und andere. Auch fingen Schriftsteller von aller- ley Art an, Theaterstücke aufzusetzen, worin die neusten Begebenheiten sichtbar waren. Ich habe die Geschichte des Barra, Beaurepaire, Viala, Chailler, Marat, und mehrerer andern damals hochgepriesener Republikaner theils in Dramen gelesen, theils selbst aufführen sehen. Weil es aber verboten war, Schauspieler zu halten und zu besolden, so traten in den großen Städten junge Leute aus den wohlhabendsten Familien zusammen, und vertraten deren Stelle. Diese nahmen nun zwar kein Geld, aber die Zu- schauer mußten doch jedesmal etwas -- in Dijon 10 Sous -- geben, welches allemal für Arme verwendet wurde. Nach dem Sturz des Jako- binismus schuf man die bessern alten französi- schen Stücke so um, daß sie ohne Aergerniß konnten gesehen werden. Das vom Konvent des- halb gegebne Gesetz befiehlt, alles wegzulassen, was den Sitten schaden könnte, und nur dahin zu sehen, daß tugendhafte, republikanische Ka- rektere zur Nachahmung vorkommen. Freilich, wenn man einmal Schauspiele haben will, so ist es allerdings besser, man stellt unschädliche Stücke vor, ob es gleich noch besser wäre, überhaupt gar kein Theater zu haben. Doch Anmerkungen dieser Art gehören nicht hieher.
und andere. Auch fingen Schriftſteller von aller- ley Art an, Theaterſtuͤcke aufzuſetzen, worin die neuſten Begebenheiten ſichtbar waren. Ich habe die Geſchichte des Barra, Beaurepaire, Viala, Chailler, Marat, und mehrerer andern damals hochgeprieſener Republikaner theils in Dramen geleſen, theils ſelbſt auffuͤhren ſehen. Weil es aber verboten war, Schauſpieler zu halten und zu beſolden, ſo traten in den großen Staͤdten junge Leute aus den wohlhabendſten Familien zuſammen, und vertraten deren Stelle. Dieſe nahmen nun zwar kein Geld, aber die Zu- ſchauer mußten doch jedesmal etwas — in Dijon 10 Sous — geben, welches allemal fuͤr Arme verwendet wurde. Nach dem Sturz des Jako- binismus ſchuf man die beſſern alten franzoͤſi- ſchen Stuͤcke ſo um, daß ſie ohne Aergerniß konnten geſehen werden. Das vom Konvent des- halb gegebne Geſetz befiehlt, alles wegzulaſſen, was den Sitten ſchaden koͤnnte, und nur dahin zu ſehen, daß tugendhafte, republikaniſche Ka- rektere zur Nachahmung vorkommen. Freilich, wenn man einmal Schauſpiele haben will, ſo iſt es allerdings beſſer, man ſtellt unſchaͤdliche Stuͤcke vor, ob es gleich noch beſſer waͤre, uͤberhaupt gar kein Theater zu haben. Doch Anmerkungen dieſer Art gehoͤren nicht hieher.
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und andere. Auch fingen Schriftſteller von aller-
ley Art an, Theaterſtuͤcke aufzuſetzen, worin die
neuſten Begebenheiten ſichtbar waren. Ich habe
die Geſchichte des Barra, Beaurepaire,
Viala, Chailler, Marat, und mehrerer
andern damals hochgeprieſener Republikaner theils
in Dramen geleſen, theils ſelbſt auffuͤhren ſehen.
Weil es aber verboten war, Schauſpieler zu
halten und zu beſolden, ſo traten in den großen
Staͤdten junge Leute aus den wohlhabendſten
Familien zuſammen, und vertraten deren Stelle.
Dieſe nahmen nun zwar kein Geld, aber die Zu-
ſchauer mußten doch jedesmal etwas — in Dijon
10 Sous — geben, welches allemal fuͤr Arme
verwendet wurde. Nach dem Sturz des Jako-
binismus ſchuf man die beſſern alten franzoͤſi-
ſchen Stuͤcke ſo um, daß ſie ohne Aergerniß
konnten geſehen werden. Das vom Konvent des-
halb gegebne Geſetz befiehlt, alles wegzulaſſen,
was den Sitten ſchaden koͤnnte, und nur dahin
zu ſehen, daß tugendhafte, republikaniſche Ka-
rektere zur Nachahmung vorkommen. Freilich,
wenn man einmal Schauſpiele haben will, ſo iſt
es allerdings beſſer, man ſtellt unſchaͤdliche Stuͤcke
vor, ob es gleich noch beſſer waͤre, uͤberhaupt
gar kein Theater zu haben. Doch Anmerkungen
dieſer Art gehoͤren nicht hieher.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/131>, abgerufen am 21.11.2024.
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