Hätte ich nur auch noch das Glück haben kön- nen, mir den Beifall und die Achtung des Herrn D.Semlers durch meine Besserung ganz wieder zu erwerben! Allein der edle Mann, dessen Ver- dienste so lange sich im Segen erhalten werden, als wahre Gelehrsamkeit geschätzt und geehrt seyn wird, und dessen gutes edles Herz die Achtung jedes Tu- gendfreundes verdient, starb im Frühling 1791. Glauben Sie mir, meine Leser, auch ich habe an diesem großen Manne viel, viel verlohren! Er hat es gewiß recht gut mit mir gemeint, hat mich gern retten wollen, und hat meine Kenntnisse be- trächtlich vermehrt. Ich bin ihm also Dank schuldig, und meine Verehrung gegen ihn, wird erst dann aufhören, wenn die feine Modification meiner Seele, die jetzt denken heißt, sich ver- ändern, und in eine andre Form übergehen wird. Daß diese aber länger dauern wird, als die grö- bere Organisation meines Körpers, davon bin ich überzeugt. --
Ich freute mich damals über den Eifer aller unsrer Studenten, dem großen Mann, dieser ho- hen Zierde der hiesigen Universität, ein angemessenes Leichenbegängniß zu verschaffen. Semlers Schat- ten verlangte zwar dergleichen Pomp nicht, aber der Pomp war doch ein Beweis, daß unsre akademi- schen Bürger die Verdienste dieses großen Lehrers
Haͤtte ich nur auch noch das Gluͤck haben koͤn- nen, mir den Beifall und die Achtung des Herrn D.Semlers durch meine Beſſerung ganz wieder zu erwerben! Allein der edle Mann, deſſen Ver- dienſte ſo lange ſich im Segen erhalten werden, als wahre Gelehrſamkeit geſchaͤtzt und geehrt ſeyn wird, und deſſen gutes edles Herz die Achtung jedes Tu- gendfreundes verdient, ſtarb im Fruͤhling 1791. Glauben Sie mir, meine Leſer, auch ich habe an dieſem großen Manne viel, viel verlohren! Er hat es gewiß recht gut mit mir gemeint, hat mich gern retten wollen, und hat meine Kenntniſſe be- traͤchtlich vermehrt. Ich bin ihm alſo Dank ſchuldig, und meine Verehrung gegen ihn, wird erſt dann aufhoͤren, wenn die feine Modification meiner Seele, die jetzt denken heißt, ſich ver- aͤndern, und in eine andre Form uͤbergehen wird. Daß dieſe aber laͤnger dauern wird, als die groͤ- bere Organiſation meines Koͤrpers, davon bin ich uͤberzeugt. —
Ich freute mich damals uͤber den Eifer aller unſrer Studenten, dem großen Mann, dieſer ho- hen Zierde der hieſigen Univerſitaͤt, ein angemeſſenes Leichenbegaͤngniß zu verſchaffen. Semlers Schat- ten verlangte zwar dergleichen Pomp nicht, aber der Pomp war doch ein Beweis, daß unſre akademi- ſchen Buͤrger die Verdienſte dieſes großen Lehrers
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0483"n="479[481]"/><p>Haͤtte ich nur auch noch das Gluͤck haben koͤn-<lb/>
nen, mir den Beifall und die Achtung des Herrn<lb/><hirendition="#aq">D.</hi><hirendition="#g">Semlers</hi> durch meine Beſſerung ganz wieder<lb/>
zu erwerben! Allein der edle Mann, deſſen Ver-<lb/>
dienſte ſo lange ſich im Segen erhalten werden, als<lb/>
wahre Gelehrſamkeit geſchaͤtzt und geehrt ſeyn wird,<lb/>
und deſſen gutes edles Herz die Achtung jedes Tu-<lb/>
gendfreundes verdient, ſtarb im Fruͤhling 1791.<lb/>
Glauben Sie mir, meine Leſer, auch ich habe an<lb/>
dieſem großen Manne viel, viel verlohren! Er hat<lb/>
es gewiß recht gut mit mir gemeint, hat mich gern<lb/>
retten wollen, und hat meine Kenntniſſe be-<lb/>
traͤchtlich vermehrt. Ich bin ihm alſo Dank<lb/>ſchuldig, und meine Verehrung gegen ihn, wird<lb/>
erſt dann aufhoͤren, wenn die feine Modification<lb/>
meiner Seele, die jetzt <hirendition="#g">denken</hi> heißt, ſich ver-<lb/>
aͤndern, und in eine andre Form uͤbergehen wird.<lb/>
Daß dieſe aber laͤnger dauern wird, als die groͤ-<lb/>
bere Organiſation meines Koͤrpers, davon bin ich<lb/>
uͤberzeugt. —</p><lb/><p>Ich freute mich damals uͤber den Eifer aller<lb/>
unſrer Studenten, dem großen Mann, dieſer ho-<lb/>
hen Zierde der hieſigen Univerſitaͤt, ein angemeſſenes<lb/>
Leichenbegaͤngniß zu verſchaffen. <hirendition="#g">Semlers</hi> Schat-<lb/>
ten verlangte zwar dergleichen Pomp nicht, aber der<lb/>
Pomp war doch ein Beweis, daß unſre akademi-<lb/>ſchen Buͤrger die Verdienſte dieſes großen Lehrers<lb/></p></div></body></text></TEI>
[479[481]/0483]
Haͤtte ich nur auch noch das Gluͤck haben koͤn-
nen, mir den Beifall und die Achtung des Herrn
D. Semlers durch meine Beſſerung ganz wieder
zu erwerben! Allein der edle Mann, deſſen Ver-
dienſte ſo lange ſich im Segen erhalten werden, als
wahre Gelehrſamkeit geſchaͤtzt und geehrt ſeyn wird,
und deſſen gutes edles Herz die Achtung jedes Tu-
gendfreundes verdient, ſtarb im Fruͤhling 1791.
Glauben Sie mir, meine Leſer, auch ich habe an
dieſem großen Manne viel, viel verlohren! Er hat
es gewiß recht gut mit mir gemeint, hat mich gern
retten wollen, und hat meine Kenntniſſe be-
traͤchtlich vermehrt. Ich bin ihm alſo Dank
ſchuldig, und meine Verehrung gegen ihn, wird
erſt dann aufhoͤren, wenn die feine Modification
meiner Seele, die jetzt denken heißt, ſich ver-
aͤndern, und in eine andre Form uͤbergehen wird.
Daß dieſe aber laͤnger dauern wird, als die groͤ-
bere Organiſation meines Koͤrpers, davon bin ich
uͤberzeugt. —
Ich freute mich damals uͤber den Eifer aller
unſrer Studenten, dem großen Mann, dieſer ho-
hen Zierde der hieſigen Univerſitaͤt, ein angemeſſenes
Leichenbegaͤngniß zu verſchaffen. Semlers Schat-
ten verlangte zwar dergleichen Pomp nicht, aber der
Pomp war doch ein Beweis, daß unſre akademi-
ſchen Buͤrger die Verdienſte dieſes großen Lehrers
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 479[481]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/483>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.