So nämlich stellen Schneiders Feinde die Sa- che vor; aber gewiß übertrieben: die Zeit wird alles aufklären. Schneider hat freilich große Fehler begangen: ob er aber auch jene scheusliche Ungerechtigkeit, jene bestialische Grausamkeiten verübt habe, läßt sich, nach den Berichten der Elsasser, noch nicht ausmachen: die Gährung ist dort noch zu groß, und darum ist ein unpartheyi- sches Urtheil über einen solchen Mann von dieser Seite noch immer nicht zu erwarten.
Die Schneiderische Geschichte giebt aber die Regel: daß ein Ausländer auf einem Posten, wo viel gehässige Thätigkeit und viel Vorsicht nöthig ist, selten sein Glück auf eine dauerhafte Art ma- che. Die öffentlichen Ankläger in Frankreich, die während des Terrorismus im Gange waren, sind nachher beynahe alle gestürzt worden: Selbst Fou- quier Tinville in Paris, der so Viele zur Guillotine befördert hatte, mußte endlich selbst hinaufsteigen. Diese Leute gleichen den Ruthen, die man ins Feuer wirft, wenn man sie genug gebraucht hat. Uebrigens glaube ich, daß die Begebenheiten und Schicksale des unglücklichen, Schneiders einen guten Stoff zu einer lesenswerthen und lehrreichen Biographie geben könnten, wenn ein Mann von Einsicht und Weltkenntniß sie in Arbeit nähme.
So naͤmlich ſtellen Schneiders Feinde die Sa- che vor; aber gewiß uͤbertrieben: die Zeit wird alles aufklaͤren. Schneider hat freilich große Fehler begangen: ob er aber auch jene ſcheusliche Ungerechtigkeit, jene beſtialiſche Grauſamkeiten veruͤbt habe, laͤßt ſich, nach den Berichten der Elſaſſer, noch nicht ausmachen: die Gaͤhrung iſt dort noch zu groß, und darum iſt ein unpartheyi- ſches Urtheil uͤber einen ſolchen Mann von dieſer Seite noch immer nicht zu erwarten.
Die Schneideriſche Geſchichte giebt aber die Regel: daß ein Auslaͤnder auf einem Poſten, wo viel gehaͤſſige Thaͤtigkeit und viel Vorſicht noͤthig iſt, ſelten ſein Gluͤck auf eine dauerhafte Art ma- che. Die oͤffentlichen Anklaͤger in Frankreich, die waͤhrend des Terrorismus im Gange waren, ſind nachher beynahe alle geſtuͤrzt worden: Selbſt Fou- quier Tinville in Paris, der ſo Viele zur Guillotine befoͤrdert hatte, mußte endlich ſelbſt hinaufſteigen. Dieſe Leute gleichen den Ruthen, die man ins Feuer wirft, wenn man ſie genug gebraucht hat. Uebrigens glaube ich, daß die Begebenheiten und Schickſale des ungluͤcklichen, Schneiders einen guten Stoff zu einer leſenswerthen und lehrreichen Biographie geben koͤnnten, wenn ein Mann von Einſicht und Weltkenntniß ſie in Arbeit naͤhme.
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So naͤmlich ſtellen Schneiders Feinde die Sa-
che vor; aber gewiß uͤbertrieben: die Zeit wird
alles aufklaͤren. Schneider hat freilich große
Fehler begangen: ob er aber auch jene ſcheusliche
Ungerechtigkeit, jene beſtialiſche Grauſamkeiten
veruͤbt habe, laͤßt ſich, nach den Berichten der
Elſaſſer, noch nicht ausmachen: die Gaͤhrung iſt
dort noch zu groß, und darum iſt ein unpartheyi-
ſches Urtheil uͤber einen ſolchen Mann von dieſer
Seite noch immer nicht zu erwarten.
Die Schneideriſche Geſchichte giebt aber die
Regel: daß ein Auslaͤnder auf einem Poſten, wo
viel gehaͤſſige Thaͤtigkeit und viel Vorſicht noͤthig
iſt, ſelten ſein Gluͤck auf eine dauerhafte Art ma-
che. Die oͤffentlichen Anklaͤger in Frankreich, die
waͤhrend des Terrorismus im Gange waren, ſind
nachher beynahe alle geſtuͤrzt worden: Selbſt Fou-
quier Tinville in Paris, der ſo Viele zur Guillotine
befoͤrdert hatte, mußte endlich ſelbſt hinaufſteigen.
Dieſe Leute gleichen den Ruthen, die man ins
Feuer wirft, wenn man ſie genug gebraucht hat.
Uebrigens glaube ich, daß die Begebenheiten und
Schickſale des ungluͤcklichen, Schneiders einen
guten Stoff zu einer leſenswerthen und lehrreichen
Biographie geben koͤnnten, wenn ein Mann von
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/204>, abgerufen am 23.11.2024.
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