Und wenn man ja noch an Zwang denken will, so überlege man nur, daß junge Mädchen -- nicht Eine oder Zehne, denn die könnte man allenfalls ins Register der Närrinnen bringen, sondern meh- rere Hunderte -- sich erboten, mit ins Feld zu zie- hen, daß Viele wirklich mitgezogen sind, und daß sie nachher, als es dem Frauenzimmer verboten wurde, Kriegsdienste zu leisten, ihr Geschlecht sehr sorgfältig verbargen, blos deswegen, damit sie der Ehre, für ihr Vaterland zu fechten, nicht beraubt werden mögten.
Hat man die Mädchen vielleicht auch mit der Guillotine bedroht? Das einfältige Gewäsche wäre überhaupt gar keiner Antwort werth, wenn nicht Männer, die doch für einsichtig gehalten werden wollen, Fratzen von der Art fleißig wiederholten, und dadurch der öffentlichen Meynung, so viel näm- lich an ihnen ist, eine falsche Richtung beybrächten, und hiedurch den Krieg verlängern hälfen.
Und eben diese Männer sollten sich wirklich schä- men, da sie doch wissen müssen, wenigstens wissen sollten, wenn ihr ganzes Studium nicht gerade so viel werth seyn soll, als eine taube Nuß, daß ehe- mals der bloße Republikanismus in Griechenland, zu Karthago, in der Schweiz, in Holland und in Amerika, die seltsamsten Wunder gethan hat. Weswegen lernen wir Geschichte? Vielleicht, daß
Und wenn man ja noch an Zwang denken will, ſo uͤberlege man nur, daß junge Maͤdchen — nicht Eine oder Zehne, denn die koͤnnte man allenfalls ins Regiſter der Naͤrrinnen bringen, ſondern meh- rere Hunderte — ſich erboten, mit ins Feld zu zie- hen, daß Viele wirklich mitgezogen ſind, und daß ſie nachher, als es dem Frauenzimmer verboten wurde, Kriegsdienſte zu leiſten, ihr Geſchlecht ſehr ſorgfaͤltig verbargen, blos deswegen, damit ſie der Ehre, fuͤr ihr Vaterland zu fechten, nicht beraubt werden moͤgten.
Hat man die Maͤdchen vielleicht auch mit der Guillotine bedroht? Das einfaͤltige Gewaͤſche waͤre uͤberhaupt gar keiner Antwort werth, wenn nicht Maͤnner, die doch fuͤr einſichtig gehalten werden wollen, Fratzen von der Art fleißig wiederholten, und dadurch der oͤffentlichen Meynung, ſo viel naͤm- lich an ihnen iſt, eine falſche Richtung beybraͤchten, und hiedurch den Krieg verlaͤngern haͤlfen.
Und eben dieſe Maͤnner ſollten ſich wirklich ſchaͤ- men, da ſie doch wiſſen muͤſſen, wenigſtens wiſſen ſollten, wenn ihr ganzes Studium nicht gerade ſo viel werth ſeyn ſoll, als eine taube Nuß, daß ehe- mals der bloße Republikanismus in Griechenland, zu Karthago, in der Schweiz, in Holland und in Amerika, die ſeltſamſten Wunder gethan hat. Weswegen lernen wir Geſchichte? Vielleicht, daß
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Und wenn man ja noch an Zwang denken will,
ſo uͤberlege man nur, daß junge Maͤdchen — nicht
Eine oder Zehne, denn die koͤnnte man allenfalls
ins Regiſter der Naͤrrinnen bringen, ſondern meh-
rere Hunderte — ſich erboten, mit ins Feld zu zie-
hen, daß Viele wirklich mitgezogen ſind, und daß
ſie nachher, als es dem Frauenzimmer verboten
wurde, Kriegsdienſte zu leiſten, ihr Geſchlecht ſehr
ſorgfaͤltig verbargen, blos deswegen, damit ſie der
Ehre, fuͤr ihr Vaterland zu fechten, nicht beraubt
werden moͤgten.
Hat man die Maͤdchen vielleicht auch mit der
Guillotine bedroht? Das einfaͤltige Gewaͤſche waͤre
uͤberhaupt gar keiner Antwort werth, wenn nicht
Maͤnner, die doch fuͤr einſichtig gehalten werden
wollen, Fratzen von der Art fleißig wiederholten,
und dadurch der oͤffentlichen Meynung, ſo viel naͤm-
lich an ihnen iſt, eine falſche Richtung beybraͤchten,
und hiedurch den Krieg verlaͤngern haͤlfen.
Und eben dieſe Maͤnner ſollten ſich wirklich ſchaͤ-
men, da ſie doch wiſſen muͤſſen, wenigſtens wiſſen
ſollten, wenn ihr ganzes Studium nicht gerade ſo
viel werth ſeyn ſoll, als eine taube Nuß, daß ehe-
mals der bloße Republikanismus in Griechenland,
zu Karthago, in der Schweiz, in Holland und in
Amerika, die ſeltſamſten Wunder gethan hat.
Weswegen lernen wir Geſchichte? Vielleicht, daß
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/74>, abgerufen am 27.11.2024.
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