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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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von alten Heiligen-Geschichten, Legenden u. dgl.
und dem Pfarrer misfiel er deswegen, weil einige
vornehme und einsichtsvolle Katholiken, sogar auch
Protestanten, seine Predigten vorzogen. Alles
dieses empfahl mir den Mann noch mehr, und ich
suchte nun seine Bekanntschaft, welche gar leicht
zu machen war, da er alle Tage ins Feld spatzie-
ren geht und ein sehr leutseliger Mann ist. Er
hatte schon vorher von mir gehört, und nahm mich
geradesweges mit auf seine Stube, zeigte mir seine
Bibliothek, und sprach recht vernünftig sowohl über
litterärische Gegenstände, als über die Angelegen-
heiten der Zeit. Er war der erste katholische Geist-
liche, den ich sagen hörte, daß er noch viel Gutes
von der Französischen Revolution auch für die Re-
ligion erwarte. Unter seinen Büchern fand ich
Zollikofers und Spaldings Predigten, auch
Niemeyers Karakteristik, u. dgl.

Um diese Zeit kamen viele Gesandten im Haupt-
quartier zu Edinghofen an, welche aber zum Theil
in Maykammer logirten, weil es an Platz in Eding-
hofen fehlte. -- Die Nähe des Hauptquartiers ist
für die Armee allemal eine fatale Sache. Sie ver-
theuert die Lebensmittel gar sehr, denn wer etwas
zu verkaufen hat, trägt es hin, wo die Leute Geld
genug geben können; und der arme Soldat kann
mit seinem wenigeren Gelde zu Hause bleiben. In

von alten Heiligen-Geſchichten, Legenden u. dgl.
und dem Pfarrer misfiel er deswegen, weil einige
vornehme und einſichtsvolle Katholiken, ſogar auch
Proteſtanten, ſeine Predigten vorzogen. Alles
dieſes empfahl mir den Mann noch mehr, und ich
ſuchte nun ſeine Bekanntſchaft, welche gar leicht
zu machen war, da er alle Tage ins Feld ſpatzie-
ren geht und ein ſehr leutſeliger Mann iſt. Er
hatte ſchon vorher von mir gehoͤrt, und nahm mich
geradesweges mit auf ſeine Stube, zeigte mir ſeine
Bibliothek, und ſprach recht vernuͤnftig ſowohl uͤber
litteraͤriſche Gegenſtaͤnde, als uͤber die Angelegen-
heiten der Zeit. Er war der erſte katholiſche Geiſt-
liche, den ich ſagen hoͤrte, daß er noch viel Gutes
von der Franzoͤſiſchen Revolution auch fuͤr die Re-
ligion erwarte. Unter ſeinen Buͤchern fand ich
Zollikofers und Spaldings Predigten, auch
Niemeyers Karakteriſtik, u. dgl.

Um dieſe Zeit kamen viele Geſandten im Haupt-
quartier zu Edinghofen an, welche aber zum Theil
in Maykammer logirten, weil es an Platz in Eding-
hofen fehlte. — Die Naͤhe des Hauptquartiers iſt
fuͤr die Armee allemal eine fatale Sache. Sie ver-
theuert die Lebensmittel gar ſehr, denn wer etwas
zu verkaufen hat, traͤgt es hin, wo die Leute Geld
genug geben koͤnnen; und der arme Soldat kann
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[442/0454] von alten Heiligen-Geſchichten, Legenden u. dgl. und dem Pfarrer misfiel er deswegen, weil einige vornehme und einſichtsvolle Katholiken, ſogar auch Proteſtanten, ſeine Predigten vorzogen. Alles dieſes empfahl mir den Mann noch mehr, und ich ſuchte nun ſeine Bekanntſchaft, welche gar leicht zu machen war, da er alle Tage ins Feld ſpatzie- ren geht und ein ſehr leutſeliger Mann iſt. Er hatte ſchon vorher von mir gehoͤrt, und nahm mich geradesweges mit auf ſeine Stube, zeigte mir ſeine Bibliothek, und ſprach recht vernuͤnftig ſowohl uͤber litteraͤriſche Gegenſtaͤnde, als uͤber die Angelegen- heiten der Zeit. Er war der erſte katholiſche Geiſt- liche, den ich ſagen hoͤrte, daß er noch viel Gutes von der Franzoͤſiſchen Revolution auch fuͤr die Re- ligion erwarte. Unter ſeinen Buͤchern fand ich Zollikofers und Spaldings Predigten, auch Niemeyers Karakteriſtik, u. dgl. Um dieſe Zeit kamen viele Geſandten im Haupt- quartier zu Edinghofen an, welche aber zum Theil in Maykammer logirten, weil es an Platz in Eding- hofen fehlte. — Die Naͤhe des Hauptquartiers iſt fuͤr die Armee allemal eine fatale Sache. Sie ver- theuert die Lebensmittel gar ſehr, denn wer etwas zu verkaufen hat, traͤgt es hin, wo die Leute Geld genug geben koͤnnen; und der arme Soldat kann mit ſeinem wenigeren Gelde zu Hauſe bleiben. In

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/454>, abgerufen am 22.11.2024.