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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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pern können. Diese Raserei geht so weit, daß Frauen-
zimmer, welche kein Französisch verstehn und doch
den Schein davon haben wollen, viele dergleichen
Wörter und Redensarten in ihre deutsche Sprache
einmischen, und sie jämmerlich verhunzen. "Ich
bin Ihnen oblischirt -- das schenirt mich -- er
trä[t]irt ihn nur ang Bagatel -- o foschiren Sie sich
doch nicht," u. dergl. sind gewöhnliche Phrases der
dortigen Weibsleute, die sie obendrein nicht selten
am unrechten Orte anbringen und dadurch Gelächter
erregen.

Um aber das Französische recht zu lernen, schi-
cken viele Aeltern ihre Töchter in Pension nach Metz,
Strasburg, ja selbst nach Lion und Paris, wo sie
freilich das Französische ziemlich fertig plappern ler-
nen; aber auch einige Sitten mitbringen, die ihnen
gar nicht zur Empfehlung dienen.

Aus eben dieser Absicht hatte auch ein Mainzer
Fräulein, eine Verwandte des Baron von F...
einige Jahre zu Metz in Lotharingen bei den regulir-
ten Augustiner-Canonissinnen zugebracht und sollte
nun wieder abgeholt werden. Dieses hatte ihr Bru-
der und der Baron F... übernommen. Herr von
F... wählte mich zum Reisegefährten und ich ver-
stand mich gern dazu. Das Herumfahren war in
frühern Jahren so meine Sache. Nachher habe ich
eingesehen, wie recht Claudian sagt:


pern koͤnnen. Dieſe Raſerei geht ſo weit, daß Frauen-
zimmer, welche kein Franzoͤſiſch verſtehn und doch
den Schein davon haben wollen, viele dergleichen
Woͤrter und Redensarten in ihre deutſche Sprache
einmiſchen, und ſie jaͤmmerlich verhunzen. „Ich
bin Ihnen obliſchirt — das ſchenirt mich — er
traͤ[t]irt ihn nur ang Bagatel — o foſchiren Sie ſich
doch nicht,“ u. dergl. ſind gewoͤhnliche Phraſes der
dortigen Weibsleute, die ſie obendrein nicht ſelten
am unrechten Orte anbringen und dadurch Gelaͤchter
erregen.

Um aber das Franzoͤſiſche recht zu lernen, ſchi-
cken viele Aeltern ihre Toͤchter in Penſion nach Metz,
Strasburg, ja ſelbſt nach Lion und Paris, wo ſie
freilich das Franzoͤſiſche ziemlich fertig plappern ler-
nen; aber auch einige Sitten mitbringen, die ihnen
gar nicht zur Empfehlung dienen.

Aus eben dieſer Abſicht hatte auch ein Mainzer
Fraͤulein, eine Verwandte des Baron von F...
einige Jahre zu Metz in Lotharingen bei den regulir-
ten Auguſtiner-Canoniſſinnen zugebracht und ſollte
nun wieder abgeholt werden. Dieſes hatte ihr Bru-
der und der Baron F... uͤbernommen. Herr von
F... waͤhlte mich zum Reiſegefaͤhrten und ich ver-
ſtand mich gern dazu. Das Herumfahren war in
fruͤhern Jahren ſo meine Sache. Nachher habe ich
eingeſehen, wie recht Claudian ſagt:


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[57/0059] pern koͤnnen. Dieſe Raſerei geht ſo weit, daß Frauen- zimmer, welche kein Franzoͤſiſch verſtehn und doch den Schein davon haben wollen, viele dergleichen Woͤrter und Redensarten in ihre deutſche Sprache einmiſchen, und ſie jaͤmmerlich verhunzen. „Ich bin Ihnen obliſchirt — das ſchenirt mich — er traͤtirt ihn nur ang Bagatel — o foſchiren Sie ſich doch nicht,“ u. dergl. ſind gewoͤhnliche Phraſes der dortigen Weibsleute, die ſie obendrein nicht ſelten am unrechten Orte anbringen und dadurch Gelaͤchter erregen. Um aber das Franzoͤſiſche recht zu lernen, ſchi- cken viele Aeltern ihre Toͤchter in Penſion nach Metz, Strasburg, ja ſelbſt nach Lion und Paris, wo ſie freilich das Franzoͤſiſche ziemlich fertig plappern ler- nen; aber auch einige Sitten mitbringen, die ihnen gar nicht zur Empfehlung dienen. Aus eben dieſer Abſicht hatte auch ein Mainzer Fraͤulein, eine Verwandte des Baron von F... einige Jahre zu Metz in Lotharingen bei den regulir- ten Auguſtiner-Canoniſſinnen zugebracht und ſollte nun wieder abgeholt werden. Dieſes hatte ihr Bru- der und der Baron F... uͤbernommen. Herr von F... waͤhlte mich zum Reiſegefaͤhrten und ich ver- ſtand mich gern dazu. Das Herumfahren war in fruͤhern Jahren ſo meine Sache. Nachher habe ich eingeſehen, wie recht Claudian ſagt:

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/59>, abgerufen am 21.11.2024.