Laporte hatte Mühe, die Ruhe unter ihnen her- zustellen. Er ritt selbst in die Stadt und versicherte die Bürgerschaft, daß diese Einquartierung ganz und gar keine Execution sey, und daß diese Trup- pen kaum drey Tage da bleiben würden. Auf diese Versicherung empfingen uns die Bürger mit Freu- dengeschrey, und unser Trupp kam in ein Kloster zu liegen.
Das sind doch verfluchte Kerls, die Vienuer, sagten die Ohnehosen: fouttre, man muß ihre Ge- sinnungen untersuchen! In dieser Absicht zerstreu- ten sich nun fast alle in der Stadt hin und wieder, liefen in die Häuser, und bekamen überall, wo sie einkehrten, vollauf zu trinken, so daß endlich der ganze Trupp so ziemlich benebelt gegen Abend in das Kloster zurück kam. Hier gestanden sie denn, daß die Einwohner der guten Stadt Vien- ne rechtschaffne Citoyens, gute Patrioten und gute Jungens wären.
Wir blieben nur eine Nacht in Vienne: denn am andern Tage wurden wir beordert, abzugehen, und die Straße nach Grenoble zu nehmen. Alle Ohnehosen steckten die Köpfe zusammen, und frag- ten sich, was das wohl zu bedeuten habe? Aber selbst die Offiziere, welche wir bey uns hatten, wußten keine Auskunft. Wir erhielten auf zwey Tage Brod, und nun Marsch aus dem alten Vieune
Laporte hatte Muͤhe, die Ruhe unter ihnen her- zuſtellen. Er ritt ſelbſt in die Stadt und verſicherte die Buͤrgerſchaft, daß dieſe Einquartierung ganz und gar keine Execution ſey, und daß dieſe Trup- pen kaum drey Tage da bleiben wuͤrden. Auf dieſe Verſicherung empfingen uns die Buͤrger mit Freu- dengeſchrey, und unſer Trupp kam in ein Kloſter zu liegen.
Das ſind doch verfluchte Kerls, die Vienuer, ſagten die Ohnehoſen: fouttre, man muß ihre Ge- ſinnungen unterſuchen! In dieſer Abſicht zerſtreu- ten ſich nun faſt alle in der Stadt hin und wieder, liefen in die Haͤuſer, und bekamen uͤberall, wo ſie einkehrten, vollauf zu trinken, ſo daß endlich der ganze Trupp ſo ziemlich benebelt gegen Abend in das Kloſter zuruͤck kam. Hier geſtanden ſie denn, daß die Einwohner der guten Stadt Vien- ne rechtſchaffne Citoyens, gute Patrioten und gute Jungens waͤren.
Wir blieben nur eine Nacht in Vienne: denn am andern Tage wurden wir beordert, abzugehen, und die Straße nach Grenoble zu nehmen. Alle Ohnehoſen ſteckten die Koͤpfe zuſammen, und frag- ten ſich, was das wohl zu bedeuten habe? Aber ſelbſt die Offiziere, welche wir bey uns hatten, wußten keine Auskunft. Wir erhielten auf zwey Tage Brod, und nun Marſch aus dem alten Vieune
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Laporte hatte Muͤhe, die Ruhe unter ihnen her-
zuſtellen. Er ritt ſelbſt in die Stadt und verſicherte
die Buͤrgerſchaft, daß dieſe Einquartierung ganz
und gar keine Execution ſey, und daß dieſe Trup-
pen kaum drey Tage da bleiben wuͤrden. Auf dieſe
Verſicherung empfingen uns die Buͤrger mit Freu-
dengeſchrey, und unſer Trupp kam in ein Kloſter
zu liegen.
Das ſind doch verfluchte Kerls, die Vienuer,
ſagten die Ohnehoſen: fouttre, man muß ihre Ge-
ſinnungen unterſuchen! In dieſer Abſicht zerſtreu-
ten ſich nun faſt alle in der Stadt hin und wieder,
liefen in die Haͤuſer, und bekamen uͤberall, wo ſie
einkehrten, vollauf zu trinken, ſo daß endlich der
ganze Trupp ſo ziemlich benebelt gegen Abend in
das Kloſter zuruͤck kam. Hier geſtanden ſie
denn, daß die Einwohner der guten Stadt Vien-
ne rechtſchaffne Citoyens, gute Patrioten und
gute Jungens waͤren.
Wir blieben nur eine Nacht in Vienne: denn
am andern Tage wurden wir beordert, abzugehen,
und die Straße nach Grenoble zu nehmen. Alle
Ohnehoſen ſteckten die Koͤpfe zuſammen, und frag-
ten ſich, was das wohl zu bedeuten habe? Aber ſelbſt
die Offiziere, welche wir bey uns hatten, wußten
keine Auskunft. Wir erhielten auf zwey Tage
Brod, und nun Marſch aus dem alten Vieune
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/379>, abgerufen am 22.11.2024.
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