Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.und so abscheulich ist, wozu ein Emigrant, vor- *) Einer der Hn. Recensenten meiner Biographie meynt: ich
hätte meine Nachrichten uber die Emigranten wohl nur in den Weinhäusern zu Koblenz gesammelt, und so - nur von den Bedienten der eigentlichen Emigrirten, als welche damals wohl noch zu vornehm gewesen wären, ein Weinhaus in höchst eigner Person zu besuchen. -- Nicht doch, mein Herr! Ich machte ja täglich den Dollmetscher, half die Na- men der emigrirten Herren aufschreiben und hatte eben nach der unersattlichen Neug[ie]rde, die Sie mir zuschreiben, auch, als preußischer Musketier, - Kleider machen doch nicht überall Leute! - Gelegenheit genug, dem Wesen der herrischen Emigrirten ganz nahe zu zusehen. Als Herren der Welt, wie sie sich dünkten, hatten die Prinzen, Marki's u. s. w. ihres Wesens gar kein Hehl. Man frage jeden wißbegierigen Beob- achter! Doch, ich will nicht hadern und Wort halten, und also von den Recensionen -- zum Gegenrecensiren -- keine Notiz nehmen Genug, man warte den versprochnen Roman ab, oder die Begebenheiten; des Marki von Vilencon: und dann entscheide man: ob ich die Emigranten blos von der Be- dienten-Seite kennen gelernt habe. -- Soviel will ich hier nur noch bemerken: daß es mir schwer wird, zu begreifen, wie man französischen Priestern, die eben wegen ihres fe- sten Kirchenglaubens ausgewandert sind, erlauben kann, auf protestantischen Schulanstalten die Zoglinge, wenn auch nur in der französischen Sprache, zu unterrichten und mit ihnen täglich umzugehen. Einmal sind die Herren in ih- rer eignen Sprache selten systematisch zu Hause: sie lernten sie Basedowisch zu sprechen, nach der Ammen-Methode, von Reden-Hören: also a posteriori mit allen Fehlern des Dialects -- der Mutter oder der Amme. Nach Regeln ha- ben die wenigsten ihre Ammen-Sprach-Methode rectificirt; und von einer allgemeinen Theorie irgend einer Sprache, nach der Theorie des menschlichen Empfindens und Denkens, wissen die Herren noch weniger: dazu waren die Schulen und Akademien in Frankreich eben nicht geeignet. Korruptes La- tein wissen die Herren allenfalls systematisch, und etwas Theo- und ſo abſcheulich iſt, wozu ein Emigrant, vor- *) Einer der Hn. Recenſenten meiner Biographie meynt: ich
hätte meine Nachrichten uber die Emigranten wohl nur in den Weinhäuſern zu Koblenz geſammelt, und ſo – nur von den Bedienten der eigentlichen Emigrirten, als welche damals wohl noch zu vornehm geweſen wären, ein Weinhaus in hoͤchſt eigner Perſon zu beſuchen. — Nicht doch, mein Herr! Ich machte ja täglich den Dollmetſcher, half die Na- men der emigrirten Herren aufſchreiben und hatte eben nach der unerſattlichen Neug[ie]rde, die Sie mir zuſchreiben, auch, als preußiſcher Musketier, – Kleider machen doch nicht überall Leute! – Gelegenheit genug, dem Weſen der herriſchen Emigrirten ganz nahe zu zuſehen. Als Herren der Welt, wie ſie ſich dünkten, hatten die Prinzen, Marki's u. ſ. w. ihres Weſens gar kein Hehl. Man frage jeden wißbegierigen Beob- achter! Doch, ich will nicht hadern und Wort halten, und alſo von den Recenſionen — zum Gegenrecenſiren — keine Notiz nehmen Genug, man warte den verſprochnen Roman ab, oder die Begebenheiten; des Marki von Vilencon: und dann entſcheide man: ob ich die Emigranten blos von der Be- dienten-Seite kennen gelernt habe. — Soviel will ich hier nur noch bemerken: daß es mir ſchwer wird, zu begreifen, wie man franzoͤſiſchen Prieſtern, die eben wegen ihres fe- ſten Kirchenglaubens ausgewandert ſind, erlauben kann, auf proteſtantiſchen Schulanſtalten die Zoglinge, wenn auch nur in der franzoͤſiſchen Sprache, zu unterrichten und mit ihnen täglich umzugehen. Einmal ſind die Herren in ih- rer eignen Sprache ſelten ſyſtematiſch zu Hauſe: ſie lernten ſie Baſedowiſch zu ſprechen, nach der Ammen-Methode, von Reden-Hoͤren: alſo a poſteriori mit allen Fehlern des Dialects — der Mutter oder der Amme. Nach Regeln ha- ben die wenigſten ihre Ammen-Sprach-Methode rectificirt; und von einer allgemeinen Theorie irgend einer Sprache, nach der Theorie des menſchlichen Empfindens und Denkens, wiſſen die Herren noch weniger: dazu waren die Schulen und Akademien in Frankreich eben nicht geeignet. Korruptes La- tein wiſſen die Herren allenfalls ſyſtematiſch, und etwas Theo- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0192" n="188"/> und ſo abſcheulich iſt, wozu ein Emigrant, vor-<lb/> zuͤglich von der rebelliſchen Art, oder auch nur<lb/> einer ſeines Anhangs faͤhig waͤre <note xml:id="note-0192" next="#note-0193" place="foot" n="*)">Einer der Hn. Recenſenten meiner Biographie meynt: ich<lb/> hätte meine Nachrichten uber die Emigranten wohl nur in<lb/> den Weinhäuſern zu Koblenz geſammelt, und ſo – nur von<lb/> den Bedienten der <hi rendition="#g">eigentlichen</hi> Emigrirten, als welche<lb/> damals wohl noch zu vornehm geweſen wären, ein Weinhaus<lb/> in hoͤchſt eigner Perſon zu beſuchen. — Nicht doch, mein<lb/> Herr! Ich machte ja täglich den Dollmetſcher, half die Na-<lb/> men der emigrirten <hi rendition="#g">Herren</hi> aufſchreiben und hatte eben<lb/> nach der unerſattlichen Neug<supplied>ie</supplied>rde, die Sie mir zuſchreiben, auch,<lb/> als preußiſcher Musketier, – Kleider machen doch nicht überall<lb/> Leute! – Gelegenheit genug, dem Weſen der <hi rendition="#g">herriſchen</hi><lb/> Emigrirten ganz nahe zu zuſehen. Als Herren der Welt, wie<lb/> ſie ſich dünkten, hatten die Prinzen, Marki's u. ſ. w. ihres<lb/> Weſens gar kein Hehl. Man frage jeden wißbegierigen Beob-<lb/> achter! Doch, ich will nicht hadern und Wort halten, und<lb/> alſo von den Recenſionen — zum Gegenrecenſiren — keine<lb/> Notiz nehmen Genug, man warte den verſprochnen Roman<lb/> ab, oder die Begebenheiten; des Marki von Vilencon: und<lb/> dann entſcheide man: ob ich die Emigranten blos von der Be-<lb/> dienten-Seite kennen gelernt habe. — Soviel will ich hier<lb/> nur noch bemerken: daß es mir ſchwer wird, zu begreifen,<lb/> wie man franzoͤſiſchen <hi rendition="#g">Prieſtern</hi>, die eben wegen ihres <hi rendition="#g">fe</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ſten Kirchenglaubens</hi> ausgewandert ſind, erlauben<lb/> kann, auf proteſtantiſchen Schulanſtalten die