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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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ich aber nachher noch einen Laubthaler foderte, und
der Adjutant mir geradezu sagte: ich sey nun Kor-
poral, und als Korporal müßte ich ohne Handgeld
par honneur dienen: da dacht' ich, so hole der Geier
eure honneur, und faßte sofort den Entschluß, bey
der ersten Gelegenheit abzufahren, sobald nur bes-
sere Witterung einträte. Ich sagte Niemanden
von meinem Vorhaben, ja, ich bemühte mich
vielmehr, einigen Eifer für die Einrichtung unsers
lieblichen Korps zu zeigen, lehrte die Rekruten
das Gewehr-Putzen u. dgl., so, daß der Adju-
tant mich versicherte, er wolle mich dem Prinzen
empfehlen, und dieser würde mich stehendes Fußes
zum Sergeanten machen.

Eines Tages aber schickte mich der Adjutant
in Geschäften nach Ettenheim, wo ich über
Nacht bleiben mußte; und ich benuzte diese Gele-
genheit und ging, mir nichts dir nichts, gegen
Abend aus Ettenheim die gerade Landstraße nach
Offenburg, ohne daß mir ein Haar wäre ge-
krümmt worden.

Es ist überhaupt eine große Verkehrtheit, über
Handlungen und deren Moralität im allgemeinen
urtheilen zu wollen. Diese muß jedesmal nach
der individuellen Lage des Handelnden bestimmt
werden. War es recht, daß ich die Emigranten

ich aber nachher noch einen Laubthaler foderte, und
der Adjutant mir geradezu ſagte: ich ſey nun Kor-
poral, und als Korporal muͤßte ich ohne Handgeld
par honneur dienen: da dacht' ich, ſo hole der Geier
eure honneur, und faßte ſofort den Entſchluß, bey
der erſten Gelegenheit abzufahren, ſobald nur beſ-
ſere Witterung eintraͤte. Ich ſagte Niemanden
von meinem Vorhaben, ja, ich bemuͤhte mich
vielmehr, einigen Eifer fuͤr die Einrichtung unſers
lieblichen Korps zu zeigen, lehrte die Rekruten
das Gewehr-Putzen u. dgl., ſo, daß der Adju-
tant mich verſicherte, er wolle mich dem Prinzen
empfehlen, und dieſer wuͤrde mich ſtehendes Fußes
zum Sergeanten machen.

Eines Tages aber ſchickte mich der Adjutant
in Geſchaͤften nach Ettenheim, wo ich uͤber
Nacht bleiben mußte; und ich benuzte dieſe Gele-
genheit und ging, mir nichts dir nichts, gegen
Abend aus Ettenheim die gerade Landſtraße nach
Offenburg, ohne daß mir ein Haar waͤre ge-
kruͤmmt worden.

Es iſt uͤberhaupt eine große Verkehrtheit, uͤber
Handlungen und deren Moralitaͤt im allgemeinen
urtheilen zu wollen. Dieſe muß jedesmal nach
der individuellen Lage des Handelnden beſtimmt
werden. War es recht, daß ich die Emigranten

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[191/0195] ich aber nachher noch einen Laubthaler foderte, und der Adjutant mir geradezu ſagte: ich ſey nun Kor- poral, und als Korporal muͤßte ich ohne Handgeld par honneur dienen: da dacht' ich, ſo hole der Geier eure honneur, und faßte ſofort den Entſchluß, bey der erſten Gelegenheit abzufahren, ſobald nur beſ- ſere Witterung eintraͤte. Ich ſagte Niemanden von meinem Vorhaben, ja, ich bemuͤhte mich vielmehr, einigen Eifer fuͤr die Einrichtung unſers lieblichen Korps zu zeigen, lehrte die Rekruten das Gewehr-Putzen u. dgl., ſo, daß der Adju- tant mich verſicherte, er wolle mich dem Prinzen empfehlen, und dieſer wuͤrde mich ſtehendes Fußes zum Sergeanten machen. Eines Tages aber ſchickte mich der Adjutant in Geſchaͤften nach Ettenheim, wo ich uͤber Nacht bleiben mußte; und ich benuzte dieſe Gele- genheit und ging, mir nichts dir nichts, gegen Abend aus Ettenheim die gerade Landſtraße nach Offenburg, ohne daß mir ein Haar waͤre ge- kruͤmmt worden. Es iſt uͤberhaupt eine große Verkehrtheit, uͤber Handlungen und deren Moralitaͤt im allgemeinen urtheilen zu wollen. Dieſe muß jedesmal nach der individuellen Lage des Handelnden beſtimmt werden. War es recht, daß ich die Emigranten

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/195>, abgerufen am 24.11.2024.