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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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um das Vertrauen der Franzosen in vollem Maße
zu genießen. Besonders waren die beliebt, welche
in Fabriken, Werkstätten, oder auf dem Felde ar-
beiteten, und sich dadurch nützlich zu machen such-
ten.

Es ist aber grundfalsch, was in einigen deut-
schen Zeitungen gestanden hat, daß man die De-
serteurs in Frankreich zu den allerniedrigsten Arbei-
ten anhalte, und sie auf alle Art mishandle. Diese
Nachrichten sind wahrscheinlich verbreitet worden,
um das Ausreißen bey den deutschen Armeen zu
verhindern. Aber zur Steuer der Wahrheit muß
ich bekennen, daß kein Deserteur angehalten wurde,
irgend etwas zu arbeiten, wenn er selbst nicht wollte,
noch weniger, daß man sie, wie in den deutschen
Zeitungen erzählt wurde, zur Reinigung der Ab-
tritte und zum Gassenkehren gezwungen, mit Stock-
schlägen traktirt, oder sonst mishandelt habe. Das
alles ist grundfalsch, uns der Quelle würdig, wor-
aus es geflossen ist.

Es war allerdings von den Franzosen übereilt,
daß sie den feindlichen Ueberläufern so große Vor-
theile zusagten, oder man müßte die Voraussetzung
bey ihnen annehmen, daß diese große und feierliche
Zusage die feindlichen Armeen durch Desertion auf-
lösen und schwächen und sie dadurch bald zum Frie-
den bequemen würde, und daß die Nation alsdann

um das Vertrauen der Franzoſen in vollem Maße
zu genießen. Beſonders waren die beliebt, welche
in Fabriken, Werkſtaͤtten, oder auf dem Felde ar-
beiteten, und ſich dadurch nuͤtzlich zu machen ſuch-
ten.

Es iſt aber grundfalſch, was in einigen deut-
ſchen Zeitungen geſtanden hat, daß man die De-
ſerteurs in Frankreich zu den allerniedrigſten Arbei-
ten anhalte, und ſie auf alle Art mishandle. Dieſe
Nachrichten ſind wahrſcheinlich verbreitet worden,
um das Ausreißen bey den deutſchen Armeen zu
verhindern. Aber zur Steuer der Wahrheit muß
ich bekennen, daß kein Deſerteur angehalten wurde,
irgend etwas zu arbeiten, wenn er ſelbſt nicht wollte,
noch weniger, daß man ſie, wie in den deutſchen
Zeitungen erzaͤhlt wurde, zur Reinigung der Ab-
tritte und zum Gaſſenkehren gezwungen, mit Stock-
ſchlaͤgen traktirt, oder ſonſt mishandelt habe. Das
alles iſt grundfalſch, uns der Quelle wuͤrdig, wor-
aus es gefloſſen iſt.

Es war allerdings von den Franzoſen uͤbereilt,
daß ſie den feindlichen Ueberlaͤufern ſo große Vor-
theile zuſagten, oder man muͤßte die Vorausſetzung
bey ihnen annehmen, daß dieſe große und feierliche
Zuſage die feindlichen Armeen durch Deſertion auf-
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[415/0419] um das Vertrauen der Franzoſen in vollem Maße zu genießen. Beſonders waren die beliebt, welche in Fabriken, Werkſtaͤtten, oder auf dem Felde ar- beiteten, und ſich dadurch nuͤtzlich zu machen ſuch- ten. Es iſt aber grundfalſch, was in einigen deut- ſchen Zeitungen geſtanden hat, daß man die De- ſerteurs in Frankreich zu den allerniedrigſten Arbei- ten anhalte, und ſie auf alle Art mishandle. Dieſe Nachrichten ſind wahrſcheinlich verbreitet worden, um das Ausreißen bey den deutſchen Armeen zu verhindern. Aber zur Steuer der Wahrheit muß ich bekennen, daß kein Deſerteur angehalten wurde, irgend etwas zu arbeiten, wenn er ſelbſt nicht wollte, noch weniger, daß man ſie, wie in den deutſchen Zeitungen erzaͤhlt wurde, zur Reinigung der Ab- tritte und zum Gaſſenkehren gezwungen, mit Stock- ſchlaͤgen traktirt, oder ſonſt mishandelt habe. Das alles iſt grundfalſch, uns der Quelle wuͤrdig, wor- aus es gefloſſen iſt. Es war allerdings von den Franzoſen uͤbereilt, daß ſie den feindlichen Ueberlaͤufern ſo große Vor- theile zuſagten, oder man muͤßte die Vorausſetzung bey ihnen annehmen, daß dieſe große und feierliche Zuſage die feindlichen Armeen durch Deſertion auf- loͤſen und ſchwaͤchen und ſie dadurch bald zum Frie- den bequemen wuͤrde, und daß die Nation alsdann

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/419>, abgerufen am 22.11.2024.