diejenigen, welche ihre Namen in das Buch der Societe hatten eintragen lassen, alle Monate einen Vorsteher. Dieser Vorsteher mußte bey jedesma- lig[er] Zusammenkunft die Berichte von Allem ab- statten, was in dem ganzen Reiche vorgefallen war, und besonders mußte er die neuen Gesetze und Verordnungen erklären, und seine Meynung darüber sagen. Ohne seine Erlaubniß durfte nie- mand im Klubb reden; wer aber reden wollte, fo- derte das Wort, und er mußte es ihm gestatten.
In dieser Volksversammlung liegt der wahre Keim des Republikanism[us], welcher sich in ganz Frankreich so schnell verbreitet hat. Die Ehrbe- gierde der Präsidenten spornte sie an, sich mit der Lage der Dinge, und besonders mit dem Unter- schiede des Despotismus und der Freyheit bekannt zu machen, und die Neugierde trieb Jung und Alt in die Versammlungen, um sich da erzählen und belehren zu lassen. So voll der Saal in Lan- dau auch beständig war, so war doch alles äußerst still: Alles war auf das, was der jedesmalige Redner vorbrachte, erpicht: sogar die Frauenzim- mer hörten in aller Stille zu, wenn sie gleich sonst, auch bey den rührendsten Auftritten in der Emi- lia Galotti oder in Romeo und Julie kaum eine Minute schweigen können.
diejenigen, welche ihre Namen in das Buch der Société hatten eintragen laſſen, alle Monate einen Vorſteher. Dieſer Vorſteher mußte bey jedesma- lig[er] Zuſammenkunft die Berichte von Allem ab- ſtatten, was in dem ganzen Reiche vorgefallen war, und beſonders mußte er die neuen Geſetze und Verordnungen erklaͤren, und ſeine Meynung daruͤber ſagen. Ohne ſeine Erlaubniß durfte nie- mand im Klubb reden; wer aber reden wollte, fo- derte das Wort, und er mußte es ihm geſtatten.
In dieſer Volksverſammlung liegt der wahre Keim des Republikanism[us], welcher ſich in ganz Frankreich ſo ſchnell verbreitet hat. Die Ehrbe- gierde der Praͤſidenten ſpornte ſie an, ſich mit der Lage der Dinge, und beſonders mit dem Unter- ſchiede des Despotismus und der Freyheit bekannt zu machen, und die Neugierde trieb Jung und Alt in die Verſammlungen, um ſich da erzaͤhlen und belehren zu laſſen. So voll der Saal in Lan- dau auch beſtaͤndig war, ſo war doch alles aͤußerſt ſtill: Alles war auf das, was der jedesmalige Redner vorbrachte, erpicht: ſogar die Frauenzim- mer hoͤrten in aller Stille zu, wenn ſie gleich ſonſt, auch bey den ruͤhrendſten Auftritten in der Emi- lia Galotti oder in Romeo und Julie kaum eine Minute ſchweigen koͤnnen.
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diejenigen, welche ihre Namen in das Buch der
Société hatten eintragen laſſen, alle Monate einen
Vorſteher. Dieſer Vorſteher mußte bey jedesma-
liger Zuſammenkunft die Berichte von Allem ab-
ſtatten, was in dem ganzen Reiche vorgefallen
war, und beſonders mußte er die neuen Geſetze
und Verordnungen erklaͤren, und ſeine Meynung
daruͤber ſagen. Ohne ſeine Erlaubniß durfte nie-
mand im Klubb reden; wer aber reden wollte, fo-
derte das Wort, und er mußte es ihm geſtatten.
In dieſer Volksverſammlung liegt der wahre
Keim des Republikanismus, welcher ſich in ganz
Frankreich ſo ſchnell verbreitet hat. Die Ehrbe-
gierde der Praͤſidenten ſpornte ſie an, ſich mit der
Lage der Dinge, und beſonders mit dem Unter-
ſchiede des Despotismus und der Freyheit bekannt
zu machen, und die Neugierde trieb Jung und
Alt in die Verſammlungen, um ſich da erzaͤhlen
und belehren zu laſſen. So voll der Saal in Lan-
dau auch beſtaͤndig war, ſo war doch alles aͤußerſt
ſtill: Alles war auf das, was der jedesmalige
Redner vorbrachte, erpicht: ſogar die Frauenzim-
mer hoͤrten in aller Stille zu, wenn ſie gleich ſonſt,
auch bey den ruͤhrendſten Auftritten in der Emi-
lia Galotti oder in Romeo und Julie
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/105>, abgerufen am 16.02.2025.
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