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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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schichte dieses Departements, wo der scheuslichste
aller bürgerlichen Kriege geführt ist, einmal in
einem helleren Lichte erscheinen wird, dann erst
wird man mit Entsetzen einsehen:


Quantum relligio potuit suadere malorum!
war man äußerst zurückhaltend in Ergreifung strenger Maaß-
regeln: Man suchte in einer unrechten Mäßigung Ruhm:
Man gab denen, die nothwendig Gegenrevolutionärs seyn
mußten, und an denen, der Natur der Dinge gemäß, schnelle
Gerechtigkeit hätte ausgeübt werden sollen, alle Leichtigkeit
zu entfliehen. Nachsicht und Menschenliebe waren an der
Ordnung des Tages. Man verlangte, die Revolution sollte
durch Flugschriften zu Stande kommen: Man errichtete unter
dem Namen eines hohen National-Gerichtshofes ein Revolu-
tionstribunal, allein nur um der Form willen, und unter
der ausdrucklichen Bedingung: daß es keinen Menschen strafen
sollte. Es war blos ein Scheininstitut: denn während es
große Beyspiele der Strenge anzukündigen schien, berath-
schlagte man, ob die Todesstrafe nicht abgeschafft werden sollte."
"Sollte man nicht mit Wahrscheinlichkeit die Vermuthung
wagen dürfen: diese unkluge Nachsicht der ersten Zeiten habe
den jungst verflossenen jenen Abgrund von Drangsalen, Grau-
samkeiten, Ungerechtigkeiten und Verfolgungen zugezogen?
Sie habe die Mäßigung in solchen Miskredit gebracht, daß
sie für gegenrevolutionär angesehen ward?" -- --
"Die Philosophie hätte das ohne Zerstörung, wie die
Natur, allmälig bewirken können, was wir durch Gewalt
erhalten haben; allein dazu hätte sie einiger hundert Jahre
bedurft, und wir hatten nicht Zeit zu warten. Es ist mithin
klar, daß die Philosophie, weit entfernt, uns zu einer ge-
waltsamen Revolution vorzubereiten, vielmehr mit aller Kraft
ihrer Grundsätze uns davon entfernte; und daß vielleicht nie
irgend ein Volk eine Revolution mit weniger revolutionären
Anlagen unternommen hat: Denn wahrhaftig, nichts konnte
weniger revolutionär oder insurrektionsmäßig seyn, als die
schönen Grundsätze von Menschlichkeit, Menschenliebe und
Aufopferung, die man damals predigte und übte. Indeß
mußte die Revolution entweder nicht zu Stande kommen,
oder sie mußte nothwendig gewaltsam bewirkt werden." --

ſchichte dieſes Departements, wo der ſcheuslichſte
aller buͤrgerlichen Kriege gefuͤhrt iſt, einmal in
einem helleren Lichte erſcheinen wird, dann erſt
wird man mit Entſetzen einſehen:


