Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.Ich besuchte die Talgfabrike, die Tranbulle, y) Es ist aller Orten Mode, daß man den Bordellen
schimpfliche Namen giebt. Das soll noch von einigem guten moralischen Gefühl des Publikums zeugen. Und wer das bedenkt, der wird bei den Namen, blutiger Finger, rothes Läppchen, schwarze Schür- ze, allemal hübsche Reflexionen machen können. Es soll hingegen eine große Verdorbenheit der Sitten an- zeigen, wenn man dergleichen obscure Sachen mit feinen Namen belegt, wenn man z. B. eine Hure ein Freudenmädchen nennt: warum nicht schlechtweg ge- sagt Hure, Hurenhaus? Wer diese Wörter nicht hören kann, verrätht, daß er ein systematischer Wollüstling ist. Doch solche Benennungen sollen den Kindermord befördern helfen. - Ich beſuchte die Talgfabrike, die Tranbulle, y) Es iſt aller Orten Mode, daß man den Bordellen
ſchimpfliche Namen giebt. Das ſoll noch von einigem guten moraliſchen Gefuͤhl des Publikums zeugen. Und wer das bedenkt, der wird bei den Namen, blutiger Finger, rothes Laͤppchen, ſchwarze Schuͤr- ze, allemal huͤbſche Reflexionen machen koͤnnen. Es ſoll hingegen eine große Verdorbenheit der Sitten an- zeigen, wenn man dergleichen obſcure Sachen mit feinen Namen belegt, wenn man z. B. eine Hure ein Freudenmaͤdchen nennt: warum nicht ſchlechtweg ge- ſagt Hure, Hurenhaus? Wer dieſe Woͤrter nicht hoͤren kann, verraͤtht, daß er ein ſyſtematiſcher Wolluͤſtling iſt. Doch ſolche Benennungen ſollen den Kindermord befoͤrdern helfen. – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0422" n="418[420]"/> <p>Ich beſuchte die Talgfabrike, die Tranbulle,<lb/> den zotlichen Jud<gap unit="chars" quantity="1"/> <note place="foot" n="y)">Es iſt aller Orten Mode, daß man den Bordellen<lb/> ſchimpfliche Namen giebt. Das ſoll noch von einigem<lb/> guten moraliſchen Gefuͤhl des Publikums zeugen. Und<lb/> wer das bedenkt, der wird bei den Namen, <hi rendition="#g">blutiger<lb/> Finger</hi>, <hi rendition="#g">rothes Laͤppchen</hi>, <hi rendition="#g">ſchwarze Schuͤr</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ze</hi>, allemal huͤbſche Reflexionen machen koͤnnen. Es<lb/> ſoll hingegen eine große Verdorbenheit der Sitten an-<lb/> zeigen, wenn man dergleichen obſcure Sachen mit<lb/> feinen Namen belegt, wenn man z. B. eine Hure ein<lb/> Freudenmaͤdchen nennt: warum nicht ſchlechtweg ge-<lb/> ſagt Hure, Hurenhaus? Wer dieſe Woͤrter nicht hoͤren<lb/> kann, verraͤtht, daß er ein ſyſtematiſcher Wolluͤſtling<lb/> iſt. Doch ſolche Benennungen ſollen den Kindermord<lb/> befoͤrdern helfen. –</note>, Legers- und Heils-Saal<lb/> und einige andre. Aller Orten wars daſſelbe. Es<lb/> halten ſich gemeiniglich ſechs, acht bis zwoͤlf Nym-<lb/> phen in einer Wirthſchaft auf, meiſt Maͤdchen von<lb/> ganz geringem Stande, welche ehemals von adlichen<lb/> und unadlichen Wolluͤſtlingen verfuͤhrt oder benutzt<lb/> wurden, und hernach, der Arbeit entwoͤhnt, keinen<lb/> andern Weg, ſich zu naͤhren wußten, als den der<lb/> feilen Wolluſt. Einige davon fuͤhlen das Unwuͤr-<lb/> dige ihrer Handthierung, und wuͤnſchen ſich eine<lb/> beſſere Lebensart. So fand ich in der Talgfabrike<lb/> ein Maͤdchen, Namens <hi rendition="#g">Jettchen</hi>, von Schwed,<lb/> welche mir feine Geſichtszuͤge zu haben ſchien, und<lb/> mit der ich mich daher abgab. Sie erzaͤhlte mir ih-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [418[420]/0422]
Ich beſuchte die Talgfabrike, die Tranbulle,
den zotlichen Jud_ y), Legers- und Heils-Saal
und einige andre. Aller Orten wars daſſelbe. Es
halten ſich gemeiniglich ſechs, acht bis zwoͤlf Nym-
phen in einer Wirthſchaft auf, meiſt Maͤdchen von
ganz geringem Stande, welche ehemals von adlichen
und unadlichen Wolluͤſtlingen verfuͤhrt oder benutzt
wurden, und hernach, der Arbeit entwoͤhnt, keinen
andern Weg, ſich zu naͤhren wußten, als den der
feilen Wolluſt. Einige davon fuͤhlen das Unwuͤr-
dige ihrer Handthierung, und wuͤnſchen ſich eine
beſſere Lebensart. So fand ich in der Talgfabrike
ein Maͤdchen, Namens Jettchen, von Schwed,
welche mir feine Geſichtszuͤge zu haben ſchien, und
mit der ich mich daher abgab. Sie erzaͤhlte mir ih-
y) Es iſt aller Orten Mode, daß man den Bordellen
ſchimpfliche Namen giebt. Das ſoll noch von einigem
guten moraliſchen Gefuͤhl des Publikums zeugen. Und
wer das bedenkt, der wird bei den Namen, blutiger
Finger, rothes Laͤppchen, ſchwarze Schuͤr-
ze, allemal huͤbſche Reflexionen machen koͤnnen. Es
ſoll hingegen eine große Verdorbenheit der Sitten an-
zeigen, wenn man dergleichen obſcure Sachen mit
feinen Namen belegt, wenn man z. B. eine Hure ein
Freudenmaͤdchen nennt: warum nicht ſchlechtweg ge-
ſagt Hure, Hurenhaus? Wer dieſe Woͤrter nicht hoͤren
kann, verraͤtht, daß er ein ſyſtematiſcher Wolluͤſtling
iſt. Doch ſolche Benennungen ſollen den Kindermord
befoͤrdern helfen. –
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