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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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pinks Augen gesehen, und ich hätte ihm fluchen
mögen. Er stand mir überall im Wege: ich wich
ihm aus, ich mied ihn, und kam zuweilen des
Nachts nicht nach Hause, auch wohl den Tag über
nicht, und einmal in vier Tagen und Nächten
nicht.

Hr. Bispink, um mich ohne Stöhrung der
Uebrigen ins Haus zu lassen, war zweymal bis
Nachts Zwey aufgeblieben, aber vergebens: ich
kam nicht. Als ich kam, nahm er mich auf die
Seite, sagte: "Aber, lieber Laukhard, wohin
wird das führen? Ist das männlich? Ist das
Menschwürdig? Ist es klug, eine erlittene Unbilde
von Andern dadurch zu rächen, daß man eine noch
größere an sich selbst begeht? Muß dieß und die
Folge davon Ihren Gegnern nicht zur Beschöni-
gung ihres Benehmens gegen Sie dienen? Ueber-
legen Sie dieß, und Sie werden finden, daß Sie
das Schwerd Ihrer Gegner immer mehr schärfen."
-- "Und was, fuhr er fort, that ich Ihnen zu
Leide? Um von unserm Dienstmächen nicht zuviel
zu fodern, lasse ich es um zehn Uhr zu Bette gehen,
und bleibe selbst auf, um Sie, wenn Sie kommen,
herein zu lassen: und Sie -- Sie lassen mich
halbe Nächte vergebens warten! Sollten Sie mich
einer schonenden Rücksicht weniger werth halten,
als ich mein Dienstmädchen?"


pinks Augen geſehen, und ich haͤtte ihm fluchen
moͤgen. Er ſtand mir uͤberall im Wege: ich wich
ihm aus, ich mied ihn, und kam zuweilen des
Nachts nicht nach Hauſe, auch wohl den Tag uͤber
nicht, und einmal in vier Tagen und Naͤchten
nicht.

Hr. Bispink, um mich ohne Stoͤhrung der
Uebrigen ins Haus zu laſſen, war zweymal bis
Nachts Zwey aufgeblieben, aber vergebens: ich
kam nicht. Als ich kam, nahm er mich auf die
Seite, ſagte: „Aber, lieber Laukhard, wohin
wird das fuͤhren? Iſt das maͤnnlich? Iſt das
Menſchwuͤrdig? Iſt es klug, eine erlittene Unbilde
von Andern dadurch zu raͤchen, daß man eine noch
groͤßere an ſich ſelbſt begeht? Muß dieß und die
Folge davon Ihren Gegnern nicht zur Beſchoͤni-
gung ihres Benehmens gegen Sie dienen? Ueber-
legen Sie dieß, und Sie werden finden, daß Sie
das Schwerd Ihrer Gegner immer mehr ſchaͤrfen.“
— „Und was, fuhr er fort, that ich Ihnen zu
Leide? Um von unſerm Dienſtmaͤchen nicht zuviel
zu fodern, laſſe ich es um zehn Uhr zu Bette gehen,
und bleibe ſelbſt auf, um Sie, wenn Sie kommen,
herein zu laſſen: und Sie — Sie laſſen mich
halbe Naͤchte vergebens warten! Sollten Sie mich
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[276/0280] pinks Augen geſehen, und ich haͤtte ihm fluchen moͤgen. Er ſtand mir uͤberall im Wege: ich wich ihm aus, ich mied ihn, und kam zuweilen des Nachts nicht nach Hauſe, auch wohl den Tag uͤber nicht, und einmal in vier Tagen und Naͤchten nicht. Hr. Bispink, um mich ohne Stoͤhrung der Uebrigen ins Haus zu laſſen, war zweymal bis Nachts Zwey aufgeblieben, aber vergebens: ich kam nicht. Als ich kam, nahm er mich auf die Seite, ſagte: „Aber, lieber Laukhard, wohin wird das fuͤhren? Iſt das maͤnnlich? Iſt das Menſchwuͤrdig? Iſt es klug, eine erlittene Unbilde von Andern dadurch zu raͤchen, daß man eine noch groͤßere an ſich ſelbſt begeht? Muß dieß und die Folge davon Ihren Gegnern nicht zur Beſchoͤni- gung ihres Benehmens gegen Sie dienen? Ueber- legen Sie dieß, und Sie werden finden, daß Sie das Schwerd Ihrer Gegner immer mehr ſchaͤrfen.“ — „Und was, fuhr er fort, that ich Ihnen zu Leide? Um von unſerm Dienſtmaͤchen nicht zuviel zu fodern, laſſe ich es um zehn Uhr zu Bette gehen, und bleibe ſelbſt auf, um Sie, wenn Sie kommen, herein zu laſſen: und Sie — Sie laſſen mich halbe Naͤchte vergebens warten! Sollten Sie mich einer ſchonenden Ruͤckſicht weniger werth halten, als ich mein Dienſtmaͤdchen?“

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/280>, abgerufen am 22.11.2024.