Quantum relligio potuit ſuadere malorum!
war man äußerſt zurückhaltend in Ergreifung ſtrenger Maaß-
regeln: Man ſuchte in einer unrechten Mäßigung Ruhm:
Man gab denen, die nothwendig Gegenrevolutionärs ſeyn
mußten, und an denen, der Natur der Dinge gemäß, ſchnelle
Gerechtigkeit hätte ausgeübt werden ſollen, alle Leichtigkeit
zu entfliehen. Nachſicht und Menſchenliebe waren an der
Ordnung des Tages. Man verlangte, die Revolution ſollte
durch Flugſchriften zu Stande kommen: Man errichtete unter
dem Namen eines hohen National-Gerichtshofes ein Revolu-
tionstribunal, allein nur um der Form willen, und unter
der ausdrucklichen Bedingung: daß es keinen Menſchen ſtrafen
ſollte. Es war blos ein Scheininſtitut: denn während es
große Beyſpiele der Strenge anzukündigen ſchien, berath-
ſchlagte man, ob die Todesſtrafe nicht abgeſchafft werden ſollte.“
„Sollte man nicht mit Wahrſcheinlichkeit die Vermuthung
wagen dürfen: dieſe unkluge Nachſicht der erſten Zeiten habe
den jungſt verfloſſenen jenen Abgrund von Drangſalen, Grau-
ſamkeiten, Ungerechtigkeiten und Verfolgungen zugezogen?
Sie habe die Mäßigung in ſolchen Miskredit gebracht, daß
ſie für gegenrevolutionär angeſehen ward?“ — —
„Die Philoſophie hätte das ohne Zerſtörung, wie die
Natur, allmälig bewirken können, was wir durch Gewalt
erhalten haben; allein dazu hätte ſie einiger hundert Jahre
bedurft, und wir hatten nicht Zeit zu warten. Es iſt mithin
klar, daß die Philoſophie, weit entfernt, uns zu einer ge-
waltſamen Revolution vorzubereiten, vielmehr mit aller Kraft
ihrer Grundſätze uns davon entfernte; und daß vielleicht nie
irgend ein Volk eine Revolution mit weniger revolutionären
Anlagen unternommen hat: Denn wahrhaftig, nichts konnte
weniger revolutionär oder inſurrektionsmäßig ſeyn, als die
ſchönen Grundſätze von Menſchlichkeit, Menſchenliebe und
Aufopferung, die man damals predigte und übte. Indeß
mußte die Revolution entweder nicht zu Stande kommen,
oder ſie mußte nothwendig gewaltſam bewirkt werden.“ —
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[255/0259] ſchichte dieſes Departements, wo der ſcheuslichſte aller buͤrgerlichen Kriege gefuͤhrt iſt, einmal in einem helleren Lichte erſcheinen wird, dann erſt wird man mit Entſetzen einſehen: Quantum relligio potuit ſuadere malorum! *) *) war man äußerſt zurückhaltend in Ergreifung ſtrenger Maaß- regeln: Man ſuchte in einer unrechten Mäßigung Ruhm: Man gab denen, die nothwendig Gegenrevolutionärs ſeyn mußten, und an denen, der Natur der Dinge gemäß, ſchnelle Gerechtigkeit hätte ausgeübt werden ſollen, alle Leichtigkeit zu entfliehen. Nachſicht und Menſchenliebe waren an der Ordnung des Tages. Man verlangte, die Revolution ſollte durch Flugſchriften zu Stande kommen: Man errichtete unter dem Namen eines hohen National-Gerichtshofes ein Revolu- tionstribunal, allein nur um der Form willen, und unter der ausdrucklichen Bedingung: daß es keinen Menſchen ſtrafen ſollte. Es war blos ein Scheininſtitut: denn während es große Beyſpiele der Strenge anzukündigen ſchien, berath- ſchlagte man, ob die Todesſtrafe nicht abgeſchafft werden ſollte.“ „Sollte man nicht mit Wahrſcheinlichkeit die Vermuthung wagen dürfen: dieſe unkluge Nachſicht der erſten Zeiten habe den jungſt verfloſſenen jenen Abgrund von Drangſalen, Grau- ſamkeiten, Ungerechtigkeiten und Verfolgungen zugezogen? Sie habe die Mäßigung in ſolchen Miskredit gebracht, daß ſie für gegenrevolutionär angeſehen ward?“ — — „Die Philoſophie hätte das ohne Zerſtörung, wie die Natur, allmälig bewirken können, was wir durch Gewalt erhalten haben; allein dazu hätte ſie einiger hundert Jahre bedurft, und wir hatten nicht Zeit zu warten. Es iſt mithin klar, daß die Philoſophie, weit entfernt, uns zu einer ge- waltſamen Revolution vorzubereiten, vielmehr mit aller Kraft ihrer Grundſätze uns davon entfernte; und daß vielleicht nie irgend ein Volk eine Revolution mit weniger revolutionären Anlagen unternommen hat: Denn wahrhaftig, nichts konnte weniger revolutionär oder inſurrektionsmäßig ſeyn, als die ſchönen Grundſätze von Menſchlichkeit, Menſchenliebe und Aufopferung, die man damals predigte und übte. Indeß mußte die Revolution entweder nicht zu Stande kommen, oder ſie mußte nothwendig gewaltſam bewirkt werden.“ —

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/259>, abgerufen am 21.11.2024.