stehen, der gewiß das strasburgische Anathema über uns wird gesprochen haben.
Unsre Gesellschaften waren meistens französische Officire, womit uns Herr von Gymnich bekannt machte. Dieser Herr von Gymnich ist ein gebohr- ner Mainzer, ein Anverwandter des jetzigen Main- zischen Kommendanten gleiches Namens, ein biede- rer rechtschaffener junger Mann; aber voll Leicht- sinn, und französischer Flatterhaftigkeit. Er stand damals als Lieutenant bei einem Infanterieregimente in Strasburg, Royal Conflant. Die französischen Officire zeichnen sich in allen Stücken sehr vortheil- haft aus. Ich habe einige kennen gelernt, welche es in den Wissenschaften weit gebracht hatten: Ma- thematik, Geschichte, Erdbeschreibung, und Zeichen- kunst sind die gewöhnlichen Kentnisse eines jeden französischen Officiers, ja viele sind gar Meister in einigen dieser Kenntnisse. Der Graf Massineau in Strasburg ist Verfasser einer Schrift über die Mi- nirkunst, welche ihres gleichen sucht: die größten Kenner der Kriegswissenschaften geben ihm dieses Zeugniß. Jeder Officier hat seine Bibliothek, wo- rin man freilich viel leichte Waare, aber doch auch die Werke eines Moliere, Racine, Montesquieu, Voltaire, Rousseau, Boileau, la Fontaine, Helve- tius und andrer großer Männer antrift: und diese Bücher stehen nicht blos auf dem Pulte: sie werden
ſtehen, der gewiß das ſtrasburgiſche Anathema uͤber uns wird geſprochen haben.
Unſre Geſellſchaften waren meiſtens franzoͤſiſche Officire, womit uns Herr von Gymnich bekannt machte. Dieſer Herr von Gymnich iſt ein gebohr- ner Mainzer, ein Anverwandter des jetzigen Main- ziſchen Kommendanten gleiches Namens, ein biede- rer rechtſchaffener junger Mann; aber voll Leicht- ſinn, und franzoͤſiſcher Flatterhaftigkeit. Er ſtand damals als Lieutenant bei einem Infanterieregimente in Strasburg, Royal Conflant. Die franzoͤſiſchen Officire zeichnen ſich in allen Stuͤcken ſehr vortheil- haft aus. Ich habe einige kennen gelernt, welche es in den Wiſſenſchaften weit gebracht hatten: Ma- thematik, Geſchichte, Erdbeſchreibung, und Zeichen- kunſt ſind die gewoͤhnlichen Kentniſſe eines jeden franzoͤſiſchen Officiers, ja viele ſind gar Meiſter in einigen dieſer Kenntniſſe. Der Graf Maſſineau in Strasburg iſt Verfaſſer einer Schrift uͤber die Mi- nirkunſt, welche ihres gleichen ſucht: die groͤßten Kenner der Kriegswiſſenſchaften geben ihm dieſes Zeugniß. Jeder Officier hat ſeine Bibliothek, wo- rin man freilich viel leichte Waare, aber doch auch die Werke eines Moliere, Racine, Montesquieu, Voltaire, Rouſſeau, Boileau, la Fontaine, Helve- tius und andrer großer Maͤnner antrift: und dieſe Buͤcher ſtehen nicht blos auf dem Pulte: ſie werden
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ſtehen, der gewiß das ſtrasburgiſche Anathema uͤber
uns wird geſprochen haben.
Unſre Geſellſchaften waren meiſtens franzoͤſiſche
Officire, womit uns Herr von Gymnich bekannt
machte. Dieſer Herr von Gymnich iſt ein gebohr-
ner Mainzer, ein Anverwandter des jetzigen Main-
ziſchen Kommendanten gleiches Namens, ein biede-
rer rechtſchaffener junger Mann; aber voll Leicht-
ſinn, und franzoͤſiſcher Flatterhaftigkeit. Er ſtand
damals als Lieutenant bei einem Infanterieregimente
in Strasburg, Royal Conflant. Die franzoͤſiſchen
Officire zeichnen ſich in allen Stuͤcken ſehr vortheil-
haft aus. Ich habe einige kennen gelernt, welche
es in den Wiſſenſchaften weit gebracht hatten: Ma-
thematik, Geſchichte, Erdbeſchreibung, und Zeichen-
kunſt ſind die gewoͤhnlichen Kentniſſe eines jeden
franzoͤſiſchen Officiers, ja viele ſind gar Meiſter in
einigen dieſer Kenntniſſe. Der Graf Maſſineau in
Strasburg iſt Verfaſſer einer Schrift uͤber die Mi-
nirkunſt, welche ihres gleichen ſucht: die groͤßten
Kenner der Kriegswiſſenſchaften geben ihm dieſes
Zeugniß. Jeder Officier hat ſeine Bibliothek, wo-
rin man freilich viel leichte Waare, aber doch auch
die Werke eines Moliere, Racine, Montesquieu,
Voltaire, Rouſſeau, Boileau, la Fontaine, Helve-
tius und andrer großer Maͤnner antrift: und dieſe
Buͤcher ſtehen nicht blos auf dem Pulte: ſie werden
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/32>, abgerufen am 21.11.2024.
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