Er (gesetzt): Weis er was, lieber Lauk- hard, geh er hin, und wenn er in sechs Wochen das Mensch noch will, so soll er sie auf mein Wort haben; aber eher nicht: das ist mein Be- scheid. --
Die Worte meines Hauptmanns, der sonst nicht gewohnt war, übles von Andern zu reden, machten mich aufmerksam, und ich beschloß, Untersuchungen anzustellen, welches ich bisher aus leichtsinniger Ver- blendung unterlassen hatte, Ich nahm daher dann und wann meinen Bartolini mit, und ging her- nach fort, unter dem Vorgeben, daß ich Geschäfte hätte. Bartolini machte sich alsdann an meine soge- nannte Braut; aber die war klug genug, sich mit ihm nicht abzugeben: sie kannte unsre genaue Bekannt- schaft, und fürchtete Verrath. Endlich kam das Manöver herbei, und ich mußte als Freiwächter die letzte Wache vor dem Ausmarsch thun, welche da- mals nur von Freiwächtern oder Stadtbeurlaubten gethan wurde. Ich kam auf die Hauptwache, und zwar ins Stockhaus, wo ich, weil keine Arrestanten da waren, gar nichts zu thun hatte. Abends nach neun Uhr fiel es unserm Junker ein, noch auszuflie- gen, und er bat mich, mitzugehen. Ich ließ mir das gefallen, und wir liefen da und dort hin, und endlich auch in den berüchtigten Puffkeller unterm Rathhaus, wo damals Madam Plank ihre saubere
Er (geſetzt): Weis er was, lieber Lauk- hard, geh er hin, und wenn er in ſechs Wochen das Menſch noch will, ſo ſoll er ſie auf mein Wort haben; aber eher nicht: das iſt mein Be- ſcheid. —
Die Worte meines Hauptmanns, der ſonſt nicht gewohnt war, uͤbles von Andern zu reden, machten mich aufmerkſam, und ich beſchloß, Unterſuchungen anzuſtellen, welches ich bisher aus leichtſinniger Ver- blendung unterlaſſen hatte, Ich nahm daher dann und wann meinen Bartolini mit, und ging her- nach fort, unter dem Vorgeben, daß ich Geſchaͤfte haͤtte. Bartolini machte ſich alsdann an meine ſoge- nannte Braut; aber die war klug genug, ſich mit ihm nicht abzugeben: ſie kannte unſre genaue Bekannt- ſchaft, und fuͤrchtete Verrath. Endlich kam das Manoͤver herbei, und ich mußte als Freiwaͤchter die letzte Wache vor dem Ausmarſch thun, welche da- mals nur von Freiwaͤchtern oder Stadtbeurlaubten gethan wurde. Ich kam auf die Hauptwache, und zwar ins Stockhaus, wo ich, weil keine Arreſtanten da waren, gar nichts zu thun hatte. Abends nach neun Uhr fiel es unſerm Junker ein, noch auszuflie- gen, und er bat mich, mitzugehen. Ich ließ mir das gefallen, und wir liefen da und dort hin, und endlich auch in den beruͤchtigten Puffkeller unterm Rathhaus, wo damals Madam Plank ihre ſaubere
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0319"n="307[317]"/><p>Er (geſetzt): Weis er was, lieber Lauk-<lb/>
hard, geh er hin, und wenn er in ſechs Wochen<lb/>
das Menſch noch will, ſo ſoll er ſie auf mein<lb/>
Wort haben; aber eher nicht: das iſt mein Be-<lb/>ſcheid. —</p><lb/><p>Die Worte meines Hauptmanns, der ſonſt nicht<lb/>
gewohnt war, uͤbles von Andern zu reden, machten<lb/>
mich aufmerkſam, und ich beſchloß, Unterſuchungen<lb/>
anzuſtellen, welches ich bisher aus leichtſinniger Ver-<lb/>
blendung unterlaſſen hatte, Ich nahm daher dann<lb/>
und wann meinen <hirendition="#g">Bartolini</hi> mit, und ging her-<lb/>
nach fort, unter dem Vorgeben, daß ich Geſchaͤfte<lb/>
haͤtte. Bartolini machte ſich alsdann an meine ſoge-<lb/>
nannte Braut; aber die war klug genug, ſich mit ihm<lb/>
nicht abzugeben: ſie kannte unſre genaue Bekannt-<lb/>ſchaft, und fuͤrchtete Verrath. Endlich kam das<lb/>
Manoͤver herbei, und ich mußte als Freiwaͤchter die<lb/>
letzte Wache vor dem Ausmarſch thun, welche da-<lb/>
mals nur von Freiwaͤchtern oder Stadtbeurlaubten<lb/>
gethan wurde. Ich kam auf die Hauptwache, und<lb/>
zwar ins Stockhaus, wo ich, weil keine Arreſtanten<lb/>
da waren, gar nichts zu thun hatte. Abends nach<lb/>
neun Uhr fiel es unſerm Junker ein, noch auszuflie-<lb/>
gen, und er bat mich, mitzugehen. Ich ließ mir<lb/>
das gefallen, und wir liefen da und dort hin, und<lb/>
endlich auch in den beruͤchtigten Puffkeller unterm<lb/>
Rathhaus, wo damals Madam Plank ihre ſaubere<lb/></p></div></body></text></TEI>
[307[317]/0319]
Er (geſetzt): Weis er was, lieber Lauk-
hard, geh er hin, und wenn er in ſechs Wochen
das Menſch noch will, ſo ſoll er ſie auf mein
Wort haben; aber eher nicht: das iſt mein Be-
ſcheid. —
Die Worte meines Hauptmanns, der ſonſt nicht
gewohnt war, uͤbles von Andern zu reden, machten
mich aufmerkſam, und ich beſchloß, Unterſuchungen
anzuſtellen, welches ich bisher aus leichtſinniger Ver-
blendung unterlaſſen hatte, Ich nahm daher dann
und wann meinen Bartolini mit, und ging her-
nach fort, unter dem Vorgeben, daß ich Geſchaͤfte
haͤtte. Bartolini machte ſich alsdann an meine ſoge-
nannte Braut; aber die war klug genug, ſich mit ihm
nicht abzugeben: ſie kannte unſre genaue Bekannt-
ſchaft, und fuͤrchtete Verrath. Endlich kam das
Manoͤver herbei, und ich mußte als Freiwaͤchter die
letzte Wache vor dem Ausmarſch thun, welche da-
mals nur von Freiwaͤchtern oder Stadtbeurlaubten
gethan wurde. Ich kam auf die Hauptwache, und
zwar ins Stockhaus, wo ich, weil keine Arreſtanten
da waren, gar nichts zu thun hatte. Abends nach
neun Uhr fiel es unſerm Junker ein, noch auszuflie-
gen, und er bat mich, mitzugehen. Ich ließ mir
das gefallen, und wir liefen da und dort hin, und
endlich auch in den beruͤchtigten Puffkeller unterm
Rathhaus, wo damals Madam Plank ihre ſaubere
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 307[317]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/319>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.