ber aufgesezt. Wenn alles vorgebracht ist, was zur Sache gehört, nimmt der Präsident den Auf- satz des Schreibers, und ließt ihn den Partheyen sowohl, als den Beysitzern vor. Erstere werden befragt, ob noch etwas zu erinnern sey. Wenn sie es verneinen, so wird den Richtern vom Präsi- denten ein Vortrag gemacht, worin er ihnen die ganze Lage der Rechtssache erklärt. Nun wird, um Bestechungen vorzubeugen, geloset, und drey von den zwölf Beysitzern werden Richter in der Sache. Diese nehmen die hieher gehörigen Gesetze vor, bestimmen ihren Sinn, und sprechen das Ur- theil auf der Stelle, welches sofort vom Schreiber aufgezeichnet, und den Partheyen eingehändigt wird; und damit ist die Streitsache hier ent- schieden.
Sollten die Partheyen glauben, daß man ihnen Unrecht thue, so können sie aufs Departements- Gericht, und von da an den Konvent (Chambre de cassation) gehen: das alles steht ihnen frey, und kostet nichts, als die Zeit, die sie versäumen. Aber sehr selten geht ein Proceß durch mehr als eine In- stanz, und äußer[st] [wen]ige kommen nach Paris; denn man ist in den höh[ern] Instanzen eben nicht gewohnt, den niederen zu widersprechen und andre Sprüche zu fällen, als schon den G[e]se[tz]en gemäß gefällt waren.
ber aufgeſezt. Wenn alles vorgebracht iſt, was zur Sache gehoͤrt, nimmt der Praͤſident den Auf- ſatz des Schreibers, und ließt ihn den Partheyen ſowohl, als den Beyſitzern vor. Erſtere werden befragt, ob noch etwas zu erinnern ſey. Wenn ſie es verneinen, ſo wird den Richtern vom Praͤſi- denten ein Vortrag gemacht, worin er ihnen die ganze Lage der Rechtsſache erklaͤrt. Nun wird, um Beſtechungen vorzubeugen, geloſet, und drey von den zwoͤlf Beyſitzern werden Richter in der Sache. Dieſe nehmen die hieher gehoͤrigen Geſetze vor, beſtimmen ihren Sinn, und ſprechen das Ur- theil auf der Stelle, welches ſofort vom Schreiber aufgezeichnet, und den Partheyen eingehaͤndigt wird; und damit iſt die Streitſache hier ent- ſchieden.
Sollten die Partheyen glauben, daß man ihnen Unrecht thue, ſo koͤnnen ſie aufs Departements- Gericht, und von da an den Konvent (Chambre de caſſation) gehen: das alles ſteht ihnen frey, und koſtet nichts, als die Zeit, die ſie verſaͤumen. Aber ſehr ſelten geht ein Proceß durch mehr als eine In- ſtanz, und aͤußer[ſt] [wen]ige kommen nach Paris; denn man iſt in den hoͤh[ern] Inſtanzen eben nicht gewohnt, den niederen zu widerſprechen und andre Spruͤche zu faͤllen, als ſchon den G[e]ſe[tz]en gemaͤß gefaͤllt waren.
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ber aufgeſezt. Wenn alles vorgebracht iſt, was
zur Sache gehoͤrt, nimmt der Praͤſident den Auf-
ſatz des Schreibers, und ließt ihn den Partheyen
ſowohl, als den Beyſitzern vor. Erſtere werden
befragt, ob noch etwas zu erinnern ſey. Wenn
ſie es verneinen, ſo wird den Richtern vom Praͤſi-
denten ein Vortrag gemacht, worin er ihnen die
ganze Lage der Rechtsſache erklaͤrt. Nun wird,
um Beſtechungen vorzubeugen, geloſet, und drey
von den zwoͤlf Beyſitzern werden Richter in der
Sache. Dieſe nehmen die hieher gehoͤrigen Geſetze
vor, beſtimmen ihren Sinn, und ſprechen das Ur-
theil auf der Stelle, welches ſofort vom Schreiber
aufgezeichnet, und den Partheyen eingehaͤndigt
wird; und damit iſt die Streitſache hier ent-
ſchieden.
Sollten die Partheyen glauben, daß man ihnen
Unrecht thue, ſo koͤnnen ſie aufs Departements-
Gericht, und von da an den Konvent (Chambre
de caſſation) gehen: das alles ſteht ihnen frey, und
koſtet nichts, als die Zeit, die ſie verſaͤumen. Aber
ſehr ſelten geht ein Proceß durch mehr als eine In-
ſtanz, und aͤußerſt wenige kommen nach Paris;
denn man iſt in den hoͤhern Inſtanzen eben nicht
gewohnt, den niederen zu widerſprechen und andre
Spruͤche zu faͤllen, als ſchon den Geſetzen gemaͤß
gefaͤllt waren.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/488>, abgerufen am 22.11.2024.
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