von der Art anzeigen würde, ohne
Bedenken einzuwilligen. Ich that alles herzlich
gern, und war froh, daß ich für so viele Sünden
so wenig bestraft wurde!

Der Kapuziner Hermenegildus, mein Pa-
tron, war aus dem Alzeyer Kloster nach Noth-Got-
tes im Rheingau auf dem Provinzialkapitel versezt
worden; also konnte mir dieser mit seinem Mentors-

Zweiter Theil. B

abſichtlich ließ er mich bald darauf mit ſeiner
Tochter allein.

Einige Minuten war unſer Geſpraͤch allgemein:
dann fing das gute Maͤdchen bittere Klagen uͤber
mich an, und ruͤckte mir meine Vergehungen und
Verſuͤndigungen recht eindringlich vor. Ich raͤumte
alles ein, klagte mich ſelbſt an, und ſchilderte ihr
meine Lage, die ich freilich ſelbſt verſchuldet, ja
ſchon um ſie allein verdient hatte, mit recht grellen
Farben. Maͤdchen von Thereſens Art ſind gute Kin-
der! Sie ward jezt weich und fing an zu weinen:
ich — weinte bald mit, erhielt Vergebung und
hieß wieder lieber Junge, lieber Friz, ward
geduzt und gekuͤßt, und ſchwam von neuem in lau-
ter — unverdienter Seligkeit. — Daß ich verſpre-
chen muſte, Mittel und Wege aufzufinden, um unſe-
re Verbindung bald moͤglich zu machen, verſteht ſich
von ſelbſt. Ich muſte auch ſchwoͤren, wenn man
mir ein Mittel von der Art anzeigen wuͤrde, ohne
Bedenken einzuwilligen. Ich that alles herzlich
gern, und war froh, daß ich fuͤr ſo viele Suͤnden
ſo wenig beſtraft wurde!

Der Kapuziner Hermenegildus, mein Pa-
tron, war aus dem Alzeyer Kloſter nach Noth-Got-
tes im Rheingau auf dem Provinzialkapitel verſezt
worden; alſo konnte mir dieſer mit ſeinem Mentors-

Zweiter Theil. B
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[17/0019] abſichtlich ließ er mich bald darauf mit ſeiner Tochter allein. Einige Minuten war unſer Geſpraͤch allgemein: dann fing das gute Maͤdchen bittere Klagen uͤber mich an, und ruͤckte mir meine Vergehungen und Verſuͤndigungen recht eindringlich vor. Ich raͤumte alles ein, klagte mich ſelbſt an, und ſchilderte ihr meine Lage, die ich freilich ſelbſt verſchuldet, ja ſchon um ſie allein verdient hatte, mit recht grellen Farben. Maͤdchen von Thereſens Art ſind gute Kin- der! Sie ward jezt weich und fing an zu weinen: ich — weinte bald mit, erhielt Vergebung und hieß wieder lieber Junge, lieber Friz, ward geduzt und gekuͤßt, und ſchwam von neuem in lau- ter — unverdienter Seligkeit. — Daß ich verſpre- chen muſte, Mittel und Wege aufzufinden, um unſe- re Verbindung bald moͤglich zu machen, verſteht ſich von ſelbſt. Ich muſte auch ſchwoͤren, wenn man mir ein Mittel von der Art anzeigen wuͤrde, ohne Bedenken einzuwilligen. Ich that alles herzlich gern, und war froh, daß ich fuͤr ſo viele Suͤnden ſo wenig beſtraft wurde! Der Kapuziner Hermenegildus, mein Pa- tron, war aus dem Alzeyer Kloſter nach Noth-Got- tes im Rheingau auf dem Provinzialkapitel verſezt worden; alſo konnte mir dieſer mit ſeinem Mentors- Zweiter Theil. B

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/19>, abgerufen am 21.11.2024.