Aber zum Ersatz dafür besaß auch diese Karthaus beynahe alles gute Land, alle Wiesen, Weinberge u. s. w. auf einige Stunden im Umkraise. -- Weil es nicht wahrscheinlich ist, daß jemand auf den ein- samen Gebürgen dort die Karthaus in Zukunft be- wohnen werde, und weil die Nation die Kosten des Abreißens wohl niemals daran wenden mögte: so wird dieses weitläufige Gebäude noch viele Jahr- hunderte hindurch dem Reisenden ein Dokument des Aberglaubens und der ascetischen Nachteulerey bleiben.
Unter den Städten in Frankreich giebt es sehr wenige, worin bey der gewaltsamen Revolution nicht Blut geflossen wäre: und zu diesen wenigen gehört Grenoble. Es steht oder stand zwar da- mals eine Guillotine auf dem Markte, aber sie war -- welches den Einwohnern dieser guten Stadt wahrlich Ehre macht -- noch nicht gebraucht wor- den.
Die Grenobler schienen mir überhaupt durchaus gutmüthige Leute zu seyn, wenigstens nahmen sie uns alle recht freundlich auf, und theilten uns das Ihrige mit, ohne daß wir sie darum ansprachen.
Wir wurden auch hier in ein Kloster einquar- tiert, wo unsre Ohnehosen beynahe eine Feuersbrunst erregt hätten. Wir hatten nämlich frisches Lager- stroh erhalten, und das alte, worauf, wer weiß,
Aber zum Erſatz dafuͤr beſaß auch dieſe Karthaus beynahe alles gute Land, alle Wieſen, Weinberge u. ſ. w. auf einige Stunden im Umkraiſe. — Weil es nicht wahrſcheinlich iſt, daß jemand auf den ein- ſamen Gebuͤrgen dort die Karthaus in Zukunft be- wohnen werde, und weil die Nation die Koſten des Abreißens wohl niemals daran wenden moͤgte: ſo wird dieſes weitlaͤufige Gebaͤude noch viele Jahr- hunderte hindurch dem Reiſenden ein Dokument des Aberglaubens und der aſcetiſchen Nachteulerey bleiben.
Unter den Staͤdten in Frankreich giebt es ſehr wenige, worin bey der gewaltſamen Revolution nicht Blut gefloſſen waͤre: und zu dieſen wenigen gehoͤrt Grenoble. Es ſteht oder ſtand zwar da- mals eine Guillotine auf dem Markte, aber ſie war — welches den Einwohnern dieſer guten Stadt wahrlich Ehre macht — noch nicht gebraucht wor- den.
Die Grenobler ſchienen mir uͤberhaupt durchaus gutmuͤthige Leute zu ſeyn, wenigſtens nahmen ſie uns alle recht freundlich auf, und theilten uns das Ihrige mit, ohne daß wir ſie darum anſprachen.
Wir wurden auch hier in ein Kloſter einquar- tiert, wo unſre Ohnehoſen beynahe eine Feuersbrunſt erregt haͤtten. Wir hatten naͤmlich friſches Lager- ſtroh erhalten, und das alte, worauf, wer weiß,
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Aber zum Erſatz dafuͤr beſaß auch dieſe Karthaus
beynahe alles gute Land, alle Wieſen, Weinberge
u. ſ. w. auf einige Stunden im Umkraiſe. — Weil
es nicht wahrſcheinlich iſt, daß jemand auf den ein-
ſamen Gebuͤrgen dort die Karthaus in Zukunft be-
wohnen werde, und weil die Nation die Koſten des
Abreißens wohl niemals daran wenden moͤgte: ſo
wird dieſes weitlaͤufige Gebaͤude noch viele Jahr-
hunderte hindurch dem Reiſenden ein Dokument
des Aberglaubens und der aſcetiſchen Nachteulerey
bleiben.
Unter den Staͤdten in Frankreich giebt es ſehr
wenige, worin bey der gewaltſamen Revolution
nicht Blut gefloſſen waͤre: und zu dieſen wenigen
gehoͤrt Grenoble. Es ſteht oder ſtand zwar da-
mals eine Guillotine auf dem Markte, aber ſie
war — welches den Einwohnern dieſer guten Stadt
wahrlich Ehre macht — noch nicht gebraucht wor-
den.
Die Grenobler ſchienen mir uͤberhaupt durchaus
gutmuͤthige Leute zu ſeyn, wenigſtens nahmen ſie
uns alle recht freundlich auf, und theilten uns das
Ihrige mit, ohne daß wir ſie darum anſprachen.
Wir wurden auch hier in ein Kloſter einquar-
tiert, wo unſre Ohnehoſen beynahe eine Feuersbrunſt
erregt haͤtten. Wir hatten naͤmlich friſches Lager-
ſtroh erhalten, und das alte, worauf, wer weiß,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/384>, abgerufen am 22.11.2024.
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