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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Ich hatte es der Unterstützung meiner Mitge-
faugnen zu danken, daß ich auf Ehrenbreitstein
kein Opfer des Hungers und der Nacktheit gewor-
den bin: es war kein geringes Stück von Grau-
samkeit, daß man meinem Geschwister aufs schärf-
ste untersagte, mich mit Geld zu unterstützen....
Soviel aber die Pflicht der Selbsterhaltung mir zu
gebieten scheint, andere scheinbar erlaubte Versuche
zu diesem Zwecke zu machen, als da ist -- suppli-
cando
wegen einer Zulage einzukommen, so sehr
würde das wider die nämliche Selbsterhaltung strei-
ten: denn ein durch Herabwürdigung erhaltenes
Leben ist lange nicht von dem Werth, als der Tod,
der der Entehrung trozt.

Nicht ich kann und darf den Wahn bestärken,
als wenn es Menschen gezieme, um Gnade zu
kriechen, und Menschenwürde zum Fußschemel der
Willkühr zu entheiligen da, wo Rechte und Ge-
setze entscheiden sollten. Das Betragen der Tau-
sende und Millionen, die anders handeln, kann
für mich kein geltendes Beyspiel seyn, da ich --
dem Himmel sey's gedankt! -- aus jenen Ver-
hältnissen ausgetreten bin, und nun nach den
Grundsätzen der Menschenwürde handeln muß....

Petersberg, den 27ten Jun, 1794.

Metternich, Französ. Geißel.


Ich hatte es der Unterſtuͤtzung meiner Mitge-
faugnen zu danken, daß ich auf Ehrenbreitſtein
kein Opfer des Hungers und der Nacktheit gewor-
den bin: es war kein geringes Stuͤck von Grau-
ſamkeit, daß man meinem Geſchwiſter aufs ſchaͤrf-
ſte unterſagte, mich mit Geld zu unterſtuͤtzen....
Soviel aber die Pflicht der Selbſterhaltung mir zu
gebieten ſcheint, andere ſcheinbar erlaubte Verſuche
zu dieſem Zwecke zu machen, als da iſt — ſuppli-
cando
wegen einer Zulage einzukommen, ſo ſehr
wuͤrde das wider die naͤmliche Selbſterhaltung ſtrei-
ten: denn ein durch Herabwuͤrdigung erhaltenes
Leben iſt lange nicht von dem Werth, als der Tod,
der der Entehrung trozt.

Nicht ich kann und darf den Wahn beſtaͤrken,
als wenn es Menſchen gezieme, um Gnade zu
kriechen, und Menſchenwuͤrde zum Fußſchemel der
Willkuͤhr zu entheiligen da, wo Rechte und Ge-
ſetze entſcheiden ſollten. Das Betragen der Tau-
ſende und Millionen, die anders handeln, kann
fuͤr mich kein geltendes Beyſpiel ſeyn, da ich —
dem Himmel ſey's gedankt! — aus jenen Ver-
haͤltniſſen ausgetreten bin, und nun nach den
Grundſaͤtzen der Menſchenwuͤrde handeln muß....

Petersberg, den 27ten Jun, 1794.

Metternich, Franzoͤſ. Geißel.


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[416/0428] Ich hatte es der Unterſtuͤtzung meiner Mitge- faugnen zu danken, daß ich auf Ehrenbreitſtein kein Opfer des Hungers und der Nacktheit gewor- den bin: es war kein geringes Stuͤck von Grau- ſamkeit, daß man meinem Geſchwiſter aufs ſchaͤrf- ſte unterſagte, mich mit Geld zu unterſtuͤtzen.... Soviel aber die Pflicht der Selbſterhaltung mir zu gebieten ſcheint, andere ſcheinbar erlaubte Verſuche zu dieſem Zwecke zu machen, als da iſt — ſuppli- cando wegen einer Zulage einzukommen, ſo ſehr wuͤrde das wider die naͤmliche Selbſterhaltung ſtrei- ten: denn ein durch Herabwuͤrdigung erhaltenes Leben iſt lange nicht von dem Werth, als der Tod, der der Entehrung trozt. Nicht ich kann und darf den Wahn beſtaͤrken, als wenn es Menſchen gezieme, um Gnade zu kriechen, und Menſchenwuͤrde zum Fußſchemel der Willkuͤhr zu entheiligen da, wo Rechte und Ge- ſetze entſcheiden ſollten. Das Betragen der Tau- ſende und Millionen, die anders handeln, kann fuͤr mich kein geltendes Beyſpiel ſeyn, da ich — dem Himmel ſey's gedankt! — aus jenen Ver- haͤltniſſen ausgetreten bin, und nun nach den Grundſaͤtzen der Menſchenwuͤrde handeln muß.... Petersberg, den 27ten Jun, 1794. Metternich, Franzoͤſ. Geißel.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/428>, abgerufen am 21.11.2024.