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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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schmutzig, noch weit ärger, als bey den Sanscü-
lotten von der armee revolutionnaire. Ich dächte,
die Herren Oestreicher hätten den Franzosen in Ab-
sicht ihrer Kleidung und ihrer Aufführung gar nichts
mehr vorzuwerfen. Sogar mögte selbst ihre Sub-
ordination noch weit schlechter seyn, als die der
Franzosen: die Befehle der Vorgesezten wurden
elend befolgt; und der Respekt, den sonst ein Offi-
zier von Rechtswegen fodert, mangelte nicht sel-
ten. -- Daß Offiziere ihre Pferde veräußert haben,
hat man oben gelesen: eben dieß ist geschehen mit
Pulver, Kugeln, Brodkorn und andern Bedürf-
nissen. -- Nun die entsetzliche Desertion, sogar
einmal von 800 Mährischen Rekruten, samt ihren
Offizieren! *) --

Ich bitte meine Leser wegen dieser Digression
um Verzeihung! Wer mehr von der Art lesen will,
findet es in der schon angeführten Schrift über die
Reichsarmee, und bald noch mehr in den Brie-

*) Oestreich hat durch Desertion allein, mehr als 100,000
Mann verloren. Diese mußten ersezt werden: dadurch ent-
gingen dem Lande eben so viele. Nimmt man die Bekleidung
und die Bewaffnung der einen und der andern hinzu, und be-
rechnet man den Nachtheil, der durch die gewaltsame Aushe-
bung der Ersatztruppen entstehen mußte für Ackerbau und an-
dere Gewerbe: so ist Oestreichs Verlust von dieser Seite schon
überaus beträchtlich. Nun der übrige Verlust an Erschlage-
nen, Verkrüppelten, Entmutheten, an Ländern, an Anhäng-
lichkeit und Achtung in und außer Landes, u. s. w. und dann
wofür? -- Schon die Geschichte lehrte es unwiderleglich:

ſchmutzig, noch weit aͤrger, als bey den Sanscuͤ-
lotten von der armée révolutionnaire. Ich daͤchte,
die Herren Oeſtreicher haͤtten den Franzoſen in Ab-
ſicht ihrer Kleidung und ihrer Auffuͤhrung gar nichts
mehr vorzuwerfen. Sogar moͤgte ſelbſt ihre Sub-
ordination noch weit ſchlechter ſeyn, als die der
Franzoſen: die Befehle der Vorgeſezten wurden
elend befolgt; und der Reſpekt, den ſonſt ein Offi-
zier von Rechtswegen fodert, mangelte nicht ſel-
ten. — Daß Offiziere ihre Pferde veraͤußert haben,
hat man oben geleſen: eben dieß iſt geſchehen mit
Pulver, Kugeln, Brodkorn und andern Beduͤrf-
niſſen. — Nun die entſetzliche Deſertion, ſogar
einmal von 800 Maͤhriſchen Rekruten, ſamt ihren
Offizieren! *)

Ich bitte meine Leſer wegen dieſer Digreſſion
um Verzeihung! Wer mehr von der Art leſen will,
findet es in der ſchon angefuͤhrten Schrift uͤber die
Reichsarmee, und bald noch mehr in den Brie-

*) Oeſtreich hat durch Deſertion allein, mehr als 100,000
Mann verloren. Dieſe mußten erſezt werden: dadurch ent-
gingen dem Lande eben ſo viele. Nimmt man die Bekleidung
und die Bewaffnung der einen und der andern hinzu, und be-
rechnet man den Nachtheil, der durch die gewaltſame Aushe-
bung der Erſatztruppen entſtehen mußte für Ackerbau und an-
dere Gewerbe: ſo iſt Oeſtreichs Verluſt von dieſer Seite ſchon
überaus beträchtlich. Nun der übrige Verluſt an Erſchlage-
nen, Verkrüppelten, Entmutheten, an Ländern, an Anhäng-
lichkeit und Achtung in und außer Landes, u. ſ. w. und dann
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[248/0252] ſchmutzig, noch weit aͤrger, als bey den Sanscuͤ- lotten von der armée révolutionnaire. Ich daͤchte, die Herren Oeſtreicher haͤtten den Franzoſen in Ab- ſicht ihrer Kleidung und ihrer Auffuͤhrung gar nichts mehr vorzuwerfen. Sogar moͤgte ſelbſt ihre Sub- ordination noch weit ſchlechter ſeyn, als die der Franzoſen: die Befehle der Vorgeſezten wurden elend befolgt; und der Reſpekt, den ſonſt ein Offi- zier von Rechtswegen fodert, mangelte nicht ſel- ten. — Daß Offiziere ihre Pferde veraͤußert haben, hat man oben geleſen: eben dieß iſt geſchehen mit Pulver, Kugeln, Brodkorn und andern Beduͤrf- niſſen. — Nun die entſetzliche Deſertion, ſogar einmal von 800 Maͤhriſchen Rekruten, ſamt ihren Offizieren! *) — Ich bitte meine Leſer wegen dieſer Digreſſion um Verzeihung! Wer mehr von der Art leſen will, findet es in der ſchon angefuͤhrten Schrift uͤber die Reichsarmee, und bald noch mehr in den Brie- *) Oeſtreich hat durch Deſertion allein, mehr als 100,000 Mann verloren. Dieſe mußten erſezt werden: dadurch ent- gingen dem Lande eben ſo viele. Nimmt man die Bekleidung und die Bewaffnung der einen und der andern hinzu, und be- rechnet man den Nachtheil, der durch die gewaltſame Aushe- bung der Erſatztruppen entſtehen mußte für Ackerbau und an- dere Gewerbe: ſo iſt Oeſtreichs Verluſt von dieſer Seite ſchon überaus beträchtlich. Nun der übrige Verluſt an Erſchlage- nen, Verkrüppelten, Entmutheten, an Ländern, an Anhäng- lichkeit und Achtung in und außer Landes, u. ſ. w. und dann wofür? — Schon die Geſchichte lehrte es unwiderleglich:

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/252>, abgerufen am 22.11.2024.