mußten unsre Offiziere schon schweigen, und die Leute murren und schimpfen lassen nach Belieben.
Bey der östreichschen Armee war es eben nicht besser: da hatten die meisten auch keine Schuhe, und liefen barfuß. Auch die Herren Emigrirten mußten barfuß mit hermpatschen, eben jene große Herren, welchen kurz vorher die Koblenzer, Worm- ser, Bingner und andere Schuster die Schuhe nicht leicht und niedlich genug machen konnten!
Wie die Schuhe, so war auch die ganze übrige Montur: ein Haufen herumziehender Zigeuner sieht eben so reinlich und so ganz aus, als damals wir Preußen. Man besang uns sogar in einem Schimpfliede.
Ich habe oft in deutschen Büchern gelesen, daß die französischen Volontärs oder Sanscülotten, elend seyen gekleidet gewesen: das ist sehr wahr: aber kein Deutscher hätte über den schlechten Auf- zug der fränkischen Volontärs spotten sollen, da die Herren Preußen ja auch zigeunermäßig genug aus Frankreich zogen, und die Herren Oestreicher und Messieurs les Emigres nicht minder. Hierin waren wir ihnen einst ja gleich; aber wann in ih- ren Thaten? Und Thaten machen den Mann; nicht die Kleidung.
Doch es ist Zeit, meine Erzählung fortzusetzen. Also --
mußten unſre Offiziere ſchon ſchweigen, und die Leute murren und ſchimpfen laſſen nach Belieben.
Bey der oͤſtreichſchen Armee war es eben nicht beſſer: da hatten die meiſten auch keine Schuhe, und liefen barfuß. Auch die Herren Emigrirten mußten barfuß mit hermpatſchen, eben jene große Herren, welchen kurz vorher die Koblenzer, Worm- ſer, Bingner und andere Schuſter die Schuhe nicht leicht und niedlich genug machen konnten!
Wie die Schuhe, ſo war auch die ganze uͤbrige Montur: ein Haufen herumziehender Zigeuner ſieht eben ſo reinlich und ſo ganz aus, als damals wir Preußen. Man beſang uns ſogar in einem Schimpfliede.
Ich habe oft in deutſchen Buͤchern geleſen, daß die franzoͤſiſchen Volontaͤrs oder Sanscuͤlotten, elend ſeyen gekleidet geweſen: das iſt ſehr wahr: aber kein Deutſcher haͤtte uͤber den ſchlechten Auf- zug der fraͤnkiſchen Volontaͤrs ſpotten ſollen, da die Herren Preußen ja auch zigeunermaͤßig genug aus Frankreich zogen, und die Herren Oeſtreicher und Meſſieurs les Emigrés nicht minder. Hierin waren wir ihnen einſt ja gleich; aber wann in ih- ren Thaten? Und Thaten machen den Mann; nicht die Kleidung.
Doch es iſt Zeit, meine Erzaͤhlung fortzuſetzen. Alſo —
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mußten unſre Offiziere ſchon ſchweigen, und die
Leute murren und ſchimpfen laſſen nach Belieben.
Bey der oͤſtreichſchen Armee war es eben nicht
beſſer: da hatten die meiſten auch keine Schuhe,
und liefen barfuß. Auch die Herren Emigrirten
mußten barfuß mit hermpatſchen, eben jene große
Herren, welchen kurz vorher die Koblenzer, Worm-
ſer, Bingner und andere Schuſter die Schuhe nicht
leicht und niedlich genug machen konnten!
Wie die Schuhe, ſo war auch die ganze uͤbrige
Montur: ein Haufen herumziehender Zigeuner
ſieht eben ſo reinlich und ſo ganz aus, als damals
wir Preußen. Man beſang uns ſogar in einem
Schimpfliede.
Ich habe oft in deutſchen Buͤchern geleſen, daß
die franzoͤſiſchen Volontaͤrs oder Sanscuͤlotten,
elend ſeyen gekleidet geweſen: das iſt ſehr wahr:
aber kein Deutſcher haͤtte uͤber den ſchlechten Auf-
zug der fraͤnkiſchen Volontaͤrs ſpotten ſollen, da
die Herren Preußen ja auch zigeunermaͤßig genug
aus Frankreich zogen, und die Herren Oeſtreicher
und Meſſieurs les Emigrés nicht minder. Hierin
waren wir ihnen einſt ja gleich; aber wann in ih-
ren Thaten? Und Thaten machen den Mann; nicht
die Kleidung.
Doch es iſt Zeit, meine Erzaͤhlung fortzuſetzen.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/226>, abgerufen am 21.11.2024.
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