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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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schreibern das Lob zugestehen, daß sie große Patrio-
ten sind.

Ich befand mich indessen ganz erträglich im
Flecken Vilbel, gieng einigemal nach Frankfurt,
meine Verwandten und Freunde dort zu besuchen,
und genoß bey diesen Gelegenheiten allemal ein
Vergnügen, welches mir seit meines Abschiedes
aus Halle ganz unbekannt geworden war. Mit
meinem Wirthe in Vilbel hatte ich manches Ge-
spräch, politischen Inhalts, erfuhr aber kein Wort
zum Nachtheil der Franzosen: überhaupt wurde
damals das Betragen derselben allgemein gerühmt.
Sie giengen mit den Landleuten friedlich um, fluch-
ten und schalten nicht, foderten nichts umsonst, und
zahlten alles mit baarem Gelde. Freilich hätten
sie die Herren, die Pfaffen, Edelleute und Fürsten
mitgenommen; aber die meisten Bauren und Bür-
ger waren Vielen von eben diesen Herren schon
lange nicht gut, und freuten sich, daß auch sie
einmal gezüchtiget würden.

Cüstine hatte auf der berühmten Salzsiederey
Nauheim eine sehr große Menge Salz vorgefun-
den, und beschlossen, es zu verkaufen, um durch
dessen Ertrag die französische Republik dafür in
etwas zu entschädigen, daß der Landgraf von Hes-
sen, dem eben dieses Salzwerk gehört, in Frank-
reich miteingefallen war, und sich in die Angele-

ſchreibern das Lob zugeſtehen, daß ſie große Patrio-
ten ſind.

Ich befand mich indeſſen ganz ertraͤglich im
Flecken Vilbel, gieng einigemal nach Frankfurt,
meine Verwandten und Freunde dort zu beſuchen,
und genoß bey dieſen Gelegenheiten allemal ein
Vergnuͤgen, welches mir ſeit meines Abſchiedes
aus Halle ganz unbekannt geworden war. Mit
meinem Wirthe in Vilbel hatte ich manches Ge-
ſpraͤch, politiſchen Inhalts, erfuhr aber kein Wort
zum Nachtheil der Franzoſen: uͤberhaupt wurde
damals das Betragen derſelben allgemein geruͤhmt.
Sie giengen mit den Landleuten friedlich um, fluch-
ten und ſchalten nicht, foderten nichts umſonſt, und
zahlten alles mit baarem Gelde. Freilich haͤtten
ſie die Herren, die Pfaffen, Edelleute und Fuͤrſten
mitgenommen; aber die meiſten Bauren und Buͤr-
ger waren Vielen von eben dieſen Herren ſchon
lange nicht gut, und freuten ſich, daß auch ſie
einmal gezuͤchtiget wuͤrden.

Cuͤſtine hatte auf der beruͤhmten Salzſiederey
Nauheim eine ſehr große Menge Salz vorgefun-
den, und beſchloſſen, es zu verkaufen, um durch
deſſen Ertrag die franzoͤſiſche Republik dafuͤr in
etwas zu entſchaͤdigen, daß der Landgraf von Heſ-
ſen, dem eben dieſes Salzwerk gehoͤrt, in Frank-
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[280/0292] ſchreibern das Lob zugeſtehen, daß ſie große Patrio- ten ſind. Ich befand mich indeſſen ganz ertraͤglich im Flecken Vilbel, gieng einigemal nach Frankfurt, meine Verwandten und Freunde dort zu beſuchen, und genoß bey dieſen Gelegenheiten allemal ein Vergnuͤgen, welches mir ſeit meines Abſchiedes aus Halle ganz unbekannt geworden war. Mit meinem Wirthe in Vilbel hatte ich manches Ge- ſpraͤch, politiſchen Inhalts, erfuhr aber kein Wort zum Nachtheil der Franzoſen: uͤberhaupt wurde damals das Betragen derſelben allgemein geruͤhmt. Sie giengen mit den Landleuten friedlich um, fluch- ten und ſchalten nicht, foderten nichts umſonſt, und zahlten alles mit baarem Gelde. Freilich haͤtten ſie die Herren, die Pfaffen, Edelleute und Fuͤrſten mitgenommen; aber die meiſten Bauren und Buͤr- ger waren Vielen von eben dieſen Herren ſchon lange nicht gut, und freuten ſich, daß auch ſie einmal gezuͤchtiget wuͤrden. Cuͤſtine hatte auf der beruͤhmten Salzſiederey Nauheim eine ſehr große Menge Salz vorgefun- den, und beſchloſſen, es zu verkaufen, um durch deſſen Ertrag die franzoͤſiſche Republik dafuͤr in etwas zu entſchaͤdigen, daß der Landgraf von Heſ- ſen, dem eben dieſes Salzwerk gehoͤrt, in Frank- reich miteingefallen war, und ſich in die Angele-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/292>, abgerufen am 21.11.2024.