pern können. Diese Raserei geht so weit, daß Frauen- zimmer, welche kein Französisch verstehn und doch den Schein davon haben wollen, viele dergleichen Wörter und Redensarten in ihre deutsche Sprache einmischen, und sie jämmerlich verhunzen. "Ich bin Ihnen oblischirt -- das schenirt mich -- er trä[t]irt ihn nur ang Bagatel -- o foschiren Sie sich doch nicht," u. dergl. sind gewöhnliche Phrases der dortigen Weibsleute, die sie obendrein nicht selten am unrechten Orte anbringen und dadurch Gelächter erregen.
Um aber das Französische recht zu lernen, schi- cken viele Aeltern ihre Töchter in Pension nach Metz, Strasburg, ja selbst nach Lion und Paris, wo sie freilich das Französische ziemlich fertig plappern ler- nen; aber auch einige Sitten mitbringen, die ihnen gar nicht zur Empfehlung dienen.
Aus eben dieser Absicht hatte auch ein Mainzer Fräulein, eine Verwandte des Baron von F... einige Jahre zu Metz in Lotharingen bei den regulir- ten Augustiner-Canonissinnen zugebracht und sollte nun wieder abgeholt werden. Dieses hatte ihr Bru- der und der Baron F... übernommen. Herr von F... wählte mich zum Reisegefährten und ich ver- stand mich gern dazu. Das Herumfahren war in frühern Jahren so meine Sache. Nachher habe ich eingesehen, wie recht Claudian sagt:
pern koͤnnen. Dieſe Raſerei geht ſo weit, daß Frauen- zimmer, welche kein Franzoͤſiſch verſtehn und doch den Schein davon haben wollen, viele dergleichen Woͤrter und Redensarten in ihre deutſche Sprache einmiſchen, und ſie jaͤmmerlich verhunzen. „Ich bin Ihnen obliſchirt — das ſchenirt mich — er traͤ[t]irt ihn nur ang Bagatel — o foſchiren Sie ſich doch nicht,“ u. dergl. ſind gewoͤhnliche Phraſes der dortigen Weibsleute, die ſie obendrein nicht ſelten am unrechten Orte anbringen und dadurch Gelaͤchter erregen.
Um aber das Franzoͤſiſche recht zu lernen, ſchi- cken viele Aeltern ihre Toͤchter in Penſion nach Metz, Strasburg, ja ſelbſt nach Lion und Paris, wo ſie freilich das Franzoͤſiſche ziemlich fertig plappern ler- nen; aber auch einige Sitten mitbringen, die ihnen gar nicht zur Empfehlung dienen.
Aus eben dieſer Abſicht hatte auch ein Mainzer Fraͤulein, eine Verwandte des Baron von F... einige Jahre zu Metz in Lotharingen bei den regulir- ten Auguſtiner-Canoniſſinnen zugebracht und ſollte nun wieder abgeholt werden. Dieſes hatte ihr Bru- der und der Baron F... uͤbernommen. Herr von F... waͤhlte mich zum Reiſegefaͤhrten und ich ver- ſtand mich gern dazu. Das Herumfahren war in fruͤhern Jahren ſo meine Sache. Nachher habe ich eingeſehen, wie recht Claudian ſagt:
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0059"n="57"/>
pern koͤnnen. Dieſe Raſerei geht ſo weit, daß Frauen-<lb/>
zimmer, welche kein Franzoͤſiſch verſtehn und doch<lb/>
den Schein davon haben wollen, viele dergleichen<lb/>
Woͤrter und Redensarten in ihre deutſche Sprache<lb/>
einmiſchen, und ſie jaͤmmerlich verhunzen. „Ich<lb/>
bin Ihnen obliſchirt — das ſchenirt mich — er<lb/>
traͤ<supplied>t</supplied>irt ihn nur ang Bagatel — o foſchiren Sie ſich<lb/>
doch nicht,“ u. dergl. ſind gewoͤhnliche Phraſes der<lb/>
dortigen Weibsleute, die ſie obendrein nicht ſelten<lb/>
am unrechten Orte anbringen und dadurch Gelaͤchter<lb/>
erregen.</p><lb/><p>Um aber das Franzoͤſiſche recht zu lernen, ſchi-<lb/>
cken viele Aeltern ihre Toͤchter in Penſion nach Metz,<lb/>
Strasburg, ja ſelbſt nach Lion und Paris, wo ſie<lb/>
freilich das Franzoͤſiſche ziemlich fertig plappern ler-<lb/>
nen; aber auch einige Sitten mitbringen, die ihnen<lb/>
gar nicht zur Empfehlung dienen.</p><lb/><p>Aus eben dieſer Abſicht hatte auch ein Mainzer<lb/>
Fraͤulein, eine Verwandte des Baron von F...<lb/>
einige Jahre zu Metz in <choice><sic>Lotharingeu</sic><corr>Lotharingen</corr></choice> bei den regulir-<lb/>
ten Auguſtiner-Canoniſſinnen zugebracht und ſollte<lb/>
nun wieder abgeholt werden. Dieſes hatte ihr Bru-<lb/>
der und der Baron F... uͤbernommen. Herr von<lb/>
F... waͤhlte mich zum Reiſegefaͤhrten und ich ver-<lb/>ſtand mich gern dazu. Das Herumfahren war in<lb/>
fruͤhern Jahren ſo meine Sache. Nachher habe ich<lb/>
eingeſehen, wie recht Claudian ſagt:</p><lb/></div></body></text></TEI>
[57/0059]
pern koͤnnen. Dieſe Raſerei geht ſo weit, daß Frauen-
zimmer, welche kein Franzoͤſiſch verſtehn und doch
den Schein davon haben wollen, viele dergleichen
Woͤrter und Redensarten in ihre deutſche Sprache
einmiſchen, und ſie jaͤmmerlich verhunzen. „Ich
bin Ihnen obliſchirt — das ſchenirt mich — er
traͤtirt ihn nur ang Bagatel — o foſchiren Sie ſich
doch nicht,“ u. dergl. ſind gewoͤhnliche Phraſes der
dortigen Weibsleute, die ſie obendrein nicht ſelten
am unrechten Orte anbringen und dadurch Gelaͤchter
erregen.
Um aber das Franzoͤſiſche recht zu lernen, ſchi-
cken viele Aeltern ihre Toͤchter in Penſion nach Metz,
Strasburg, ja ſelbſt nach Lion und Paris, wo ſie
freilich das Franzoͤſiſche ziemlich fertig plappern ler-
nen; aber auch einige Sitten mitbringen, die ihnen
gar nicht zur Empfehlung dienen.
Aus eben dieſer Abſicht hatte auch ein Mainzer
Fraͤulein, eine Verwandte des Baron von F...
einige Jahre zu Metz in Lotharingen bei den regulir-
ten Auguſtiner-Canoniſſinnen zugebracht und ſollte
nun wieder abgeholt werden. Dieſes hatte ihr Bru-
der und der Baron F... uͤbernommen. Herr von
F... waͤhlte mich zum Reiſegefaͤhrten und ich ver-
ſtand mich gern dazu. Das Herumfahren war in
fruͤhern Jahren ſo meine Sache. Nachher habe ich
eingeſehen, wie recht Claudian ſagt:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/59>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.