Wie glücklich die leztere dem Herrn Bispink gera- then sey, haben die Göttinger Anzeigen ent- schieden, und es lehrt es der Augenschein in -- des Grafen von Arco Abhandlung über den Einfluß des Handels auf den Geist und die Sitten der Völkerm). Während dieser Arbeit kam ich mehrmahls zu Herrn Bispink: und so lernten wir uns gegenseitig näher kennen, und er fand an mir vielleicht Einiges, das mir seine Ach- tung zuzog.
Ich will den Herrn Bispink hier eben nicht karakterisiren: das würde ihm selbst, als dem Mit- verleger dieser Schrift, am wenigsten lieb seyn. Aber Einiges muß ich doch von ihm sagen, da er so vielen Einfluß auf meine Lage gehabt hat.
Herr Bispink war, wie bekannt ist, vor Zeiten Franziskaner. Wer ihn näher kennt, wird gern glauben, daß das Mönchswesen für seinen Kopf eben so wenig war, als für sein Herz. Durch Hülfe des Selbstgrübelns und des fleißigen Lesens in den Wer- ken der Kirchenväter hatte er sich allmälig seiner Ge- wissensfesseln so weit entledigt, daß er nach und nach anfing, ohne Skrupel protestantische Schriften zu Rathe zu ziehen und die Unfehlbarkeit der Kirche zu bezweifeln. Volle neun ängstliche Jahre soll es ge-
m) Aus dem Italiänischen, mit Anmerkungen, 1788.
Wie gluͤcklich die leztere dem Herrn Bispink gera- then ſey, haben die Goͤttinger Anzeigen ent- ſchieden, und es lehrt es der Augenſchein in — des Grafen von Arco Abhandlung uͤber den Einfluß des Handels auf den Geiſt und die Sitten der Voͤlkerm). Waͤhrend dieſer Arbeit kam ich mehrmahls zu Herrn Bispink: und ſo lernten wir uns gegenſeitig naͤher kennen, und er fand an mir vielleicht Einiges, das mir ſeine Ach- tung zuzog.
Ich will den Herrn Bispink hier eben nicht karakteriſiren: das wuͤrde ihm ſelbſt, als dem Mit- verleger dieſer Schrift, am wenigſten lieb ſeyn. Aber Einiges muß ich doch von ihm ſagen, da er ſo vielen Einfluß auf meine Lage gehabt hat.
Herr Bispink war, wie bekannt iſt, vor Zeiten Franziskaner. Wer ihn naͤher kennt, wird gern glauben, daß das Moͤnchsweſen fuͤr ſeinen Kopf eben ſo wenig war, als fuͤr ſein Herz. Durch Huͤlfe des Selbſtgruͤbelns und des fleißigen Leſens in den Wer- ken der Kirchenvaͤter hatte er ſich allmaͤlig ſeiner Ge- wiſſensfeſſeln ſo weit entledigt, daß er nach und nach anfing, ohne Skrupel proteſtantiſche Schriften zu Rathe zu ziehen und die Unfehlbarkeit der Kirche zu bezweifeln. Volle neun aͤngſtliche Jahre ſoll es ge-
m) Aus dem Italiaͤniſchen, mit Anmerkungen, 1788.
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Wie gluͤcklich die leztere dem Herrn Bispink gera-
then ſey, haben die Goͤttinger Anzeigen ent-
ſchieden, und es lehrt es der Augenſchein in — des
Grafen von Arco Abhandlung uͤber den
Einfluß des Handels auf den Geiſt und
die Sitten der Voͤlker m). Waͤhrend dieſer
Arbeit kam ich mehrmahls zu Herrn Bispink: und
ſo lernten wir uns gegenſeitig naͤher kennen, und er
fand an mir vielleicht Einiges, das mir ſeine Ach-
tung zuzog.
Ich will den Herrn Bispink hier eben nicht
karakteriſiren: das wuͤrde ihm ſelbſt, als dem Mit-
verleger dieſer Schrift, am wenigſten lieb ſeyn. Aber
Einiges muß ich doch von ihm ſagen, da er ſo vielen
Einfluß auf meine Lage gehabt hat.
Herr Bispink war, wie bekannt iſt, vor Zeiten
Franziskaner. Wer ihn naͤher kennt, wird gern
glauben, daß das Moͤnchsweſen fuͤr ſeinen Kopf eben
ſo wenig war, als fuͤr ſein Herz. Durch Huͤlfe des
Selbſtgruͤbelns und des fleißigen Leſens in den Wer-
ken der Kirchenvaͤter hatte er ſich allmaͤlig ſeiner Ge-
wiſſensfeſſeln ſo weit entledigt, daß er nach und nach
anfing, ohne Skrupel proteſtantiſche Schriften zu
Rathe zu ziehen und die Unfehlbarkeit der Kirche zu
bezweifeln. Volle neun aͤngſtliche Jahre ſoll es ge-
m) Aus dem Italiaͤniſchen, mit Anmerkungen, 1788.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 372[374]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/376>, abgerufen am 21.11.2024.
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