Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite
Zehntes Kapitel.

Wie man in Frankreich jezt Hochzeit macht.



Ein Schweizer, welcher von der Legion Mira-
beau desertirt war, und sich in Landau ansäßig
machen, und da sein Handwerk als Ziegeldecker
treiben wollte, heurathete um diese Zeit ein Mäd-
chen aus der Stadt, und ward auf diese Art Bür-
ger. Da aber die Verheurathung in Frankreich
jezt auf eine ganz andre Art abgethan wird, wie
bey uns: so werde ich vielleicht nicht Unrecht thun,
wenn ich meine Leser zu einem richtigen Begriff da-
von verhelfe, zumal, da man in Deutschland hin
und wieder ausgesprengt hat, die Franzosen liefen
jezt zusammen, wie das liebe Vieh, u. s. w.

Als ich zurück aus Frankreich kam, hörte ich zu
meinem größten Erstaunen einen emigrirten deut-
schen katholischen Pfaffen in Offenburg ganz im
Ernste behaupten, daß die Ehen der Franzosen kei-
ne rechte Ehen wären; daß ihre jetzigen Kinder
weiter nichts, als Hurkinder wären; daß der
Bruch eines solchen Konkubinats, eines solchen un-
reinen Bündnisses nicht nur kein Ehebruch, son-
dern ein verdienstliches Werk wäre u. dgl. Aber

Zehntes Kapitel.

Wie man in Frankreich jezt Hochzeit macht.



Ein Schweizer, welcher von der Legion Mira-
beau deſertirt war, und ſich in Landau anſaͤßig
machen, und da ſein Handwerk als Ziegeldecker
treiben wollte, heurathete um dieſe Zeit ein Maͤd-
chen aus der Stadt, und ward auf dieſe Art Buͤr-
ger. Da aber die Verheurathung in Frankreich
jezt auf eine ganz andre Art abgethan wird, wie
bey uns: ſo werde ich vielleicht nicht Unrecht thun,
wenn ich meine Leſer zu einem richtigen Begriff da-
von verhelfe, zumal, da man in Deutſchland hin
und wieder ausgeſprengt hat, die Franzoſen liefen
jezt zuſammen, wie das liebe Vieh, u. ſ. w.

Als ich zuruͤck aus Frankreich kam, hoͤrte ich zu
meinem groͤßten Erſtaunen einen emigrirten deut-
ſchen katholiſchen Pfaffen in Offenburg ganz im
Ernſte behaupten, daß die Ehen der Franzoſen kei-
ne rechte Ehen waͤren; daß ihre jetzigen Kinder
weiter nichts, als Hurkinder waͤren; daß der
Bruch eines ſolchen Konkubinats, eines ſolchen un-
reinen Buͤndniſſes nicht nur kein Ehebruch, ſon-
dern ein verdienſtliches Werk waͤre u. dgl. Aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0138" n="134"/>
      <div n="1">
        <head>Zehntes Kapitel.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Wie man in Frankreich jezt Hochzeit macht</hi>.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>in Schweizer, welcher von der Legion <hi rendition="#g">Mira</hi>-<lb/><hi rendition="#g">beau</hi> de&#x017F;ertirt war, und &#x017F;ich in Landau an&#x017F;a&#x0364;ßig<lb/>
machen, und da &#x017F;ein Handwerk als Ziegeldecker<lb/>
treiben wollte, heurathete um die&#x017F;e Zeit ein Ma&#x0364;d-<lb/>
chen aus der Stadt, und ward auf die&#x017F;e Art Bu&#x0364;r-<lb/>
ger. Da aber die Verheurathung in Frankreich<lb/>
jezt auf eine ganz andre Art abgethan wird, wie<lb/>
bey uns: &#x017F;o werde ich vielleicht nicht Unrecht thun,<lb/>
wenn ich meine Le&#x017F;er zu einem richtigen Begriff da-<lb/>
von verhelfe, zumal, da man in Deut&#x017F;chland hin<lb/>
und wieder ausge&#x017F;prengt hat, die Franzo&#x017F;en liefen<lb/>
jezt zu&#x017F;ammen, wie das liebe Vieh, u. &#x017F;. w.</p><lb/>
        <p>Als ich zuru&#x0364;ck aus Frankreich kam, ho&#x0364;rte ich zu<lb/>
meinem gro&#x0364;ßten Er&#x017F;taunen einen emigrirten deut-<lb/>
&#x017F;chen katholi&#x017F;chen Pfaffen in Offenburg ganz im<lb/>
Ern&#x017F;te behaupten, daß die Ehen der Franzo&#x017F;en kei-<lb/>
ne rechte Ehen wa&#x0364;ren; daß ihre jetzigen Kinder<lb/>
weiter nichts, als Hurkinder wa&#x0364;ren; daß der<lb/>
Bruch eines &#x017F;olchen Konkubinats, eines &#x017F;olchen un-<lb/>
reinen Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;es nicht nur kein Ehebruch, &#x017F;on-<lb/>
dern ein verdien&#x017F;tliches Werk wa&#x0364;re u. dgl. Aber<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0138] Zehntes Kapitel. Wie man in Frankreich jezt Hochzeit macht. Ein Schweizer, welcher von der Legion Mira- beau deſertirt war, und ſich in Landau anſaͤßig machen, und da ſein Handwerk als Ziegeldecker treiben wollte, heurathete um dieſe Zeit ein Maͤd- chen aus der Stadt, und ward auf dieſe Art Buͤr- ger. Da aber die Verheurathung in Frankreich jezt auf eine ganz andre Art abgethan wird, wie bey uns: ſo werde ich vielleicht nicht Unrecht thun, wenn ich meine Leſer zu einem richtigen Begriff da- von verhelfe, zumal, da man in Deutſchland hin und wieder ausgeſprengt hat, die Franzoſen liefen jezt zuſammen, wie das liebe Vieh, u. ſ. w. Als ich zuruͤck aus Frankreich kam, hoͤrte ich zu meinem groͤßten Erſtaunen einen emigrirten deut- ſchen katholiſchen Pfaffen in Offenburg ganz im Ernſte behaupten, daß die Ehen der Franzoſen kei- ne rechte Ehen waͤren; daß ihre jetzigen Kinder weiter nichts, als Hurkinder waͤren; daß der Bruch eines ſolchen Konkubinats, eines ſolchen un- reinen Buͤndniſſes nicht nur kein Ehebruch, ſon- dern ein verdienſtliches Werk waͤre u. dgl. Aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/138
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/138>, abgerufen am 24.11.2024.