deswegen verboten worden, weil Mehrere die Bet- ten angesteckt hatten -- und ging hernach mit Bes- seln zu Weine: dieß ist mein ganzer Lebenslauf im Hospital zu Dijon, genannt Jean Jaques.
So lustig dieser Lebenslauf auch war, so war er doch nicht ohne die Dornen der Besorgniß. Ich wußte mehr als zu gut, in welcher Gefahr ich, we- gen Dentzels unentschiedener Lage, noch immer stand. Auch konnte ich die Furcht nicht entfernen, auf diese oder jene Art am Ende doch noch verra- then zu werden. Um mich also von dieser gehei- men Folter zu befreyen, sann ich auf eine ungehin- derte Entlassung aus Frankreich. Ich hatte dem- nach, wie ich oben erzählt habe, dem Herrn Leut- nant von Brandenstein einen Brief an Herrn Bispink in Halle zum Einschluß übergeben. Weil ich aber besorgte, dieser Brief mögte nicht richtig ankommen, wie dieß auch der Fall gewesen ist, so schrieb ich gleich nach meiner neuen Ankunft ins Hospital an Herrn Bispink geradezu. In diesem Briefe gab ich ihm, soweit es ohne Gefahr anging, etwas Nachricht über meine Lage in Frankreich, seit meiner Desertion von den Preußen bey Landau. Zugleich bath ich ihn, er mögte mir in einem lateinischen Briefe, der an den Kommen- danten Belin adressirt werden müßte, es bezeu- gen, daß ich aus Altona gebürtig sey. Dieß
deswegen verboten worden, weil Mehrere die Bet- ten angeſteckt hatten — und ging hernach mit Beſ- ſeln zu Weine: dieß iſt mein ganzer Lebenslauf im Hoſpital zu Dijon, genannt Jean Jaques.
So luſtig dieſer Lebenslauf auch war, ſo war er doch nicht ohne die Dornen der Beſorgniß. Ich wußte mehr als zu gut, in welcher Gefahr ich, we- gen Dentzels unentſchiedener Lage, noch immer ſtand. Auch konnte ich die Furcht nicht entfernen, auf dieſe oder jene Art am Ende doch noch verra- then zu werden. Um mich alſo von dieſer gehei- men Folter zu befreyen, ſann ich auf eine ungehin- derte Entlaſſung aus Frankreich. Ich hatte dem- nach, wie ich oben erzaͤhlt habe, dem Herrn Leut- nant von Brandenſtein einen Brief an Herrn Bispink in Halle zum Einſchluß uͤbergeben. Weil ich aber beſorgte, dieſer Brief moͤgte nicht richtig ankommen, wie dieß auch der Fall geweſen iſt, ſo ſchrieb ich gleich nach meiner neuen Ankunft ins Hoſpital an Herrn Bispink geradezu. In dieſem Briefe gab ich ihm, ſoweit es ohne Gefahr anging, etwas Nachricht uͤber meine Lage in Frankreich, ſeit meiner Deſertion von den Preußen bey Landau. Zugleich bath ich ihn, er moͤgte mir in einem lateiniſchen Briefe, der an den Kommen- danten Belin adreſſirt werden muͤßte, es bezeu- gen, daß ich aus Altona gebuͤrtig ſey. Dieß
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0136"n="132"/>
deswegen verboten worden, weil Mehrere die Bet-<lb/>
ten angeſteckt hatten — und ging hernach mit <hirendition="#g">Beſ</hi>-<lb/><hirendition="#g">ſeln</hi> zu Weine: dieß iſt mein ganzer Lebenslauf<lb/>
im Hoſpital zu Dijon, genannt Jean Jaques.</p><lb/><p>So luſtig dieſer Lebenslauf auch war, ſo war<lb/>
er doch nicht ohne die Dornen der Beſorgniß. Ich<lb/>
wußte mehr als zu gut, in welcher Gefahr ich, we-<lb/>
gen <hirendition="#g">Dentzels</hi> unentſchiedener Lage, noch immer<lb/>ſtand. Auch konnte ich die Furcht nicht entfernen,<lb/>
auf dieſe oder jene Art am Ende doch noch verra-<lb/>
then zu werden. Um mich alſo von dieſer gehei-<lb/>
men Folter zu befreyen, ſann ich auf eine ungehin-<lb/>
derte Entlaſſung aus Frankreich. Ich hatte dem-<lb/>
nach, wie ich oben erzaͤhlt habe, dem Herrn Leut-<lb/>
nant von <hirendition="#g">Brandenſtein</hi> einen Brief an Herrn<lb/><hirendition="#g">Bispink</hi> in Halle zum Einſchluß uͤbergeben.<lb/>
Weil ich aber beſorgte, dieſer Brief moͤgte nicht<lb/>
richtig ankommen, wie dieß auch der Fall geweſen<lb/>
iſt, ſo ſchrieb ich gleich nach meiner neuen Ankunft<lb/>
ins Hoſpital an Herrn <hirendition="#g">Bispink</hi> geradezu. In<lb/>
dieſem Briefe gab ich ihm, ſoweit es ohne Gefahr<lb/>
anging, etwas Nachricht uͤber meine Lage in<lb/>
Frankreich, ſeit meiner Deſertion von den Preußen<lb/>
bey Landau. Zugleich bath ich ihn, er moͤgte mir<lb/>
in einem lateiniſchen Briefe, der an den Kommen-<lb/>
danten <hirendition="#g">Belin</hi> adreſſirt werden muͤßte, es bezeu-<lb/>
gen, daß ich aus Altona gebuͤrtig ſey. Dieß<lb/></p></div></body></text></TEI>
[132/0136]
deswegen verboten worden, weil Mehrere die Bet-
ten angeſteckt hatten — und ging hernach mit Beſ-
ſeln zu Weine: dieß iſt mein ganzer Lebenslauf
im Hoſpital zu Dijon, genannt Jean Jaques.
So luſtig dieſer Lebenslauf auch war, ſo war
er doch nicht ohne die Dornen der Beſorgniß. Ich
wußte mehr als zu gut, in welcher Gefahr ich, we-
gen Dentzels unentſchiedener Lage, noch immer
ſtand. Auch konnte ich die Furcht nicht entfernen,
auf dieſe oder jene Art am Ende doch noch verra-
then zu werden. Um mich alſo von dieſer gehei-
men Folter zu befreyen, ſann ich auf eine ungehin-
derte Entlaſſung aus Frankreich. Ich hatte dem-
nach, wie ich oben erzaͤhlt habe, dem Herrn Leut-
nant von Brandenſtein einen Brief an Herrn
Bispink in Halle zum Einſchluß uͤbergeben.
Weil ich aber beſorgte, dieſer Brief moͤgte nicht
richtig ankommen, wie dieß auch der Fall geweſen
iſt, ſo ſchrieb ich gleich nach meiner neuen Ankunft
ins Hoſpital an Herrn Bispink geradezu. In
dieſem Briefe gab ich ihm, ſoweit es ohne Gefahr
anging, etwas Nachricht uͤber meine Lage in
Frankreich, ſeit meiner Deſertion von den Preußen
bey Landau. Zugleich bath ich ihn, er moͤgte mir
in einem lateiniſchen Briefe, der an den Kommen-
danten Belin adreſſirt werden muͤßte, es bezeu-
gen, daß ich aus Altona gebuͤrtig ſey. Dieß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/136>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.