Um diese Zeit änderte er denselben, und nannte sich Maurice Leonor. Er wollte, wie er sagte, die Namen eines alten und dummen Hahnreys, und einer jungen jüdischen Hure nicht weiterhin führen *). Im Lamm zu Landau erzählte man mir diese Schnurre; und ich nahm mich -- nicht sowohl um die Jungferschaft der Maria zu retten: denn an dieser liegt mir, unter uns gesagt, eben so wenig, als dem Papst SixtusV. an der Jungferschaft der Königin Elisabeth lag **)! -- sondern um den Lamm-Mamsellen zu hofiren, welche sich über diese Aeußerung zu entrüsten schienen, -- des Jungfern-Blümchens der armen Marie an, wie auch der gehörnten Stirn des lieben Josephs, und suchte darzuthun, daß man den guten Leutchen zu nahe träte. Nun aber ging auch das Gespötte erst recht und allgemein los, und ich merkte, daß ich in einer Gesellschaft von Leuten war, vor de- nen jeder Kirchen-Christ ein Kreuz schlagen muß. Alles was kirchlich heilig heißt, wurde spöttisch
*) Zürnen Sie nicht, meine frommen Leser, daß ich diese, und weiterhin ähnliche Ausdrücke wiederhole! Eine Schrift, worin Beyträge zur neuern französischen Geschichte vorkommen, kann ohne dergleichen nicht bleiben. Berichteten doch auch die Evan- gelisten die Lästerungen der Juden auf Christum.
**)Virginem esse, parum curo; esse vero reginam Angliae -- doleo.
Um dieſe Zeit aͤnderte er denſelben, und nannte ſich Maurice Leonor. Er wollte, wie er ſagte, die Namen eines alten und dummen Hahnreys, und einer jungen juͤdiſchen Hure nicht weiterhin fuͤhren *). Im Lamm zu Landau erzaͤhlte man mir dieſe Schnurre; und ich nahm mich — nicht ſowohl um die Jungferſchaft der Maria zu retten: denn an dieſer liegt mir, unter uns geſagt, eben ſo wenig, als dem Papſt SixtusV. an der Jungferſchaft der Koͤnigin Eliſabeth lag **)! — ſondern um den Lamm-Mamſellen zu hofiren, welche ſich uͤber dieſe Aeußerung zu entruͤſten ſchienen, — des Jungfern-Bluͤmchens der armen Marie an, wie auch der gehoͤrnten Stirn des lieben Joſephs, und ſuchte darzuthun, daß man den guten Leutchen zu nahe traͤte. Nun aber ging auch das Geſpoͤtte erſt recht und allgemein los, und ich merkte, daß ich in einer Geſellſchaft von Leuten war, vor de- nen jeder Kirchen-Chriſt ein Kreuz ſchlagen muß. Alles was kirchlich heilig heißt, wurde ſpoͤttiſch
*) Zürnen Sie nicht, meine frommen Leſer, daß ich dieſe, und weiterhin ähnliche Ausdrücke wiederhole! Eine Schrift, worin Beyträge zur neuern franzöſiſchen Geſchichte vorkommen, kann ohne dergleichen nicht bleiben. Berichteten doch auch die Evan- geliſten die Läſterungen der Juden auf Chriſtum.
**)Virginem eſſe, parum curo; eſſe vero reginam Angliae — doleo.
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Um dieſe Zeit aͤnderte er denſelben, und nannte ſich
Maurice Leonor. Er wollte, wie er ſagte, die
Namen eines alten und dummen Hahnreys, und
einer jungen juͤdiſchen Hure nicht weiterhin fuͤhren *).
Im Lamm zu Landau erzaͤhlte man mir dieſe
Schnurre; und ich nahm mich — nicht ſowohl um
die Jungferſchaft der Maria zu retten: denn an
dieſer liegt mir, unter uns geſagt, eben ſo wenig,
als dem Papſt Sixtus V. an der Jungferſchaft
der Koͤnigin Eliſabeth lag **)! — ſondern um
den Lamm-Mamſellen zu hofiren, welche ſich
uͤber dieſe Aeußerung zu entruͤſten ſchienen, — des
Jungfern-Bluͤmchens der armen Marie an,
wie auch der gehoͤrnten Stirn des lieben Joſephs,
und ſuchte darzuthun, daß man den guten Leutchen
zu nahe traͤte. Nun aber ging auch das Geſpoͤtte
erſt recht und allgemein los, und ich merkte, daß
ich in einer Geſellſchaft von Leuten war, vor de-
nen jeder Kirchen-Chriſt ein Kreuz ſchlagen muß.
Alles was kirchlich heilig heißt, wurde ſpoͤttiſch
*) Zürnen Sie nicht, meine frommen Leſer, daß ich dieſe, und
weiterhin ähnliche Ausdrücke wiederhole! Eine Schrift, worin
Beyträge zur neuern franzöſiſchen Geſchichte vorkommen, kann
ohne dergleichen nicht bleiben. Berichteten doch auch die Evan-
geliſten die Läſterungen der Juden auf Chriſtum.
**) Virginem eſſe, parum curo; eſſe vero reginam
Angliae — doleo.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/57>, abgerufen am 23.11.2024.
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