er sich sezte; und ging er auf der Straße, so wen- deten die Vorübergehenden ihr Gesicht von ihm weg. -- Wer sich von seinem Weibe scheidet, kann sicher seyn, daß er verachtet wird: Spieler, Bordelbrüder und Trunkenbolde sind ebenfalls Ge- genstände der öffentlichen Verachtung. Diese zeigt sich nicht sowohl durch Verhönung und Neckereyen, als durch gänzliche Vermeidung solcher Personen, mit welchen sich niemand etwas zu thun macht, als bis er muß.
Die Ehre ist ein sehr relativer Begriff: der ist geehrt, weil sein Vater oder seine Verwandte große Leute sind; ein Anderer, weil er reich ist, weil er in Kleidern sich prächtig aufmuzt u. s. w. Aber gar selten wird jemand blos darum geehrt, weil er ein ehrlicher Mann, ein rechtschaffener Hausvater, ein treuer Freund u. s. f. ist. Es scheint auch, daß wir Deutschen es selbst fühlen, daß die, wel- che wir ehren, unsre Achtung nicht verdienen: denn sobald eben sie uns aus den Augen sind, so geht die Kritik an, und die skandalöse Chronik wird nicht müde, alles mögliche Schlimme von denen aufzu- tischen, welche wir vor einer Minute herzten, küß- ten, und unsre besten Freunde nannten.
Wo es aber so zugeht, da mag der Thor sich um Civismus bekümmern! Warum sollte ich so thörig seyn, für die Erhaltung einer Gesellschaft
er ſich ſezte; und ging er auf der Straße, ſo wen- deten die Voruͤbergehenden ihr Geſicht von ihm weg. — Wer ſich von ſeinem Weibe ſcheidet, kann ſicher ſeyn, daß er verachtet wird: Spieler, Bordelbruͤder und Trunkenbolde ſind ebenfalls Ge- genſtaͤnde der oͤffentlichen Verachtung. Dieſe zeigt ſich nicht ſowohl durch Verhoͤnung und Neckereyen, als durch gaͤnzliche Vermeidung ſolcher Perſonen, mit welchen ſich niemand etwas zu thun macht, als bis er muß.
Die Ehre iſt ein ſehr relativer Begriff: der iſt geehrt, weil ſein Vater oder ſeine Verwandte große Leute ſind; ein Anderer, weil er reich iſt, weil er in Kleidern ſich praͤchtig aufmuzt u. ſ. w. Aber gar ſelten wird jemand blos darum geehrt, weil er ein ehrlicher Mann, ein rechtſchaffener Hausvater, ein treuer Freund u. ſ. f. iſt. Es ſcheint auch, daß wir Deutſchen es ſelbſt fuͤhlen, daß die, wel- che wir ehren, unſre Achtung nicht verdienen: denn ſobald eben ſie uns aus den Augen ſind, ſo geht die Kritik an, und die ſkandaloͤſe Chronik wird nicht muͤde, alles moͤgliche Schlimme von denen aufzu- tiſchen, welche wir vor einer Minute herzten, kuͤß- ten, und unſre beſten Freunde nannten.
Wo es aber ſo zugeht, da mag der Thor ſich um Civismus bekuͤmmern! Warum ſollte ich ſo thoͤrig ſeyn, fuͤr die Erhaltung einer Geſellſchaft
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er ſich ſezte; und ging er auf der Straße, ſo wen-
deten die Voruͤbergehenden ihr Geſicht von ihm
weg. — Wer ſich von ſeinem Weibe ſcheidet,
kann ſicher ſeyn, daß er verachtet wird: Spieler,
Bordelbruͤder und Trunkenbolde ſind ebenfalls Ge-
genſtaͤnde der oͤffentlichen Verachtung. Dieſe zeigt
ſich nicht ſowohl durch Verhoͤnung und Neckereyen,
als durch gaͤnzliche Vermeidung ſolcher Perſonen,
mit welchen ſich niemand etwas zu thun macht,
als bis er muß.
Die Ehre iſt ein ſehr relativer Begriff: der iſt
geehrt, weil ſein Vater oder ſeine Verwandte große
Leute ſind; ein Anderer, weil er reich iſt, weil er
in Kleidern ſich praͤchtig aufmuzt u. ſ. w. Aber
gar ſelten wird jemand blos darum geehrt, weil er
ein ehrlicher Mann, ein rechtſchaffener Hausvater,
ein treuer Freund u. ſ. f. iſt. Es ſcheint auch,
daß wir Deutſchen es ſelbſt fuͤhlen, daß die, wel-
che wir ehren, unſre Achtung nicht verdienen: denn
ſobald eben ſie uns aus den Augen ſind, ſo geht
die Kritik an, und die ſkandaloͤſe Chronik wird nicht
muͤde, alles moͤgliche Schlimme von denen aufzu-
tiſchen, welche wir vor einer Minute herzten, kuͤß-
ten, und unſre beſten Freunde nannten.
Wo es aber ſo zugeht, da mag der Thor ſich
um Civismus bekuͤmmern! Warum ſollte ich ſo
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/129>, abgerufen am 21.11.2024.
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