komment nachgelaufen, und so ein vollkommener Bursche, im burschikosesten Sinn geworden. Ueber- haupt scheinen mir die Universitäten gar der Ort nicht zu seyn, wo man feine Sitten lernen könnte. In der Pfalz hatte ich zwar vielerlei Umgang; allein dieser Umgang konnte mich nicht bessern. Die Frauen- zimmer, mit denen ich umging, waren auch nicht dazu geschickt. Mit Thereschen stand ich, wie man schon weis: und da sah das Mädchen nur mich; und alles, was an mir war, gefiel ihr. -- Die an- dern Damen und Mamsellen, mit denen ich umging, freuten sich, nach Art des Pfälzischen Frauenzim- mers, mehr über mein ungezwungenes Benehmen und meine Lustigkeit, als wenn ich noch so sein ge- wesen wäre. -- Jetzt freilich mache ich mir gar nichts mehr daraus: Komplimente und dergleichen Possen schicken sich für einen Soldaten eben so wenig, wie für den Mosellaner Senior in Jena. Aber damals bedaurte ich doch, daß ich nicht besser Komplimente machen und mit Dezenz ein Pfötchen küssen und nicht Stundenlang die Weibleins mit Tändeleien und nichts und wieder nichts unterhalten konnte, und tausend andre Possen nicht verstand, wodurch sich die bessere Lebensart markirt. Denn dieser Mangel zog mir den Namen eines Tölpels und Grobians zu, und versperte mir den Zutritt zu vornehmen Zirkeln wie zur Gunst der Damen. Tanzen konnte ich auch
komment nachgelaufen, und ſo ein vollkommener Burſche, im burſchikoſeſten Sinn geworden. Ueber- haupt ſcheinen mir die Univerſitaͤten gar der Ort nicht zu ſeyn, wo man feine Sitten lernen koͤnnte. In der Pfalz hatte ich zwar vielerlei Umgang; allein dieſer Umgang konnte mich nicht beſſern. Die Frauen- zimmer, mit denen ich umging, waren auch nicht dazu geſchickt. Mit Thereschen ſtand ich, wie man ſchon weis: und da ſah das Maͤdchen nur mich; und alles, was an mir war, gefiel ihr. — Die an- dern Damen und Mamſellen, mit denen ich umging, freuten ſich, nach Art des Pfaͤlziſchen Frauenzim- mers, mehr uͤber mein ungezwungenes Benehmen und meine Luſtigkeit, als wenn ich noch ſo ſein ge- weſen waͤre. — Jetzt freilich mache ich mir gar nichts mehr daraus: Komplimente und dergleichen Poſſen ſchicken ſich fuͤr einen Soldaten eben ſo wenig, wie fuͤr den Moſellaner Senior in Jena. Aber damals bedaurte ich doch, daß ich nicht beſſer Komplimente machen und mit Dezenz ein Pfoͤtchen kuͤſſen und nicht Stundenlang die Weibleins mit Taͤndeleien und nichts und wieder nichts unterhalten konnte, und tauſend andre Poſſen nicht verſtand, wodurch ſich die beſſere Lebensart markirt. Denn dieſer Mangel zog mir den Namen eines Toͤlpels und Grobians zu, und verſperte mir den Zutritt zu vornehmen Zirkeln wie zur Gunſt der Damen. Tanzen konnte ich auch
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komment nachgelaufen, und ſo ein vollkommener
Burſche, im burſchikoſeſten Sinn geworden. Ueber-
haupt ſcheinen mir die Univerſitaͤten gar der Ort
nicht zu ſeyn, wo man feine Sitten lernen koͤnnte.
In der Pfalz hatte ich zwar vielerlei Umgang; allein
dieſer Umgang konnte mich nicht beſſern. Die Frauen-
zimmer, mit denen ich umging, waren auch nicht
dazu geſchickt. Mit Thereschen ſtand ich, wie man
ſchon weis: und da ſah das Maͤdchen nur mich;
und alles, was an mir war, gefiel ihr. — Die an-
dern Damen und Mamſellen, mit denen ich umging,
freuten ſich, nach Art des Pfaͤlziſchen Frauenzim-
mers, mehr uͤber mein ungezwungenes Benehmen
und meine Luſtigkeit, als wenn ich noch ſo ſein ge-
weſen waͤre. — Jetzt freilich mache ich mir gar nichts
mehr daraus: Komplimente und dergleichen Poſſen
ſchicken ſich fuͤr einen Soldaten eben ſo wenig, wie
fuͤr den Moſellaner Senior in Jena. Aber damals
bedaurte ich doch, daß ich nicht beſſer Komplimente
machen und mit Dezenz ein Pfoͤtchen kuͤſſen und
nicht Stundenlang die Weibleins mit Taͤndeleien und
nichts und wieder nichts unterhalten konnte, und
tauſend andre Poſſen nicht verſtand, wodurch ſich
die beſſere Lebensart markirt. Denn dieſer Mangel
zog mir den Namen eines Toͤlpels und Grobians zu,
und verſperte mir den Zutritt zu vornehmen Zirkeln
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/216>, abgerufen am 27.11.2024.
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