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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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Schiefgehen oder Stottern angewöhnt hat: er fin-
det das alles endlich selbst fehlerhaft; mögte diese
Fehler auch gern ablegen: aber gelingt es ihm?
Es heißt auch hier: video meliora, proboque;
deteriora sequor.
Genug, was Hänschen nicht
lernt, lernt Hans nimmermehr: und so habe ich
leider das Unglück, vielleicht noch lange, wenn
auch nicht immer, Sklave meiner jugendlichen
Verwöhnung zu seyn, und stehe dabey so schwach
auf meinen Füßen, daß jeder leise Wind mich hin
und her biegen, auch stürzen kann. -- Das alles
sehe ich längst ein; und demnach hätte mir meine
Religionsänderung am Ende mehr geschadet, als
genützet: Laukhard wäre Laukhard geblieben, troz
dem Prädikate eines Katholiken. Aber als Katho-
lik hätte er tausendfach Gefahr gelaufen, wo er als
Protestant jezt so halb und halb durchschlüpft. --

Freyburg hat eine überaus schöne Lage, dicht
an einem hohen Berge, welchen vorzeiten die Her-
zoge von Zähringen bewohnt haben. Von die-
sem Berge hat man eine Aussicht, viele Meilen
weit hinaus. Die Gegend da herum ist vorzüglich
fruchtbar, und in ruhigen Zeiten ist alles sehr
wohlfeil. Die Leute in der Stadt sind für Katho-
liken sehr helle, weit heller als in Schwaben, in
der Pfalz, und selbst als die gemeinen Lutheraner
in Sachsen. Eine sehr gut eingerichtete Lesebiblio-

Schiefgehen oder Stottern angewoͤhnt hat: er fin-
det das alles endlich ſelbſt fehlerhaft; moͤgte dieſe
Fehler auch gern ablegen: aber gelingt es ihm?
Es heißt auch hier: video meliora, proboque;
deteriora ſequor.
Genug, was Haͤnschen nicht
lernt, lernt Hans nimmermehr: und ſo habe ich
leider das Ungluͤck, vielleicht noch lange, wenn
auch nicht immer, Sklave meiner jugendlichen
Verwoͤhnung zu ſeyn, und ſtehe dabey ſo ſchwach
auf meinen Fuͤßen, daß jeder leiſe Wind mich hin
und her biegen, auch ſtuͤrzen kann. — Das alles
ſehe ich laͤngſt ein; und demnach haͤtte mir meine
Religionsaͤnderung am Ende mehr geſchadet, als
genuͤtzet: Laukhard waͤre Laukhard geblieben, troz
dem Praͤdikate eines Katholiken. Aber als Katho-
lik haͤtte er tauſendfach Gefahr gelaufen, wo er als
Proteſtant jezt ſo halb und halb durchſchluͤpft. —

Freyburg hat eine uͤberaus ſchoͤne Lage, dicht
an einem hohen Berge, welchen vorzeiten die Her-
zoge von Zaͤhringen bewohnt haben. Von die-
ſem Berge hat man eine Ausſicht, viele Meilen
weit hinaus. Die Gegend da herum iſt vorzuͤglich
fruchtbar, und in ruhigen Zeiten iſt alles ſehr
wohlfeil. Die Leute in der Stadt ſind fuͤr Katho-
liken ſehr helle, weit heller als in Schwaben, in
der Pfalz, und ſelbſt als die gemeinen Lutheraner
in Sachſen. Eine ſehr gut eingerichtete Leſebiblio-

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[178/0182] Schiefgehen oder Stottern angewoͤhnt hat: er fin- det das alles endlich ſelbſt fehlerhaft; moͤgte dieſe Fehler auch gern ablegen: aber gelingt es ihm? Es heißt auch hier: video meliora, proboque; deteriora ſequor. Genug, was Haͤnschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr: und ſo habe ich leider das Ungluͤck, vielleicht noch lange, wenn auch nicht immer, Sklave meiner jugendlichen Verwoͤhnung zu ſeyn, und ſtehe dabey ſo ſchwach auf meinen Fuͤßen, daß jeder leiſe Wind mich hin und her biegen, auch ſtuͤrzen kann. — Das alles ſehe ich laͤngſt ein; und demnach haͤtte mir meine Religionsaͤnderung am Ende mehr geſchadet, als genuͤtzet: Laukhard waͤre Laukhard geblieben, troz dem Praͤdikate eines Katholiken. Aber als Katho- lik haͤtte er tauſendfach Gefahr gelaufen, wo er als Proteſtant jezt ſo halb und halb durchſchluͤpft. — Freyburg hat eine uͤberaus ſchoͤne Lage, dicht an einem hohen Berge, welchen vorzeiten die Her- zoge von Zaͤhringen bewohnt haben. Von die- ſem Berge hat man eine Ausſicht, viele Meilen weit hinaus. Die Gegend da herum iſt vorzuͤglich fruchtbar, und in ruhigen Zeiten iſt alles ſehr wohlfeil. Die Leute in der Stadt ſind fuͤr Katho- liken ſehr helle, weit heller als in Schwaben, in der Pfalz, und ſelbſt als die gemeinen Lutheraner in Sachſen. Eine ſehr gut eingerichtete Leſebiblio-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/182>, abgerufen am 24.11.2024.