Baron: Weil du 'n gescheuter Kerl bist: weil du 'n Freigeist bist: -- weil du scheinst Ehre im Bauch zu haben.
Ich: Ist's denn so unehrlich, wenn man die Religion ändert?
Baron: Allerdings, wenns geschieht, um Geld, Amt, oder 'n Mensch zu bekommen. Pfui! (spuckte aus).
Ich: Aber, Bruder, wenn man glücklich wer- den kann! --
Baron: Ei was! Glücklich kannst du doch werden: brauchst nicht gerade erst einen Lumpen- streich vorzunehmen. Ja wenn du bei'n Lutheranern verfolgt würdest, oder sie dir deine natürliche oder bürgerliche Freiheit widerrechtlich beschränkten, dich drückten, oder dir dein ruhiges Fortkommen unter sich erschwerten: da ließ ichs noch gelten; aber so -- kann ichs unmöglich billigen. Ich bitte dich daher, schweig mir von den Possen still! Und führst du ja so etwas aus, so sag ich dir gerade ins Gesicht: wir sind geschiedne Leute!
Also wars mit Fr... nichts. Ich suchte ihn zwar noch auf andre Gedanken zu bringen; aber er blieb unbeweglich. Mit schwerem Herzen ging ich also wieder nach meiner Station.
Der Pastor Neuner, statt für mich zu agi- ren, fing nun an, gerade entgegengesezte Maaß-
Baron: Weil du 'n geſcheuter Kerl biſt: weil du 'n Freigeiſt biſt: — weil du ſcheinſt Ehre im Bauch zu haben.
Ich: Iſt's denn ſo unehrlich, wenn man die Religion aͤndert?
Baron: Allerdings, wenns geſchieht, um Geld, Amt, oder 'n Menſch zu bekommen. Pfui! (ſpuckte aus).
Ich: Aber, Bruder, wenn man gluͤcklich wer- den kann! —
Baron: Ei was! Gluͤcklich kannſt du doch werden: brauchſt nicht gerade erſt einen Lumpen- ſtreich vorzunehmen. Ja wenn du bei'n Lutheranern verfolgt wuͤrdeſt, oder ſie dir deine natuͤrliche oder buͤrgerliche Freiheit widerrechtlich beſchraͤnkten, dich druͤckten, oder dir dein ruhiges Fortkommen unter ſich erſchwerten: da ließ ichs noch gelten; aber ſo — kann ichs unmoͤglich billigen. Ich bitte dich daher, ſchweig mir von den Poſſen ſtill! Und fuͤhrſt du ja ſo etwas aus, ſo ſag ich dir gerade ins Geſicht: wir ſind geſchiedne Leute!
Alſo wars mit Fr... nichts. Ich ſuchte ihn zwar noch auf andre Gedanken zu bringen; aber er blieb unbeweglich. Mit ſchwerem Herzen ging ich alſo wieder nach meiner Station.
Der Paſtor Neuner, ſtatt fuͤr mich zu agi- ren, fing nun an, gerade entgegengeſezte Maaß-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0023"n="21"/><p><hirendition="#g">Baron</hi>: Weil du 'n geſcheuter Kerl biſt: weil<lb/>
du 'n Freigeiſt biſt: — weil du ſcheinſt Ehre im<lb/>
Bauch zu haben.</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>: Iſt's denn ſo unehrlich, wenn man die<lb/>
Religion aͤndert?</p><lb/><p><hirendition="#g">Baron</hi>: Allerdings, wenns geſchieht, um<lb/>
Geld, Amt, oder 'n Menſch zu bekommen. Pfui!<lb/>
(ſpuckte aus).</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>: Aber, Bruder, wenn man gluͤcklich wer-<lb/>
den kann! —</p><lb/><p><hirendition="#g">Baron</hi>: Ei was! Gluͤcklich kannſt du doch<lb/>
werden: brauchſt nicht gerade erſt einen Lumpen-<lb/>ſtreich vorzunehmen. Ja wenn du bei'n Lutheranern<lb/>
verfolgt wuͤrdeſt, oder ſie dir deine natuͤrliche oder<lb/>
buͤrgerliche Freiheit widerrechtlich beſchraͤnkten, dich<lb/>
druͤckten, oder dir dein ruhiges Fortkommen unter<lb/>ſich erſchwerten: da ließ ichs noch gelten; aber ſo —<lb/>
kann ichs unmoͤglich billigen. Ich bitte dich daher,<lb/>ſchweig mir von den Poſſen ſtill! Und fuͤhrſt du ja<lb/>ſo etwas aus, ſo ſag ich dir gerade ins Geſicht:<lb/>
wir ſind geſchiedne Leute!</p><lb/><p>Alſo wars mit Fr... nichts. Ich ſuchte ihn<lb/>
zwar noch auf andre Gedanken zu bringen; aber er<lb/>
blieb unbeweglich. Mit ſchwerem Herzen ging ich<lb/>
alſo wieder nach meiner Station.</p><lb/><p>Der Paſtor <hirendition="#g">Neuner</hi>, ſtatt fuͤr mich zu agi-<lb/>
ren, fing nun an, gerade entgegengeſezte Maaß-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[21/0023]
Baron: Weil du 'n geſcheuter Kerl biſt: weil
du 'n Freigeiſt biſt: — weil du ſcheinſt Ehre im
Bauch zu haben.
Ich: Iſt's denn ſo unehrlich, wenn man die
Religion aͤndert?
Baron: Allerdings, wenns geſchieht, um
Geld, Amt, oder 'n Menſch zu bekommen. Pfui!
(ſpuckte aus).
Ich: Aber, Bruder, wenn man gluͤcklich wer-
den kann! —
Baron: Ei was! Gluͤcklich kannſt du doch
werden: brauchſt nicht gerade erſt einen Lumpen-
ſtreich vorzunehmen. Ja wenn du bei'n Lutheranern
verfolgt wuͤrdeſt, oder ſie dir deine natuͤrliche oder
buͤrgerliche Freiheit widerrechtlich beſchraͤnkten, dich
druͤckten, oder dir dein ruhiges Fortkommen unter
ſich erſchwerten: da ließ ichs noch gelten; aber ſo —
kann ichs unmoͤglich billigen. Ich bitte dich daher,
ſchweig mir von den Poſſen ſtill! Und fuͤhrſt du ja
ſo etwas aus, ſo ſag ich dir gerade ins Geſicht:
wir ſind geſchiedne Leute!
Alſo wars mit Fr... nichts. Ich ſuchte ihn
zwar noch auf andre Gedanken zu bringen; aber er
blieb unbeweglich. Mit ſchwerem Herzen ging ich
alſo wieder nach meiner Station.
Der Paſtor Neuner, ſtatt fuͤr mich zu agi-
ren, fing nun an, gerade entgegengeſezte Maaß-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/23>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.