Youttre: Es ist doch Schade, daß Gratian ein Kaiser war! So ein braver Mann hätte Volksre- präsentant werden sollen! -- Der rohe Ohnehose sah die Kaiserwürde, als eine Last an, die er für den redlichen Mann unwürdig hielt. --
Bey der vorigen Bemerkung dacht ich zugleich an das vortreffliche Buch des gelehrten und weisen Abrahams Teller, Valentinian der Erste betitelt. Blos ein eudämonianischer Di- stelkopf, ein intoleranter, dominikanisch-gesinnter Pfaffe, ein theologischer Schulfuchs oder ein Vor- steher solcher Institute, die den Aberglauben zum Grunde haben, ein Pastor Rindvigius, ein Herr von Göchhausen zu Eisenach und andre dieses Ge- lichters können einen Theodosius den Großen, ei- nen Justinianus und andere schätzen, wegen ihrer Befehle gegen die Ketzer: aber jeder brave, einsich- tige Mann wird die Religions-Intoleranz allemal eben so, wie die politische Tyranney widerrechtlich, grausam und abscheulich finden, und ihr, so viel er kann, die Spitze biethen. -- Ich segnete Hn. Teller und trat mit meinen Ohnehosen ein in Grenoble.
Der Etapier versicherte uns, daß er kein Brod in Vorrath habe, und erst gegen Abend einiges lie- fern könne: es sey ein großer Trupp Ohnehosen eben erst von da nach den Alpen gezogen, und so
Youttre: Es iſt doch Schade, daß Gratian ein Kaiſer war! So ein braver Mann haͤtte Volksre- praͤſentant werden ſollen! — Der rohe Ohnehoſe ſah die Kaiſerwuͤrde, als eine Laſt an, die er fuͤr den redlichen Mann unwuͤrdig hielt. —
Bey der vorigen Bemerkung dacht ich zugleich an das vortreffliche Buch des gelehrten und weiſen Abrahams Teller, Valentinian der Erſte betitelt. Blos ein eudaͤmonianiſcher Di- ſtelkopf, ein intoleranter, dominikaniſch-geſinnter Pfaffe, ein theologiſcher Schulfuchs oder ein Vor- ſteher ſolcher Inſtitute, die den Aberglauben zum Grunde haben, ein Paſtor Rindvigius, ein Herr von Goͤchhauſen zu Eiſenach und andre dieſes Ge- lichters koͤnnen einen Theodoſius den Großen, ei- nen Juſtinianus und andere ſchaͤtzen, wegen ihrer Befehle gegen die Ketzer: aber jeder brave, einſich- tige Mann wird die Religions-Intoleranz allemal eben ſo, wie die politiſche Tyranney widerrechtlich, grauſam und abſcheulich finden, und ihr, ſo viel er kann, die Spitze biethen. — Ich ſegnete Hn. Teller und trat mit meinen Ohnehoſen ein in Grenoble.
Der Etapier verſicherte uns, daß er kein Brod in Vorrath habe, und erſt gegen Abend einiges lie- fern koͤnne: es ſey ein großer Trupp Ohnehoſen eben erſt von da nach den Alpen gezogen, und ſo
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Youttre: Es iſt doch Schade, daß Gratian ein
Kaiſer war! So ein braver Mann haͤtte Volksre-
praͤſentant werden ſollen! — Der rohe Ohnehoſe
ſah die Kaiſerwuͤrde, als eine Laſt an, die er fuͤr
den redlichen Mann unwuͤrdig hielt. —
Bey der vorigen Bemerkung dacht ich zugleich
an das vortreffliche Buch des gelehrten und weiſen
Abrahams Teller, Valentinian der
Erſte betitelt. Blos ein eudaͤmonianiſcher Di-
ſtelkopf, ein intoleranter, dominikaniſch-geſinnter
Pfaffe, ein theologiſcher Schulfuchs oder ein Vor-
ſteher ſolcher Inſtitute, die den Aberglauben zum
Grunde haben, ein Paſtor Rindvigius, ein Herr
von Goͤchhauſen zu Eiſenach und andre dieſes Ge-
lichters koͤnnen einen Theodoſius den Großen, ei-
nen Juſtinianus und andere ſchaͤtzen, wegen ihrer
Befehle gegen die Ketzer: aber jeder brave, einſich-
tige Mann wird die Religions-Intoleranz allemal
eben ſo, wie die politiſche Tyranney widerrechtlich,
grauſam und abſcheulich finden, und ihr, ſo viel
er kann, die Spitze biethen. — Ich ſegnete Hn.
Teller und trat mit meinen Ohnehoſen ein in
Grenoble.
Der Etapier verſicherte uns, daß er kein Brod
in Vorrath habe, und erſt gegen Abend einiges lie-
fern koͤnne: es ſey ein großer Trupp Ohnehoſen
eben erſt von da nach den Alpen gezogen, und ſo
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/382>, abgerufen am 22.11.2024.
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