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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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das nicht, und ich konnte mich nicht besser rechtfer-
tigen, als wenn ich fleißiger und aufmerksamer ward.
Das ward ich, und Zutzels Klagen von dieser Seite
fielen weg.

Freund Zutzel war gewohnt, mit den Rekruten,
die er übte, umsonst zu frühstücken. Einige Zeit über
ließ ich mir das auch gefallen: allein da er gar anfing
zu fordern, wies ich ihn ab, und trank meinen
Schnapps für mich allein. Das verdroß ihn häßlich.
Da er nun sahe, daß ich oft mit andern Kamera-
den zur Frau Buchin oder auf die Bäckerherberge
ging, so beschrieb er mich dem Hauptmann als einen
Trunkenbold, der täglich in den Kneipen säße, sich
voll söffe, und sich von andern prellen ließe. Der
Hauptmann ließ dieses Vorgeben durch den Feldwe-
bel untersuchen, und da er keine Excesse fand, schwieg
er. Der Feldwebel Wurm rieth mir aber, wenn
ich ausginge, sollte ich nur den Unterofficier nicht
wissen lassen, wohin: der sey ein Kalefaktor r), vor
dem man sich hüten müßte.


r) Kalefaktor heißt bei den Soldaten ein Officier-
Bedienter, der einheitzen und andere Handdienste ver-
richten muß, und zugleich Soldat ist. Dieser Name
wird aber auch denen aus Spott zugelegt, die bei
den Vorgesetzten alles Nachtheilige, was sie von ihren
Cameraden erfahren, anbringen. Daher das Zeitwort
Kal-faktern.

das nicht, und ich konnte mich nicht beſſer rechtfer-
tigen, als wenn ich fleißiger und aufmerkſamer ward.
Das ward ich, und Zutzels Klagen von dieſer Seite
fielen weg.

Freund Zutzel war gewohnt, mit den Rekruten,
die er uͤbte, umſonſt zu fruͤhſtuͤcken. Einige Zeit uͤber
ließ ich mir das auch gefallen: allein da er gar anfing
zu fordern, wies ich ihn ab, und trank meinen
Schnapps fuͤr mich allein. Das verdroß ihn haͤßlich.
Da er nun ſahe, daß ich oft mit andern Kamera-
den zur Frau Buchin oder auf die Baͤckerherberge
ging, ſo beſchrieb er mich dem Hauptmann als einen
Trunkenbold, der taͤglich in den Kneipen ſaͤße, ſich
voll ſoͤffe, und ſich von andern prellen ließe. Der
Hauptmann ließ dieſes Vorgeben durch den Feldwe-
bel unterſuchen, und da er keine Exceſſe fand, ſchwieg
er. Der Feldwebel Wurm rieth mir aber, wenn
ich ausginge, ſollte ich nur den Unterofficier nicht
wiſſen laſſen, wohin: der ſey ein Kalefaktor r), vor
dem man ſich huͤten muͤßte.


r) Kalefaktor heißt bei den Soldaten ein Officier-
Bedienter, der einheitzen und andere Handdienſte ver-
richten muß, und zugleich Soldat iſt. Dieſer Name
wird aber auch denen aus Spott zugelegt, die bei
den Vorgeſetzten alles Nachtheilige, was ſie von ihren
Cameraden erfahren, anbringen. Daher das Zeitwort
Kal-faktern.
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[252[262]/0264] das nicht, und ich konnte mich nicht beſſer rechtfer- tigen, als wenn ich fleißiger und aufmerkſamer ward. Das ward ich, und Zutzels Klagen von dieſer Seite fielen weg. Freund Zutzel war gewohnt, mit den Rekruten, die er uͤbte, umſonſt zu fruͤhſtuͤcken. Einige Zeit uͤber ließ ich mir das auch gefallen: allein da er gar anfing zu fordern, wies ich ihn ab, und trank meinen Schnapps fuͤr mich allein. Das verdroß ihn haͤßlich. Da er nun ſahe, daß ich oft mit andern Kamera- den zur Frau Buchin oder auf die Baͤckerherberge ging, ſo beſchrieb er mich dem Hauptmann als einen Trunkenbold, der taͤglich in den Kneipen ſaͤße, ſich voll ſoͤffe, und ſich von andern prellen ließe. Der Hauptmann ließ dieſes Vorgeben durch den Feldwe- bel unterſuchen, und da er keine Exceſſe fand, ſchwieg er. Der Feldwebel Wurm rieth mir aber, wenn ich ausginge, ſollte ich nur den Unterofficier nicht wiſſen laſſen, wohin: der ſey ein Kalefaktor r), vor dem man ſich huͤten muͤßte. r) Kalefaktor heißt bei den Soldaten ein Officier- Bedienter, der einheitzen und andere Handdienſte ver- richten muß, und zugleich Soldat iſt. Dieſer Name wird aber auch denen aus Spott zugelegt, die bei den Vorgeſetzten alles Nachtheilige, was ſie von ihren Cameraden erfahren, anbringen. Daher das Zeitwort Kal-faktern.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 252[262]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/264>, abgerufen am 24.11.2024.