Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

schirten vorwärts auf Longwy zu. Auch dieser
Marsch war, wie alle vorhergehende und folgende,
abscheulich.

Das Gewehr, welches unsre Kavalleristen wegge-
worfen hatten, machten sich an diesem Tage die zusam-
mengerotteten Bauren zu Nutze, fielen unsern Nach-
trab an, schossen einen Husaren todt, und nahmen an-
dere noch gefangen. Die Bauren wollten sich wegen
ihrer ausgeplünderten Dörfer, und wegen ihres
geraubten Viehes rächen. Ces matins de prussiens,
riefen sie, payeront de leurs tetes nos vache et nos
oignons;
und damit schossen sie los. Die Arriere-
garde der Preußen kam dadurch in große Unordnung.
So sehr war unser Muth und Ansehn gesunken,
daß elende Lotharinger Bauren uns angreifen und
zerstreuen konnten. Aber die französischen Husaren
befreyten unsre Gefangne aus den Händen ihrer
Bauren, und schickten sie uns zurück. -- Dieser
Umstand ist zwar an sich geringfügig, er dient aber
doch, die traurige Lage zu beweisen, worin sich da-
mals unsere Armee befand. Hätten die Franzosen
uns damals ernstlich angegriffen, als wir im Walde
bey Charillon standen, ich glaube, wir wären
verlohren gewesen.

Daß aber selbst die Franzosen unsere damalige
Lage genau gekannt haben, erhellet aus Folgendem.
Eine Hessische Patrouille wurde von einer Franzö-

ſchirten vorwaͤrts auf Longwy zu. Auch dieſer
Marſch war, wie alle vorhergehende und folgende,
abſcheulich.

Das Gewehr, welches unſre Kavalleriſten wegge-
worfen hatten, machten ſich an dieſem Tage die zuſam-
mengerotteten Bauren zu Nutze, fielen unſern Nach-
trab an, ſchoſſen einen Huſaren todt, und nahmen an-
dere noch gefangen. Die Bauren wollten ſich wegen
ihrer ausgepluͤnderten Doͤrfer, und wegen ihres
geraubten Viehes raͤchen. Ces mâtins de pruſſiens,
riefen ſie, payeront de leurs têtes nos vache et nos
oignons;
und damit ſchoſſen ſie los. Die Arriere-
garde der Preußen kam dadurch in große Unordnung.
So ſehr war unſer Muth und Anſehn geſunken,
daß elende Lotharinger Bauren uns angreifen und
zerſtreuen konnten. Aber die franzoͤſiſchen Huſaren
befreyten unſre Gefangne aus den Haͤnden ihrer
Bauren, und ſchickten ſie uns zuruͤck. — Dieſer
Umſtand iſt zwar an ſich geringfuͤgig, er dient aber
doch, die traurige Lage zu beweiſen, worin ſich da-
mals unſere Armee befand. Haͤtten die Franzoſen
uns damals ernſtlich angegriffen, als wir im Walde
bey Charillon ſtanden, ich glaube, wir waͤren
verlohren geweſen.

Daß aber ſelbſt die Franzoſen unſere damalige
Lage genau gekannt haben, erhellet aus Folgendem.
Eine Heſſiſche Patrouille wurde von einer Franzoͤ-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0220" n="208"/>
&#x017F;chirten vorwa&#x0364;rts auf <hi rendition="#g">Longwy</hi> zu. Auch die&#x017F;er<lb/>
Mar&#x017F;ch war, wie alle vorhergehende und folgende,<lb/>
ab&#x017F;cheulich.</p><lb/>
        <p>Das Gewehr, welches un&#x017F;re Kavalleri&#x017F;ten wegge-<lb/>
worfen hatten, machten &#x017F;ich an die&#x017F;em Tage die zu&#x017F;am-<lb/>
mengerotteten Bauren zu Nutze, fielen un&#x017F;ern Nach-<lb/>
trab an, &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en einen Hu&#x017F;aren todt, und nahmen an-<lb/>
dere noch gefangen. Die Bauren wollten &#x017F;ich wegen<lb/>
ihrer ausgeplu&#x0364;nderten Do&#x0364;rfer, und wegen ihres<lb/>
geraubten Viehes ra&#x0364;chen. <hi rendition="#aq">Ces mâtins de pru&#x017F;&#x017F;iens,</hi><lb/>
riefen &#x017F;ie, <hi rendition="#aq">payeront de leurs têtes nos vache et nos<lb/>
oignons;</hi> und damit &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie los. Die Arriere-<lb/>
garde der Preußen kam dadurch in große Unordnung.<lb/>
So &#x017F;ehr war un&#x017F;er Muth und An&#x017F;ehn ge&#x017F;unken,<lb/>
daß elende Lotharinger Bauren uns angreifen und<lb/>
zer&#x017F;treuen konnten. Aber die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Hu&#x017F;aren<lb/>
befreyten un&#x017F;re Gefangne aus den Ha&#x0364;nden ihrer<lb/>
Bauren, und &#x017F;chickten &#x017F;ie uns zuru&#x0364;ck. &#x2014; Die&#x017F;er<lb/>
Um&#x017F;tand i&#x017F;t zwar an &#x017F;ich geringfu&#x0364;gig, er dient aber<lb/>
doch, die traurige Lage zu bewei&#x017F;en, worin &#x017F;ich da-<lb/>
mals un&#x017F;ere Armee befand. Ha&#x0364;tten die Franzo&#x017F;en<lb/>
uns damals ern&#x017F;tlich angegriffen, als wir im Walde<lb/>
bey <hi rendition="#g">Charillon</hi> &#x017F;tanden, ich glaube, wir wa&#x0364;ren<lb/>
verlohren gewe&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Daß aber &#x017F;elb&#x017F;t die Franzo&#x017F;en un&#x017F;ere damalige<lb/>
Lage genau gekannt haben, erhellet aus Folgendem.<lb/>
Eine He&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Patrouille wurde von einer Franzo&#x0364;-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0220] ſchirten vorwaͤrts auf Longwy zu. Auch dieſer Marſch war, wie alle vorhergehende und folgende, abſcheulich. Das Gewehr, welches unſre Kavalleriſten wegge- worfen hatten, machten ſich an dieſem Tage die zuſam- mengerotteten Bauren zu Nutze, fielen unſern Nach- trab an, ſchoſſen einen Huſaren todt, und nahmen an- dere noch gefangen. Die Bauren wollten ſich wegen ihrer ausgepluͤnderten Doͤrfer, und wegen ihres geraubten Viehes raͤchen. Ces mâtins de pruſſiens, riefen ſie, payeront de leurs têtes nos vache et nos oignons; und damit ſchoſſen ſie los. Die Arriere- garde der Preußen kam dadurch in große Unordnung. So ſehr war unſer Muth und Anſehn geſunken, daß elende Lotharinger Bauren uns angreifen und zerſtreuen konnten. Aber die franzoͤſiſchen Huſaren befreyten unſre Gefangne aus den Haͤnden ihrer Bauren, und ſchickten ſie uns zuruͤck. — Dieſer Umſtand iſt zwar an ſich geringfuͤgig, er dient aber doch, die traurige Lage zu beweiſen, worin ſich da- mals unſere Armee befand. Haͤtten die Franzoſen uns damals ernſtlich angegriffen, als wir im Walde bey Charillon ſtanden, ich glaube, wir waͤren verlohren geweſen. Daß aber ſelbſt die Franzoſen unſere damalige Lage genau gekannt haben, erhellet aus Folgendem. Eine Heſſiſche Patrouille wurde von einer Franzoͤ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/220
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/220>, abgerufen am 16.05.2024.