Zoglinge, wenn<lb/> auch nur in der franzoͤſiſchen Sprache, zu unterrichten und<lb/> mit ihnen täglich umzugehen. Einmal ſind die Herren in ih-<lb/> rer eignen Sprache ſelten ſyſtematiſch zu Hauſe: ſie lernten<lb/> ſie Baſedowiſch zu ſprechen, nach der Ammen-Methode,<lb/> von Reden-Hoͤren: alſo <hi rendition="#aq">a poſteriori</hi> mit allen Fehlern des<lb/> Dialects — der Mutter oder der Amme. Nach Regeln ha-<lb/> ben die wenigſten ihre Ammen-Sprach-Methode rectificirt;<lb/> und von einer allgemeinen Theorie irgend einer Sprache,<lb/> nach der Theorie des menſchlichen Empfindens und Denkens,<lb/> wiſſen die Herren noch weniger: dazu waren die Schulen und<lb/> Akademien in Frankreich eben nicht geeignet. Korruptes La-<lb/> tein wiſſen die Herren allenfalls ſyſtematiſch, und etwas Theo-</note>.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [188/0192]
und ſo abſcheulich iſt, wozu ein Emigrant, vor-
zuͤglich von der rebelliſchen Art, oder auch nur
einer ſeines Anhangs faͤhig waͤre *).
*) Einer der Hn. Recenſenten meiner Biographie meynt: ich
hätte meine Nachrichten uber die Emigranten wohl nur in
den Weinhäuſern zu Koblenz geſammelt, und ſo – nur von
den Bedienten der eigentlichen Emigrirten, als welche
damals wohl noch zu vornehm geweſen wären, ein Weinhaus
in hoͤchſt eigner Perſon zu beſuchen. — Nicht doch, mein
Herr! Ich machte ja täglich den Dollmetſcher, half die Na-
men der emigrirten Herren aufſchreiben und hatte eben
nach der unerſattlichen Neugierde, die Sie mir zuſchreiben, auch,
als preußiſcher Musketier, – Kleider machen doch nicht überall
Leute! – Gelegenheit genug, dem Weſen der herriſchen
Emigrirten ganz nahe zu zuſehen. Als Herren der Welt, wie
ſie ſich dünkten, hatten die Prinzen, Marki's u. ſ. w. ihres
Weſens gar kein Hehl. Man frage jeden wißbegierigen Beob-
achter! Doch, ich will nicht hadern und Wort halten, und
alſo von den Recenſionen — zum Gegenrecenſiren — keine
Notiz nehmen Genug, man warte den verſprochnen Roman
ab, oder die Begebenheiten; des Marki von Vilencon: und
dann entſcheide man: ob ich die Emigranten blos von der Be-
dienten-Seite kennen gelernt habe. — Soviel will ich hier
nur noch bemerken: daß es mir ſchwer wird, zu begreifen,
wie man franzoͤſiſchen Prieſtern, die eben wegen ihres fe-
ſten Kirchenglaubens ausgewandert ſind, erlauben
kann, auf proteſtantiſchen Schulanſtalten die Zoglinge, wenn
auch nur in der franzoͤſiſchen Sprache, zu unterrichten und
mit ihnen täglich umzugehen. Einmal ſind die Herren in ih-
rer eignen Sprache ſelten ſyſtematiſch zu Hauſe: ſie lernten
ſie Baſedowiſch zu ſprechen, nach der Ammen-Methode,
von Reden-Hoͤren: alſo a poſteriori mit allen Fehlern des
Dialects — der Mutter oder der Amme. Nach Regeln ha-
ben die wenigſten ihre Ammen-Sprach-Methode rectificirt;
und von einer allgemeinen Theorie irgend einer Sprache,
nach der Theorie des menſchlichen Empfindens und Denkens,
wiſſen die Herren noch weniger: dazu waren die Schulen und
Akademien in Frankreich eben nicht geeignet. Korruptes La-
tein wiſſen die Herren allenfalls ſyſtematiſch, und etwas Theo-
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